R. S. Volant

Das Kind der Königin


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      Er wartete noch eine Weile, bis er sicher war, dass Henry und Richard fort waren, dann verabschiedete er sich von Sebastian und schlenderte mit Sirrah an seiner Seite hinüber zu Bracs Lagerplatz. Dabei kam ihm Finn entgegen und der beugte sich auch gleich grinsend über die Hündin, die jedoch sofort unter ihm wegtauchte und zurückwich.

      „He, Sirrah, begrüßt man etwa so, einen alten Freund?“, rügte er sie, nicht ernst gemeint und streckte ihr seine Hand entgegen. Erneut wich der Hund vor ihm zurück, drehte ihm dann auch noch eiskalt den Rücken zu und ignorierte ihn vehement. „Was hat sie denn?“, fragte der junge Mann überrascht und richtete sich wieder auf.

      „Weiß nischd“, erwiderte Amanoue achselzuckend. „Vielleischd muss sie sisch erst wieder an disch gewöhnen? Die `ersog sagte, dass sie sehr scheu geworden wäre, seltsam, nischd?“, meinte er, als sie gemeinsam zum Lagerfeuer schlenderten und sich setzten. Sirrah folgte ihnen zwar, blieb aber weiterhin äußerst misstrauisch und ließ sich nur nach anfänglichem Zögern, neben Amanoue nieder. Auch, als Brac und die anderen ihr Glück bei ihr versuchten und sie gutzuredend berühren wollten, erhob sie sich jedes Mal sofort und wich vor ihnen zurück.

      „Was ist denn mit dem Köter los?“, fragte Benny gehässig, „ist ja `n richtiger Schisser geworden! So ein feiger Angsthase! Bist ja `n feiner Wachhund“, meinte er zynisch lachend, „rennst lieber davon, genau wie dein Herrchen, hm?“

      „Sie mag `alt nischd von jedem angefasst werden“, verteidigte Amanoue sie und versuchte Bennys Attacke zu ignorieren. „Nischd wahr, meine Süße?“, lockte er die Hündin wieder zu sich und streichelte sie liebevoll.

      „Im Gegensatz zu dir!“, stichelte Benny sofort wieder weiter und Finn stand auf. Er drängte sich an dem kleineren Gardisten vorbei und stellte sich zwischen sie.

      Dabei stieß er Benny regelrecht unsanft an und der taumelte etwas zurück. „He!“, sagte er empört, doch niemanden schien es zu interessieren.

      „`abt ihr vielleischd etwas su trinken?“, fragte Amanoue, genervt die Augen verdrehend und Finn nickte grinsend.

      „Klar! Hier“, sagte er und reichte auch schon einen Becher mit Wein, den er von Brac grinsend herübergereicht bekam, an ihn weiter. „Ich freue mich jedenfalls für dich, dass sie dich wenigstens wiedererkannt hat“, meinte er laut und deutlich und setzte sich wieder nah neben Amanoue hin, was den Hund erneut dazu veranlasste, argwöhnisch zurückzuweichen. „Das gibt’s doch nicht! Du untreue Seele! Wie oft, bin ich mit dir spazieren gegangen, hm?“, wandte Finn sich vorwurfsvoll an das Tier.

      „Sei ihr nischd böse, das wird schon wieder! Gans bestimmt! Wenn wir beide erst wieder mit ihr spasieren ge`en, sum `aufi machen, nischd?“, sagte Amanoue und strubelte mit beiden Händen in dem dichten Fell der Hündin herum. Sirrah quittierte es, indem sie ihm quer über das Gesicht leckte und alle lachten auf.

      Nur Benny nicht, der mit verschränkten Armen dastand und ziemlich genervt wirkte. „Pfui Teufel“, sagte er angewidert und dieses Mal zog er die Blicke aller, auf sich. Und zwar warnend. „Ist ja schon gut“, murmelte er gereizt und drehte sich nach einem Sitzplatz suchend, einige Male schnippisch hin und her, nur um sich dann wie zufällig, neben Finns andere Seite zu setzen.

      Sie aßen gemeinsam zu Abend und plauderten trinkend bis tief in die Nacht hinein. Meistens ging es dabei über den vergangenen Sommer und ihre gemeinsamen Erlebnisse, auch über Amanoues unfreiwilligen Tauchgang im Grenzfluss und alle lachten schallend. „Wie, du kannst nicht schwimmen?“, rief Amadeus fassungslos und sich die Lachtränen fortwischend, „und du wärst wirklich beinahe ertrunken?“

      „Ja-a, war escht knapp“, antwortete Amanoue gelassen. „Und als isch dann meine Augen wieder aufgemacht `abe und all die dummen, verdudsden Gesischter um misch `erum gese`en `abe, `ätte isch sie am liebsten gleisch wieder sugemacht“, sagte er trocken und alle lachten wieder herzlich. „So“, meinte er schließlich und erhob sich auch schon. „Wird Seit, dass isch misch in Morpheus Arme begebe! Gute Nacht, eusch und danke, für die Wein und die Essen!“

      „In wessen Arme?“, fragte Finn verdutzt und alle waren still.

      „Morpheus!“

      „Wer ist das denn?“, fragte Finn erneut und auch seine Kameraden sahen ziemlich belämmert aus.

      Amanoue nahm den Kopf zurück und blickte ungläubig in die Runde. „Ihr wisst nischd, wer Morpheus ist, oder war? Er war die Gott der Träume, im antiken Grieschenland und misch, nennt ihr eine ungebildete Barbar!“, sagte er kopfschüttelnd und stolzierte mit Sirrah, die nicht von seiner Seite wich, zurück zu Henrys Zelt.

      Amanoue versuchte zwar wachzubleiben, um auf Henry zu warten, doch irgendwann, weit nach Mitternacht, schlief er doch ein.

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