Werner Siegert Ingrid Schumacher

Endlich im Knast!


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wissen Sie ....“

      „Ja, sind so sensibel, ich weiß.“

      „Außerdem war es ein Wellensittich, Herr Kommissar. Kanarienvögel sprechen nicht, sie singen.“

      „Haben Sie viele Frauen gekannt, Herr Doktor Schäfer?“

      „Unzählige. Ich war Scheidungsanwalt und habe sie vertreten. Im Grunde sind sie doch alle Opfer unseres männlichen Gewaltpotenzials.“

      Wer wollte es Elsterhorst verdenken, dass er darauf nicht einging?!

      „So, und nun erklären Sie mir genau das Prozedere.“

      „Ich fand so einen Zettel:

      Gehe für Sie in den Knast. Auch lebenslänglich. Habe nichts mehr zu verlieren, bin 67 und krank. Kontakt nur über Kurt.

      „Wo fanden sie den?“

      „Ach irgendwo. Die liegen an vielen Stellen rum. Jedenfalls dachte ich, das müsste doch umgekehrt auch funktionieren und rief Kurt mit einer Anzeige unter ‚Vermischtes’ auf, sich zu melden.

      Das tat er auch mit einem Brief .... ohne Absender. Darin war das Schreiben von Emma Krämer. Dann kam ein Telefonanruf, ob ich das machen wolle. Ich sagte zu. Es war ja ein Akt der Barmherzigkeit. Die arme alte Dame!“

      „Natürlich. Und Sie wollten in den Seniorenknast. Mit einem Mord.“

      „Es wäre Töten auf Verlangen gewesen. Es hätte uns beiden geholfen!“

      „Und weiter?“

      „Es kam ein weiterer Brief mit allen Unterlagen. Ein genauer Plan, wo und wann ich hingehen sollte. Da, wo die alte Dame sterben wollte.

      „Im Englischen Garten“

      „Ja, im Englischen Garten. Ich hatte alles befolgt. Meinen Anzug, die Handschuhe, der auffällige Gang. Alles ziemlich schwierig, wenn man halbblind ist. Dann kamen die. Natürlich sah ich das nur verschwommen. Ich gab dem jungen Mann, der den Rollstuhl fuhr, das Geld und er mir die Spritze.“

      „Welches Geld?“

      „Ja, wo leben Sie denn, Herr Kommissar? Nichts ist umsonst, auch nicht der Seniorenknast!“

      „Wie viel?“

      „Zehntausend Euro!“

      Ein junger Mann? Die Frau im Rollstuhl war Esmeralda gewesen. Und der junge Mann Tommy? Oh, bitte nicht Tommy. Er würde nach ihm fahnden müssen. Sittenwidrige Bereicherung oder so was - aber das war ja gottlob nicht sein Ressort.

      „Wie es weiter ging, wissen Sie, Herr Elsterhorst. Ich habe meinen Teil des Vertrags erfüllt!“

      „Ja, haben Sie.“

      „Und?“

      „Sie hören von mir.“

      Elsterhorst erhob sich und rief nach dem Polizisten.

      „Bringen Sie ihn zurück!“ sagte er zu dem Beamten.

      Und zu Schäfer gewandt: „Alles wird gut. Schreiben Sie Ihren Brief und ich werde dafür sorgen, dass sie ihn bekommt.“

      Noch am Nachmittag fand in der Ettstraße eine Konferenz statt. Am selben Abend wurde Schäfer in die Sonderstrafanstalt für alte und kranke Straffällige überführt . Dort sollte er bleiben, bis sein Fall geklärt war. Und einiges andere auch.

      „Den sollte man schon wegen seiner Dummheit einsperren“, dachte Elsterhorst. Aber vielleicht müsste er dann gleich mitgehen. Und genau das hatte er auch vor. Vielleicht gäbe es dort noch mehr Verdachtsfälle aufzuklären.

      Dr. jur. Olav Schöbel, der Blechschädling

      „Sag’ mal, Olli, du sitzt hier nun schon wochenlang schweigsam in unserer Runde, hörst uns zu oder auch nicht. Du bist ja so ein Geheimnisvoller. Mann, wie schafft es so einer wie du eigentlich in den Knast, frage ich mich immer. Ein Doktor! Noch dazu ein Doktor jur!“ Niki war es, der dem Schweigsamen so zusetzte.

      Wie stets bei schönem Wetter saßen die Senioren-Knastis in ihrer Freizeit auf der Rundbank unter der großen Anstaltslinde.

      „Dit habe ich mich ooch schon lange jefragt!“ schloss sich Konni an. „Unsereiner hat ja wirklich was auf dem Kerbholz. Dumm jelaufen irjendwie, dit janze Leben, irjendwann die falsche Weiche jestellt und rumms ging’s bergab, die janze Scheiße eben. Aber du, Mann, so ein feiner Pinkel! Erst habe ick mir jefragt, ob du’n Spitzel bist. Obse dich hier einjeschleust ham, weil se noch irjendwat aus uns rausquetschen wollen.“

      „Nee, nee, da könnt Ihr ganz sicher sein. Nee, nee, wie du ganz richtig gesagt hast: Da wird plötzlich im Leben eine Weiche falsch gestellt ...., na ja, falsch, der die Weiche gestellt hat, das war man schon selbst. Du denkst, das ist jetzt ne todsichere Sache, um noch mal richtig Kohle zu machen und endlich die Spielschulden loszuwerden. Ja, ja, ich bin ein Spieler, gebe es zu. Und wenn ich jemals wieder ins Freie dürfte, ich glaube, ich würde gleich wieder anfangen!“

      „Aber wegen Spielschulden kommt ja niemand hier in diesen Knast! Das kannste uns nicht weismachen!“ protestierte Niki, der eigentlich Dr. Nikolaus von Nickelmann hieß..

      „Nein, nein, das war ja nur der Anfang. Das ist wie ein Strudel im Wasser; der zieht dich ständig weiter in den Abgrund. Einmal angefangen, kommste da nicht mehr raus. Und dann kommt jemand und sagt dir: Ich habe da eine todsichere Sache, und dazu brauchen wir genau einen wie dich!“

      „Und wieso? Wieso einen wie dich?“ setzte jetzt der Korbi nach.

      „Na ja, ich dachte, ihr wisst das alles längst. Ich bin - oder besser: Ich war von der anderen Seite. Ich war ja Richter .... „

      „Richter? Quatsch mit Soße!“ „Das kannst dem Weihnachtsmann erzählen!“ „Dit jibt et doch jarnich!“ „Und ich war Kaiser von China!“ Alle prusteten laut und konsterniert durcheinander.

      „....nein, nein, das stimmt schon. Und das war ja das Schlimme. Ich hätte es besser wissen müssen und habe es ja auch besser gewusst.“

      „Aber?“

      „Aber? Nix aber! Ich dachte einfach, ich mach’ das jetzt mal für kurze Zeit, bis die Kohle da ist, und dann Schluss, dann endlich ein normales Leben, ohne Schulden, Pension reicht ja aus!“

      „Ja, und nun? Was haste dir da einjebrockt, dat de jeschnappt worden bist, ehe die Kohle da war?“ wollte Konni, Konrad Kurowski., der Berliner wissen, der - wie er mal erzählte - jemanden abjestochen hatte, im Suff und weil et jerecht war, die jerechte Strafe.

      „Ich weiß ja nicht. Vielleicht überlebe ich das ja nicht, hier in der Anstalt, wenn ich das alles breit trete. Vielleicht haut Ihr mir dann einen über die Rübe. Oder Ihr wollt nie wieder was mit mir zu tun haben?“

      „Nu mach et ma nich so spannend, Herr Richter! Komm ma rüber mit die Buletten!“

      „Na ja, Ihr wart ja doch wohl alle mal Autofahrer, Autobesitzer!“

      „Bist du Verkehrsrichter gewesen und hast dich bestechen lassen?“

      „Oder hast du einen umgemangelt, im Suff oder mit Schnee?“

      „Dafür bekommste doch nicht lebenslänglich!“

      „Hatter ja ooch nich!“

      Die Sätze prasselten nur so auf den Richter Dr. Olav Schöbel runter. Kaum, dass er folgen konnte, wer von den Parkbank-Kumpeln ihm so zusetzte.

      „Nein, nein, wir haben da so eine Clique gebildet, weil, so ein Ding, das konnte man allein gar nicht durchziehen. Im Prinzip ging das so: Du hast ein Auto mit ner kleinen Delle vorne drin, und wenn die Delle noch nicht drin ist, dann haust du einfach eine mit ner Eisenstange rein, vorne, am Kotflügel. Dann stellst du das Auto so an den Straßenrand, dass noch einer vor dir einparken kann. Oder direkt hinter ein geparktes Auto. Wenn der dann rausfährt, dann zeigst du den bei der Polizei