Ana Marna

Spurensucher


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gefragt!“

      „Es hat dir Spaß gemacht“, schnurrte Kian ihr ins Ohr. „Also, wo ist das Problem?“

      Sie holte tief Luft.

      „Ich bin keine Nutte! Wenn ihr es so nötig habt, dann sucht euch bitte jemand Professionelles. Ich hab‘ echt Wichtigeres zu tun!“

      „Dass du keine Hure bist, ist uns schon klar“, grinste Kian. „Leider stehen die meisten von denen nicht so auf uns. Wenn wir auftauchen, gehen die in Deckung.“

      „Warum überrascht mich das nicht?“ Raven verdrehte die Augen. „Bei dem Gerümpel, was ihr mit euch herumschleppt, ist das auch kein Wunder.“

      „Bei dir hat’s geklappt“, knurrte Reece. Seine Augen funkelten sie auffordernd an.

      „Aber auch nur, weil ich Psychopathen gewöhnt bin“, fauchte Raven. „Das heißt aber nicht, dass ich sie mag!“

      „Dann müssen wir wohl noch dran arbeiten, dass du uns magst“, lachte Kian und stand auf. Raven landete spontan auf ihren Füßen und schob sich von ihm weg.

      „Wie gesagt, wir müssen leider los.“ Er zwinkerte ihr zu und wandte sich der Tür zu. Sein Partner folgte ihm wortlos. Von Abschiedsworten schienen beide nicht viel zu halten.

      Als die beiden Riesen verschwunden waren, sank Raven erleichtert auf ihren Sessel und versuchte nachzudenken.

      Also gut, so wie es aussah, musste sie damit rechnen, dass die zwei wieder auftauchten. Dumm nur, dass sie nicht wusste wann. Außerdem kannte sie immer noch nicht deren Namen, was höchst ärgerlich war, zumal die über sie Bescheid wussten.

      Auf jeden Fall musste sie sich eine Strategie ausdenken, wie sie mit diesen Männern zurechtkommen konnte. Immerhin hatte sie das in ihrem Beruf gelernt und zumindest bis jetzt hatte sie immer das richtige Gespür dafür gehabt.

       *

      Der Ball krachte mit einem Scheppern gegen den Drahtzaun und versetzte ihn in Schwingungen. Zwei männliche Körper hechteten nach dem Ball und landeten auf dem Beton, was einige lautstarke Flüche zur Folge hatte.

      „Hatte ich nicht was davon gesagt, dass Basketball kein Rugby ist?“

      Raven stand mit verschränkten Armen vor den jungen Männern, die sich mit finsterer Miene aufrappelten, ohne sich dabei aus den Augen zu lassen.

      „Wie wäre es mit einer Partnerübung?“

      Beide Gesichter schnellten zu ihr herum und blickten erst überrascht, dann ärgerlich.

      „Das ist dämlich, Raven“, meinte der Kleinere schließlich.

      „Aber lehrreich“, grinste Raven zurück. „Also, ab in den Liegestütz, Köpfe zueinander und nach jedem Stütz abwechselnd rechts und links abklatschen. Rücken gerade halten, Hüfte nicht eindrehen. Zwanzig Stück klingt doch erstmal gut.“

      Beide stöhnten auf, während von der Seite schadenfrohe Kommentare kamen.

      Raven sah zu den anderen sechs jungen Männern, die vor dem Basketballkorb standen und die Pause nutzten, um nach Luft zu schnappen. Alle waren zwischen sechzehn und neunzehn Jahre alt. Nur drei trugen Hosen und Schuhe, die nach Sport aussahen. Der Rest hatte normale Straßenklamotten an, die zum Teil ziemlich abgerissen waren.

      „Ihr könnt gerne mitmachen“, schlug Raven vor. „Oder ihr beschäftigt euch jetzt mit den Korbwürfen.“

      „Können wir nicht mal ‘ne Pause machen?“, nölte einer, allerdings nicht besonders laut.

      „Wollt ihr das Spiel gegen die Heroes gewinnen, oder euch von denen die Hosen runterziehen lassen?“, fragte Raven freundlich. Das überzeugte.

      Während die beiden Streithähne ächzend auf dem Betonboden ihre Liegestützen absolvierten, versuchten die restlichen Jungen, den Korb zu treffen. Der Erfolg war bescheiden, doch nach ein paar Kommentaren und Tipps von Raven kam es einige Male zu begeistertem Grölen.

      Als die beiden Kontrahenten sich schwitzend erhoben, traten sie zu Raven.

      „Äh, Raven, wer sind die Typen dahinten? Hast du Ärger oder sowas?“

      Sie drehte sich um und betrachtete die zwei Männer, die lässig neben ihren Hunden an der Wand lehnten und die Aktivitäten grinsend verfolgten.

      „Oh shit“, murmelte sie. „Die haben mir gerade noch gefehlt.“

      Sie wandte sich wieder den Jungen zu.

      „Nicht trödeln“, forderte sie auf. „Eine Viertelstunde haben wir noch. Also Action bitte. Dino, du drehst ein paar Runden auf dem Platz. Luc, Axel und Tommy, ihr seid mit Liegestützen dran und ihr drei beschäftigt euch mit Kniebeugen. Leslie, wir beide üben nochmal das Korbwerfen aus der Entfernung.“

      Sie versuchte bewusst, die beiden Zuschauer zu ignorieren, und es funktionierte leidlich gut.

      Nach einer Viertelstunde erlöste sie die Jungen und erinnerte sie noch einmal daran, dass sie ihr Training zu Hause dringend weiterführen sollten, um sich nicht allzu sehr zu blamieren. Dann erst drehte sie sich um und sah zu den beiden Männern, die sich sofort auf sie zu bewegten.

      „Glaubst du ernsthaft, dass die sich an deine Ratschläge halten?“, grinste Kian.

      Raven hob die Schultern.

      „Ich hab‘ ihnen gesagt, wenn sie auf mich hören, werden sie gewinnen. Wenn nicht, haushoch untergehen. – Ne, zumindest die Hälfte wird frühestens in drei Tagen wieder was tun, aber die andern – vielleicht. Immerhin wollen sie gewinnen, das ist schon mal ein Anfang.“

      Sie nahmen Raven in die Mitte, während sie durch die Straßen marschierten. Die drei Hunde folgten mit hängenden Schwänzen. Anscheinend waren sie zu dem Schluss gekommen, dass sie die beiden Männer wohl oder übel ertragen mussten.

      Das Viertel war eines von den nicht so freundlichen Wohngegenden. Dunkle Ecken, heruntergekommene Häuser, vermüllte Straßen und Bürgersteige. Die meisten Leute, die ihnen entgegenkamen, machten einen großen Bogen um sie.

      Raven konnte es niemandem verdenken. Die beiden Männer trugen wieder ihr „gefährliches“ Outfit und wirkten alles andere als harmlos.

      „Was sind das für Kids?“, fragte Kian.

      „Die meisten sind Kleinkriminelle, die Sozialstunden aufgebrummt bekommen haben. Zwei sind frisch aus dem Jugendknast und sollen resozialisiert werden.“

      Reece schnaufte skeptisch.

      „Und das funktioniert mit Basketball?“

      „Na ja, immerhin lernen sie ein bisschen was von Teamwork, sozialem Umgangston und Termine wahrzunehmen. Außerdem hat keiner von denen bisher in irgendeiner Weise Sport getrieben. Einige haben schon angebissen.“ Raven grinste zufrieden. „Zumindest haben sie festgestellt, dass man sich dabei gut abreagieren kann. – Wie habt ihr mich denn jetzt wieder gefunden?“

      „Wir haben gute Nasen“, lächelte Kian und schob sie in eine Nebenstraße.

      Es war eine Sackgasse, vollgerümpelt mit Mülltonnen und abgestelltem Sperrmüll. Sie zogen Raven bis nach ganz hinten und verloren keine Zeit. Wie ausgehungert fielen sie über die junge Frau her. Selbst das Ausziehen sparten sie sich. Trotzdem war Raven hinterher ziemlich außer Atem.

      Kian beendete das Ganze, indem er sie an sich zog und küsste.

      „Wirklich ärgerlich, dass wir so wenig Zeit für dich aufbringen können“, lächelte er und schob die Hände unter ihr Shirt. Reece drückte seinen Unterleib von hinten gegen sie. Er hatte immer noch einen gewaltigen Ständer. Sie versuchte, ihn zu ignorieren, was angesichts seiner Größe kaum möglich war.

      „Pack das Ding weg“, herrschte sie ihn schließlich an. „Es reicht. Ihr seid echt nicht ganz dicht. Das war das erste und letzte Mal auf einer Müllhalde! Außerdem will ich jetzt endlich wissen, wer ihr überhaupt seid.