R. S. Volant

Das Kind der Königin


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die Scheibe, aber nur am Rand.

      „Ha, du Angeber!“, rief Benny kichernd, „ist wohl doch nicht so viel her, mit deinen Bogenkünsten!“

      Amanoue hob die Augenbrauen und zuckte nur lässig mit den Schultern. „Keine besonders gute Bogen und auf eine unbeweglische Siel su schießen, da war isch nie besonders gut! Eine Reiterbogen, liegt mir mehr…“

      „Oh Mann“, stöhnte Finn dazwischen. „Hör schon auf, du Angeber! Lass mich mal!“ Er nahm ihm den Bogen ab, legte an und schoss. Ziemlich weit daneben.

      „Du `ast nischd mal die Scheibe getroffen“, lachte Amanoue los und schlug ihm auf die Schulter.

      „Hast recht, schlechter Bogen“, sagte Finn grinsend und reichte den an Matto zurück.

      „Das ist ein erstklassiger Bogen“, rief der überzeugt, „nur ihr, seid schlechte Schützen! Jetzt seht her und lasst mal `nen echten Könner ran“, meinte er selbstbewusst, zielte und traf tatsächlich fast in die Mitte der Scheibe. „Jepp!“, raunte er grinsend und seine Kameraden klatschten johlend Beifall. „Frischlinge, halt“, sagte er zu ihnen und lächelte milde.

      „Los, Benny, jedsd du! Seig`s ihm!“, forderte Amanoue den auf und stieß ihn an.

      Benny trat vor und schoss, knapp neben Mattos Pfeil. „Nicht schlecht, für `nen Anfänger“, meinte der nur.

      „Das nennt man Anfängerglück!“, spottete Bernard herüber und die älteren Soldaten lachten wieder.

      „Wo ist Alec eigentlisch?“, fragte Amanoue, sich noch kurz umsehend, bevor er erneut antrat.

      „Keine Ahnung, macht sich zurzeit recht rar“, antwortete Matto achselzuckend, „und ist noch stiller, als sonst!“

      Amanoue sah ihn stirnrunzelnd an, zielte dann aber konzentriert und schoss. Der Pfeil landete voll in der Mitte und alle starrten mit offenen Mündern zur Scheibe. „Tja, musste misch wohl erst einschießen“, meinte Amanoue wie selbstverständlich und reichte den Bogen an Finn weiter, doch der verfehlte wieder die Scheibe. Resigniert gab er auf und sah den drei anderen lieber dabei zu, wie die noch einige Runden weitermachten, doch Amanoues Schuss, blieb sowohl für Benny als auch für Matto, unerreicht.

      „Warst gar nicht übel“, meinte Benny, als sie zurück zu ihrem Lagerplatz gingen, „für einen Barbaren!“

      Amanoue sah ihn zwar schief an, erwiderte aber nichts darauf und grinste nur still, vor sich hin. Gerade, als sie sich hingesetzt hatten, wurde es unruhig im Lager. Immer mehr Soldaten verließen ihre Plätze rund um die Lagerfeuer und liefen aufgeregt quasselnd, in Richtung des königlichen Zeltes.

      „Was`n los?“, rief Brac einem vorbeieilenden Mann zu.

      „Herzog Richard, ist eben eingetroffen!“, rief der zurück und rannte seinen Kameraden hinterher.

      Brac runzelte sichtlich überrascht seine Stirn. „Na sowas! Der traut sich noch hierher, nachdem er seine Majestät so schändlich im Stich gelassen hat?“, brummte er vor sich hin und stand auf. „Na kommt, wollen doch mal sehen, was da los ist!“

      „Und, wie seine Majestät reagiert“, meinte Matto verhalten, woraufhin sie sich alle wieder erhoben. Sie folgten ihren Kameraden nach, die sich bereits alle neugierig nach vorne drängten und sich schließlich einigermaßen geordnet aufstellten, als Herrik es lautstark befahl.

      „Seht ihr was?“, fragte Amanoue aufgeregt und hopste hinter ihnen auf und ab, da er kleiner als alle anderen war und so gut wie nichts sehen konnte.

      „Er ist es tatsächlich“, raunte Brac, der natürlich über alle hinwegblickte. „Falco ist bei ihm! Und jetzt kommt tatsächlich, seine Majestät!“, sagte er überrascht, als Henry aus seinem Zelt trat.

      Der König blieb stehen, während der Herzog vom Pferd stieg und mit ihm sein Geleitschutz, Falco und dessen Männer. Einen Momentlang sahen sich beide nur an, der Herzog bedauernd und Henry wie erstarrt, dann trat Richard vor und verbeugte sich tief. Henry zögerte noch kurz, doch dann eilte er rasch auf seinen Onkel zu und beide fielen sich in die Arme. Ein mittelgroßer Hund stand halb hinter dem Herzog verborgen und beäugte alles um sich herum argwöhnisch.

      „Ist das etwa Sirrah?“, fragte Brac erstaunt.

      „Keine Ahnung, ist ziemlich groß!“, antwortete Finn schulterzuckend. „Doch Mann, das ist sie! He, Manou, da ist Sirrah“, sagte er ganz aufgeregt und Amanoue versuchte einen Blick nach vorne zu erhaschen. Er hielt sich an Finns Schulter fest und sprang aufgeregt an ihm hoch. „Isch kann nischds se`en!“, sagte er frustriert.

      „Es ist dein Köter“, sagte Benny bestätigend, „ich rieche ihren Gestank, bis hierher!“

      „Komm doch mal her, Kleiner“, sagte da Brac, hob Amanoue hoch, als wäre er nicht mehr als ein Kind und setzte ihn auf seinen breiten Schultern ab. „Und, besser?“

      Amanoue nickte begeistert und blickte gespannt über die Köpfe aller hinweg. Er sah, wie Henry und Richard miteinander sprachen, wobei sie sich noch immer gegenseitig an ihren Unterarmen festhielten und beide schienen gleichermaßen gerührt über ihr Wiedersehen, zu sein. Dicht neben dem Herzog stand ein falben-farbiger Hund, der nicht gerade vertrauenswürdig aussah und Henry äußerst misstrauisch beobachtete.

      „Ist sie das?“, fragte Amanoue aufgeregt, doch dann schüttelte er gleich wieder den Kopf. „Nein, das kann sie nischd sein! Diese `und, ist viel su groß und sieht auch gans anders aus, als meine Sirrah“, meinte er skeptisch.

      „Doch, Mann, das ist sie, ich erkenne sie wieder“, sagte Finn zu ihm hoch. „Während du nicht da warst, ist sie schon ein ganzes Stück gewachsen und jetzt ist sie ja immerhin schon ein dreiviertel Jahr alt“, meinte er überzeugt.

      „Aber sie sieht gans anders aus, ihre Farbe und ihre Ohren auch! Sie `ängen gar nischt mehr, sondern ste`en aufrescht, wie bei eine Wolf“, widersprach Amanoue erneut.

      „Das hatte sie schon, als der Herzog noch auf der Burg von Averna war, erst hat sich das linke Ohr aufgestellt und dann auch das andere, sie sah so putzig aus, mit dem einen Kippohr“, erwiderte Finn grinsend. „Bin gespannt, ob sie uns und vor allem dich, wiedererkennt?!“

      „Isch glaube kaum“, meinte Amanoue ein wenig enttäuscht. „Lässt du misch bitte runter?“, bat er Brac und der setzte ihn federleicht wieder ab.

      „Das kann man nicht sagen, Kleiner, Hunde haben ein gutes Gedächtnis“, sprach der Riese ihm aufmunternd zu und tätschelte ihm sanft die Schulter.

      „Aber sie war doch noch viel su klein“, seufzte Amanoue traurig, „und erinnert sisch bestimmt nischd mehr, an misch.“

      „He, Manou“, rief eine Stimme, von weiter vorn, „du sollst zu seiner Majestät kommen!“

      Amanoue verzog etwas eingeschüchtert seinen hübschen Mund und blickte hilfesuchend zu Brac auf. „Kommst du mit?“, fragte er fast ängstlich.

      „Nee, Kleiner, das geht nicht! Nach mir, hat keiner gerufen und nun geh schon, seine Gnaden mochte dich doch, hm?“, antwortete der und stieß ihn aufmunternd an.

      Amanoue bahnte sich seufzend einen Weg durch die Soldaten und trat verlegen vor die Reihen. Der Herzog lächelte ihm zu und Henry winkte ihn freundlich zu ihnen heran. „Da bist du ja“, sagte er und hielt ihn am Ellenbogen fest, als er niederknien wollte. „Du darfst ruhig stehenbleiben“, meinte Henry lächelnd.

      „Danke, `err“, erwiderte Amanoue mit demütig gesenktem Blick. Er verbeugte sich artig vor Henry und dann auch vor dem Herzog. „Eure Gnaden“, begrüßte er den Onkel des Königs schüchtern und der zog ihn spontan in seine Arme.

      „Amanoue! Ich freue mich, dich gesund wieder zu sehen! Retter von Austrien“, raunte er augenzwinkernd und mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht.

      „Eure Gnaden?“, erwiderte Amanoue etwas überfordert und ohne den Blick zu heben, „isch freue misch auch, Eusch wieder su se`en. Wie geht es Eusch?“

      „Danke,