E.R. Greulich

Amerikanische Odyssee


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      E.R. Greulich

      Amerikanische Odyssee

      Autobiografischer Roman

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Wie es begann

       Erster Teil

       Ein Camp, das es nicht geben darf

       Ein Amt von Semmels Gnaden

       Neuer Job - alte Sorgen

       Wer die Wahl hat ...

       Herr Feldwebel wird nervös

       Ein PW namens Malleck

       Das Lager neun

       Fraternisation

       Der Nachtfalter

       Zweiter Teil

       Todfeinde

       Wer ist der Mörder?

       Der Brief

       Mistress Hampstead will zahlen

       Für die Kameraden - gegen Eliza?

       Ins Paradies

       Höllisches Paradies

       Bitteres Zurück

       Verdächtige Milde

       Forellen leben nicht in Tümpeln

       Dritter Teil

       Drei Möglichkeiten

       Harte Runden beim Sechstagerennen

       Siegt die Gerechtigkeit?

       Kreuze auf den Hügeln

       Sehnsucht nach Sibirien

       Mut und Zorn

       Worterklärungen

       Verschollene Zeitzeugenschaft. Über Emil Rudolf Greulich (1909- 2005)

       Impressum neobooks

      Wie es begann

      Es war wenige Tage vor der Kapitulation des Afrikakorps und der ihm unterstellten Einheiten. Das erste Bataillon des Afrika-Schützenregiments 961/Division 999 lag in den Bergen bei Tebourba.

      Auf der dem Feind abgekehrten Seite des Berghangs, hineingetrieben in Geröll und Steinschutt, liegt der Gefechtsstand der 1. Kompanie. Er ist eng, alles darin ist primitiv und provisorisch. Doch es ist der weitum sicherste Raum. Die in den Schützenlöchern vorn beneiden die Insassen, die sich langweilen und Arbeit vortäuschen. Was gibt es noch zu tun für Schreiberseelen, wenn keine strategische Führung mehr vorhanden ist, wenn alle, ohne es auszusprechen, auf den Schlusspunkt warten? Sie schwitzen im Kompaniestab und trinken guten tunesischen Wein. Im Flachland vor den Bergen gab es genügend verlassene Gehöfte mit riesigen Fässern in den kühlen Kellern. Bis an die Knöchel standen wir im Wein, berichteten die Organisierer. Fast alle trinken. Im Rausch ist das Hundeleben leichter zu ertragen. Oberfeldwebel Tolcke trinkt nicht, er will die Kontrolle über sich nicht verlieren. Es ist mehr Angst ums Leben als um den Verlust der Autorität. Schon im Flachland schlief er als einziger nachts in einem tiefen Splitterloch. Die es in jeder neuen Stellung ausheben mussten, fluchten. Alle anderen lachten über Tolcke, der vorgab, nur im kühlen Erdreich würde er nicht von den Erdflöhen geplagt. Sie legten ihm einen Skorpion ins Erdloch, Tolcke schlief eine Nacht hindurch neben dem giftigen Insekt und wurde nicht gestochen. Gleich und gleich tut sich nichts, sagten die Landser.

      Kompanieführer Oberleutnant Unschlitt trinkt am meisten. Er kann am meisten vertragen. Er wird jeden Tag lärmender und jovialer. Um der Misere zu begegnen, reißt er Zoten und nennt es Galgenhumor. Er kümmert sich wenig um die Kompaniegeschäfte. Da ist ja der pedantische, korrekte Tolcke. Der tut schon, was es noch zu tun gibt.

      Marsmann kann nichts mehr tun. Der Batteriestrom seines Funkgeräts "Dora" ist am Versiegen. Als der Kompaniefunker beim Bataillon wegen neuer Batterien nachgefragt hat, haben sie ihn ausgelacht. Denn er hat weder ägyptische Zigaretten noch französischen Kognak zum Schmieren, Marsmann gehört nicht zur Stammmannschaft. Er ist einer der vielen Vorbestraften, die, über Nacht "wehrwürdig" geworden, dennoch Hitlersoldaten zweiter Klasse sind. Der offizielle romantische Name ändert nichts an der Tatsache, dass die Afrika-Schützendivision 999 eine Strafeinheit ist. Marsmann glaubt nicht daran, es ändern zu können. Heil aus diesem Krieg möchte er kommen, der kleine Schütze Arsch, der bei 999 am ärmsten dran ist, wie das geflügelte Wort lautet. Eigentlich könnte Marsmann froh sein, dass sein Gerät den Anfang macht mit dem Kriegsende. Aber er muss es ausbaden. Unschlitt brüllt so hässlich: "Wenn du mit deiner Dora zu Hause genauso wenig anzufangen weißt, sollte sie dich jeden Tag mit einem anderen betrügen, du Blindgänger!" Unschlitt will nur einen Witz an den Mann bringen. Es schmerzt trotzdem. Zufällig heißt Marsmanns Frau Dora. Es ist die beste Frau.

      Obergefreiter Hesse fummelt mit seinem Vorgesetzten, Unteroffizier Börger, an Soldlisten. Die große Kiste mit den Kompaniepapieren ist zugleich Schreibstube und Tisch. Die Schreibstube ist nur geduldet im Kompaniegefechtsstand. Börger ist einer der Anständigen. Sonst wäre Hesse längst nicht mehr in der Schreibstube. Obwohl beide nur die Kniehosen und die kurzärmeligen Hemden ihrer Tropenausrüstung anhaben, schwitzen sie. Es ist erst April,