Hans Ulrich Süss

Skandal? Nee, normal!


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'dusselig' und 'unterbelichtet' wird sie natürlich nicht verwenden!"

      "Aber der Herr Professor wird's fressen weil's sein Selbstwertgefühl bestätigt", ergänzte Niedermaier von der Technical Intercompany Consulting Group. "Das klingt doch in der Tat herrlich: Für den kleinen Beamten oder Verkäufer, der dieses Modell kauft, ist es eine Bestätigung seiner Wichtigkeit als Käufer, wenn ein hoher Herr, wie Sommergerste sich so um die Qualität seines Fahrzeugs sorgt!"

      Sommergerste hatte noch einige salbungsvolle Worte über Qualitätsstandards, Verbrauch und den hohen Stellenwert der Umwelt für den Konzern. Er erklärte, wie sehr es ihn erfreue, dass die Abgase des Motors den Feinstaubgehalt der angesaugten Luft sogar verminderten. Dann war der relativ kurze Auftritt für Fernsehen und Presse beendet. Vorstand und die Direktoren verschwanden, vermutlich zum Diner. Für Mike begann der übliche Betrieb auf einem Messestand. Herumstehen und freundlich doofe Fragen beantworten.

      6. Conclusion

      Was daraus später wurde, konnte niemand ahnen oder voraussehen! Deutlich wird allerdings eines: Höhere Chargen des Konzerns wurden von Mitarbeitern im lower management schändlich hintergangen. Der Vorstand hatte mehrfach betont, wie hoch der Stellenwert der Umwelt für ihn ist! Die Verminderung der Belastung der Umwelt durch Stickoxide war eine Herzensangelegenheit und eine klare Vorgabe der von ihm angestossenen Entwicklungsarbeiten, er folgt damit der erklärten Strategie passion for sustainability and society. Die Vorgaben an die Entwicklungsarbeit der high performance teams waren think beyond the obvious und drive sustainable results. Infolge seines systemimmanenten Abstandes zum Tagesgeschäft war es dem Vorstand jedoch zu keiner Zeit möglich direkt in den Ablauf der Entwicklung einzugreifen, solche technischen Details entzogen sich in komplettem Umfang seiner Sicht! Das Board wurde hintergangen!

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       Dieser Text ist völlig fiktiv. Er hat keinerlei Bezug zu Dingen der realen Welt. Die beschriebenen Ereignisse und die handelnden Personen entspringen der Phantasie des Autors. Technische Überlegungen zum Ablauf der geschilderten Ereignisse sind naheliegend. Wer sich allerdings über die Vermischung von deutsch und englisch im Text wundert, hat nie in einem deutschen Konzern gearbeitet, hier ist der Bezug zur Realität definitiv vorhanden!

      Helfen ist gewinnen

       Eine Gesellschaftsstudie

Grafik 4

      Achtung, kann satirische Elemente enthalten, oder, auf neudeutsch, also englisch: People may find some wording upsetting.

       1.

      Rolf hatte keine Idee. Mit der Walldorfschule war er fertig, das Abi geschafft. Aber nun? Sein Vater war kein Vorbild. Der machte Geld. Das war nicht schlecht für Rolfs Taschengeld, aber nicht das, was Rolf nachmachen wollte. Jeden Tag ins Finanzministerium und Akten abarbeiten, eine grauenhafte Vorstellung. Schlimm genug, dass sein älterer Bruder Max, der Streber, Medizin studierte und das offenbar mit Spass und Erfolg. Nichts konnte Rolf dazu bringen, in etwas einzusteigen, was auch nur halbwegs nach Konkurrenz mit Max aussah. Da müsste er sich heftig engagieren und würde vermutlich trotzdem nur Zweiter werden. Das war nicht erstrebenswert. Rolfs Mutter hatte sich zur Heilpraktikerin ausbilden lassen. Sie praktizierte im Anbau, las jede Menge Bücher über esoterische Dinge, sprach ständig über Joga, Buddhismus und gute Ernährung. Rolf fand auch das langweilig. Gesund leben war ja nicht falsch, im Grunde. Aber eine Tüte rauchen und mit den Kumpels abhängen bei Whisky mit Cola, das war doch auch gut!

      Doof nur, Rolfs Eltern nervten mit der Frage, was er zu tun gedenke. Was studieren, das war ziemlich sicher. Nur was? Rolfs Freundin, Eileen, hatte klare Vorstellungen, Rolf nicht.

      Eileen war sicher, sie würde Schauspiel studieren, am Liebsten natürlich in New York bei Lee Strasberg. Ihre Eltern waren zwar skeptisch, aber Eileen war sich sicher, sie würde sie schon weichkochen und die Kohle bekommen! Rolf war neidisch. Sowas würden ihm seine Eltern niemals erlauben. Obwohl, im Prinzip war das Quatsch, er hatte ja auch kein Talent zum Schauspielen. Da müsste er sich in Andere versetzen und deren mögliche Gedankengänge und Ideen nachempfinden. Aufwendig! Er würde eher eine Weltreise machen wollen. Oder doch lieber nicht. Denn dazu müsste er sich um Reiserouten, Verbindungen und Hotels kümmern. Nein, das wäre doch auch eigentlich zu kompliziert. Und dann die Sprachen, nein, Weltreise höchstens mit dem Kreuzfahrtschiff. Das hatte Stil! Und es schien einfach, er müsste wenig selbst entscheiden. Aber es war auch versnobt. Und schlecht für die Umwelt. Rolf war doch nicht sicher, ob er sowas wirklich wollte. Eileen und andere Freunde wären wahrscheinlich dagegen. Nein, Kreuzfahrt war doch out.

      Seine Mutter hatte einen Vorschlag gemacht, der wäre vielleicht akzeptabel. Sie hatte gemeint, er solle ein soziales Jahr im Bundesfreiwilligendienst machen. Das wäre ein lobenswertes Unterfangen und mache sich gut im Lebenslauf. Und danach würde er ja sicher eher wissen, was er studieren wolle, hatte sie gesagt. Rolf war nicht sicher, ob das so eintreten würde. Aber ohne einen anderen Plan war es vielleicht die Option zum Zeit totschlagen und dabei nicht ganz in der Ziellosigkeit zu landen?

      Also suchte auf seinem Handy nach Stellen für BUFDIs. Da gab es einiges, aber vieles kam natürlich nicht in Frage. Im Pflegeheim Windeln wechseln war genauso unvorstellbar wie im Kindergarten Gören beaufsichtigen. Gestank oder Krach, ausgeschlossen!

      Doch er fand etwas potentiell Interessantes. Die WfA, die "Wohlfahrt für Arme", bot eine Bufdi-Stelle als Assistent des Fahrdienstes an. Das hörte sich sehr vernünftig an, dachte Rolf. Assistent im Fahrdienst, das bedeutete sicher nur ab und zu Aktivität und garantierte Pause zum Entspannen. Sitzen auf dem Beifahrersitz, dösen. Vielleicht dürfte er manchmal selbst fahren? Das wäre ja ganz nett, wenn es um grössere Autos ging? Er schickte eine online Bewerbung los.

      Dann las er im net über die WfA. Eine gemeinnützige Organisation. Breit aufgestellt. Viele Aktivitäten. Altenheime, Pflegedienste, Kindergärten, Aus- und Fortbildung, Kurheime, Frauenhäuser, Wohnheime für Flüchtlinge und Aussiedler, Selbsthilfegruppen für chronisch Kranke, Drogensüchtige, Auskunft und Beratungsstellen, die Liste war endlos. Das war ja ein Riesenladen, dachte Rolf.

      Seine Mutter gab ihm einen Glücksstein, der sollte helfen beim Vorstellungstermin erfolgreich zu sein. Rolf liess ihn zuhause, sowas hatte schon in der Schule nicht geholfen.

      Das Vorstellungsgespräch verlief simpel. Offenbar waren Bufdis gesucht, so richtig befragt wurde Rolf nicht. Schon zu Beginn des nächsten Monats könne er beginnen, wurde ihm versprochen. Das war schon in einer Woche, es ging ihm fast zu schnell.

      Die Entscheidung wurde leichter, als Eileen ihm verkündete, ihr Abflug nach New York stünde kurz bevor. Ein Schock! Eileen würde weggehen. Sie, die ihm immer beigestanden hatte, wenn es in der Schule mal nicht so lief. Dann hatte sie ihm durch seine Locken gestrichen und erklärt, das wäre doch nicht so schlimm. Das half ja schon und diese Schule war ja auch gut. Wenn etwas nicht in seinen Kopf ging, dann machte er eben etwas anderes, Fächer austauschen, was für eine gute Lösung! Und die Lehrer hatten stets betont, der gute Wille sei wichtiger als das Resultat! Aber nun ging seine Stütze. Nach New York! Nun war es doch schlimm. Er versank in Selbstmitleid. Als sie zum Abschied im Bett landeten, war er nicht wirklich bei der Sache und tat sich deshalb gleich doppelt leid. Jetzt würde Eileen ihn nicht mal in guter Erinnerung behalten! Die Welt war grausam. Rolf hing seinen traurigen Gedanken nach, Eileen war darin schon weit weg.

      2.

      Rolfs Start bei der WfA, der Wohlfahrt für Arme, war ähnlich einfach, wie das Vorstellungsgespräch. Schwierig war nur das frühe Aufstehen, die wollten doch tatsächlich, dass er um 8 schon dort war! "Ach, Du bist der Neue", sagte die Dame am Empfang, "dann geh' mal durch den Gang und nach links, dritte Tür, da sitzt die Tanja, von der erfährst Du alles Weitere."

      Tanja war ähnlich locker drauf. "Der neue Bufdi für den