Hans Pürstner

Chef Special


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die auf eine solch abschlägige Antwort ärgerlich erwiderten: „Wieso denn nicht, Sie sind schließlich Koch!“

      Na ja, manchmal fand ich es schon ganz angenehm, die Tür zwischen Restaurant und Küche geschlossen zu halten. Wenn gewisse Gäste mal hören könnten, wie Köche auf derartige Kommentare reagieren, na, ich weiß nicht!

      Klar, sicher kennen auch Sie das alte Vorurteil

      „Köche sind ja sooo empfindlich!

      Kaum kritisiert man sie, werfen sie gleich mit Pfannen nach einem!“

      Wie in wohl allen Vorurteilen steckt da sicher einiges an Wahrheit drin.

      Aber versetzen Sie sich doch mal in die Lage von so einer geschundenen Kreatur. Sie selbst sitzen im angenehm klimatisierten Speisesaal, am festlich gedeckten Tisch und schlürfen erwartungsvoll an ihrem zum bestellten Essen passenden Wein.

      Währenddessen versucht der Koch gerade seine 10 - 12 zur gleichen Zeit bestellten Gerichte in seinem Kopf zu speichern. Überlegt, welche der Speisen am längsten brauchen würde. Um diese dann auch als erstes in die Pfanne zu werfen. Ruft seiner aus dem fernen Kroatien oder dem noch ferneren Ghana stammenden Küchenhilfe seinen Wunsch nach mehr Tomaten zu und hofft, dass diese sein aus der Not geborenes Küchenkauderwelsch auch verstanden hat.

      Bekommt zur Antwort: „Chefe, nix Tomaten. Keine nix mehr!“

      Dumm, dass ihm diese die Information am Samstagabend gibt, ohne Chance, vor Montag eine neue Lieferung bekommen zu können.

      Aus der Bratkartoffelpfanne steigen unterdessen unheilvolle Rauchwolken auf. Also ab in den Müll damit und neue aufgesetzt. Wieder fünf Minuten verloren auf dem Weg zum perfekten Bauernfrühstück.

      Der Drucker spuckt unerbittlich neue Bestellungen aus. Plötzlich fängt er an zu piepen.

      „Nein, bitte nicht jetzt! Bitte lass die Papierrolle nicht ausgerechnet jetzt zu Ende sein!“

      Aber was soll´s. Es hilft alles Flehen nichts. Wechselt er die Bonrolle jetzt nicht, bricht die ganze Computerkasse zusammen wegen des Datenstaus.

      Also die sechs Pfannen sich selbst überlassen, auch auf die Gefahr eines weiteren Bratkartoffel Malheurs.

      Das Papier des Druckers mag die Behandlung mit den fettigen nassen Fingern des Kochs überhaupt nicht gerne. Es verheddert sich im Einzugsschacht und wirft nur noch unleserliche Papierschnipsel aus.

      Und ausgerechnet jetzt hat ein Kellner eine Bestellung von der Menge einer mittleren Hochzeitsgesellschaft eingegeben.

      Schweißperlen tropfen von seiner Stirn. Angstschweiß. Er weiß, was gleich passieren wird.

      Der Geschäftsführer wird in die Küche kommen und schauen warum die Computerkasse keine Getränke mehr annimmt. Und er wird stinksauer sein, wenn er erkennt, wer ihm dieses Übel eingebrockt hat.

      Und in diesem Moment ist es soweit.

      Ihr Kellner erscheint in der Küche.

      Wirft ein kurzes „Der Gast von Tisch 11 hat gesagt, das Ragout schmeckt nicht!“ in den von Dampfschwaden gefüllten Raum und verlässt sofort wieder die Küche, in ängstlicher Erwartung dessen, was nun kommen könnte.

      Da steht er nun, unser Koch. Das Ragout schmeckt also nicht.

      Wohin mit der Kritik? Kann er dem Gast erklären, warum das Ragout so und nicht anders schmeckt, ja schmecken soll?

      Nein, der Gast sitzt ja im Restaurant. Kann er sich wenigstens dem Kellner gegenüber rechtfertigen?

      Nein, denn dieser hatte es ja vorgezogen, Erfahrung macht klug, den sicheren Hafen seines Speisesaals aufzusuchen.

      Also wohin mit der Kritik, mag sie berechtigt sein oder nicht?

      Runterschlucken, das ist die einzige Möglichkeit.

      Ich weiß nicht, welchen Beruf Sie ausüben. Aber stellen Sie sich mal vor, sie würden jeden Tag an die zwanzigmal kritisiert. Und hätten keine Möglichkeit sich zu rechtfertigen.

      Wundern Sie sich immer noch, dass Köche auch mal mit Pfannen schmeißen?

      Nun denn, im Allgemeinen haben Sie als Gast ohnehin nicht die Möglichkeit, ihre Kritik beim Koch loszuwerden. Ihr Übermittler ist in der Regel der Kellner.

      Der hat, das muss ich aus leidvoller Erfahrung sagen, selten viel Ahnung von der Zubereitung der Speisen, mit deren Verkauf er letztendlich sein Geld verdient.

      Also wird er sich ihre Beschwerde anhören. In seltenen Fällen vielleicht sogar kompetent beantworten oder das Missgeschick zu erklären versuchen. Vielleicht gibt er sie auch an den Geschäftsführer weiter.

      Das erkennen Sie am besten, wenn sich dieser unterwürfig mit einem Glas Grappa oder ähnlichem auf dem Tablett ihrem Tisch nähert. Aber meistens wird der Kellner sich, lapidare Entschuldigungen murmelnd, schnell entfernen.

      Kein Wunder, es steht ihm ja noch der ungeliebte Gang in die Küche bevor, wo er mit angstschlotternden Beinen das zu erwartende vorhin beschrieben Szenario hinter sich bringen muss. Am besten rückzugsbereit in der halb geöffneten Küchentür stehend.

      Das mit dem Entschuldigungsschnaps „auf Haus“ hat sich mittlerweile herumgesprochen. Nicht wenige Gäste ersparen sich mit einer dezent vorgebrachten, aber schwer überprüfbaren Reklamation die Ausgaben für den edlen Digestiv nach dem Mahle.

      Ich selbst habe mich ehrlich gesagt am meisten aufgeregt über die Aussage: „Das schmeckt nicht!“

      Was glaubt der gute Mann, wer er ist? Der Erfinder des Ragouts oder ähnlichem?

      Es muss heißen:

      „Das schmeckt M I R nicht!“

      Das ist der entscheidende Unterschied!

      Man kann meinetwegen etwas als versalzen oder angebrannt reklamieren, dies ist überprüfbar. Aber wie schon Tim Mälzer sagt

      „Schmeckt nicht, gibt´s nicht!“

      Ein alter Bekannter, finanziell nicht auf Rosen gebettet und deshalb kein häufiger Kunde der Gastronomie erzählte mir einmal von seiner ersten Städtereise nach Berlin.

      Zur Feier des Hochzeitstages war man im teuren First Class Hotel abgestiegen und hatte zum Frühstück unter anderem Spiegeleier bestellt.

      „Der Koch konnte nicht einmal Spiegeleier braten!“,

      berichtete er, immer noch sichtlich empört.

      „Und das in einem Luxushotel!“

      Was war geschehen? Der gute Mann liebte seine Spiegeleier knusprig gebraten, mit deutlich sichtbarem Rand und das Eigelb ziemlich durchgegart. Seine Frau hatte sich in jahrzehntelangem Kampf mit ihm auf diese Art Spiegeleier zu braten, geeinigt.

      Aber der Koch des Vier Sterne Hotels? Er muss sich am durchschnittlichen Geschmack seiner Gäste orientieren.

      So wie es die meisten gerne mögen, so wird das gekocht. Und weniger gebräuchliche Zubereitungsarten sollten Sie dem Koch mitteilen, wenn Sie diese wünschen. Er kann schließlich nicht hineinschauen in seine Gäste.

      „Ein Gruß aus der Küche“

      Über die leidigen Wartezeiten haben wir ja schon des Öfteren gesprochen. Um diese wenigstens einigermaßen zu überbrücken, bekommt man in den meisten Lokalen schon mal eine Kleinigkeit vorweg.

      Bei uns in Österreich war das der Brotkorb mit „Gebäck“, frischen Kaisersemmeln oder Salzstangen. Seinerzeit kam so etwas grundsätzlich vom Bäcker, nicht wie heute aus der Kühltruhe aufgebacken.

      Wie herrlich war es, die „resche Semmel“ in Stücke zu brechen und damit die Sauce aufzutunken. Die Sache hatte allerdings den gravierenden Nachteil, dass die Brötchen nicht im Preis inbegriffen waren. Da hätte sich so mancher Gast mit der Bestellung eines Krügel Bier so nebenbei ganz