Georg Schmuecker

Holderhof


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Molitor.

      "Ich erwarte von Ihnen, dass diese Sache fehlerfrei lauft", dröhnte Jansons Bass. Seine graublauen Augen blitzten. Er hatte die Angewohnheit seinen Gesprächspartnern lange und intensiv in die Augen zu schauen. Seine Mitarbeiter witzelten, er habe einen Röntgenblick und könne Gedanken lesen. Tatsächlich gab dieser Blick anderen Menschen das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, auch wenn dies eigentlich nicht nötig war. Molitor unterdrückte den Drang zu fragen, wann er seine Sache denn schon mal nicht fehlerfrei gemacht habe.

      "Sie, Molitor, nehmen sich drei Leute, um die Überwachung durchzuführen. Sie haben freie Hand, stimmen Sie sich mit dem Personalbüro ab. Ich möchte ab Observierung tåglich Berichte um 18.00 Uhr und, falls Ungewöhnliches passiert, sofort. Von Ihnen, Fromme, erwarte ich, dass Sie ihre Kontakte nutzen, um herauszufinden, ob Blaschek etwas plant." Er rieb energisch seine Hände.

      "Brauchen Sie von mir auch Berichte im 24 Stunden-Rhythmus?", fragte Fromme.

      "Nein, nur wenn Sie etwas heraus gefunden haben. Auch wenn es unbedeutend erscheint", antwortetet Janson und ergänzte dann: "Weitere Fragen?“

      „Auf Wiedersehen", sagte er nach kurzer Pause und lehnte seinen mächtigen Oberkörper zurück, während seine Leute aus dem Büro gingen.

      Als er wieder allein war, nahm er ein Fruchtgummi aus der untersten Schublade, schnupperte kurz daran und steckte es genüsslich in den Mund. Noch einmal ging er in Gedanken alle möglichen Varianten durch. Entweder würde sich Blaschek rächen wollen oder nicht. Wenn er sich rächen wollte konnte er schnell aktiv werden oder gründlich planen. Wenn Blaschek sich Zeit ließ, hatten sie verloren. Seine Personaldecke war viel zu dünn um länger als 14 Tage eine Rundum-Überwachung durchzuführen, und die Kontrolle seiner Aufklärungsraten durch das Innenministerium des Landes war zu sehr automatisiert, als dass so viele Manntage in einer Aktion ohne messbaren Erfolg nicht auffallen würden.

      Irgendwie wusste Janson aber auch, dass es noch eine weitere Möglichkeit gab. Es war nur ein unbestimmtes Gefühl, aber leider hatte es ihn selten getäuscht. Etwas Unerwartetes würde passieren.

      Janson hatte Riemke viel zu verdanken und wollte ihn nicht enttäuschen. Riemke hatte seine Talente erkannt, ihn gefördert und als seinen Nachfolger aufgebaut. Aber Janson wollte auch nicht riskieren, dass man Ihm Vetternwirtschaft vorwarf. Zu schnell war die Presse bereit, vom kölschen Klüngel zu berichten, und wenn es darum ging, sich als Saubermann zu zeigen, ließ der Innenminister auch schon mal Köpfe rollen.

      Sein Telefon klingelte. Im Display sah er die Nummer des Empfangs und nahm ab.

      "Ein Herr Riemke möchte sie sprechen", sagte die Empfangsdame.

      Während er "Stellen Sie durch" sagte, dachte er, dass die Zeit wirklich schnell verging. Dass es Mitarbeiter gab, die Riemke nicht mehr kannten. Dann fiel ihm wieder ein, dass sie damals ja noch am Waidmarkt gesessen hatten.

      "Er steht hier am Empfang", antwortete sie.

      "Schicken Sie ihn zum Aufzug, ich komme ihm entgegen."

      Als Riemke aus dem Aufzug stieg, wurde er von Janson freundlich distanziert begrüßt.

      „Schön habt Ihr es hier. Viel heller als in den alten Räumen“, sagte Riemke.

      „Ja, es hat schon ein paar Vorteile“ Janson wollte nicht zu stolz klingen.

      „Aber nicht so einfach zu finden. Bei mir im Stadtplan heißt die Straße noch Eisenbahnstraße. Ich hab übrigens auf dem Mitarbeiterparkplatz geparkt.“

      „Schon in Ordnung, der ist auch für Besucher.“

      Sie betraten Jansons Büro.

      „Bitte nimm Platz“, er zeigte auf die Besuchersessel und Riemke setzte sich.

      „Und wie läuft es hier so bei dir?“, fragte Riemke.

      Riemke hatte Janson bei seiner Abschiedsfeier das Du angeboten und er hatte es selbstverständlich angenommen. Nie hatte Riemke sich mit einem Mitarbeiter geduzt.

      „Alles bestens, ich habe gerade einen kniffeligen Fall, der dir gefallen håtte.“

      „Na, dann lass mal hören.“

      „Hast du von den beiden Überfållen auf die Schnellrestaurants gehört?“

      „Ja, aber nur so überflogen.“

      „Hier ist das Phantombild.“

      Das Bild zeigte eine freundliche ältere Frau mit grauem, frisch geföhntem Haar, dicken runden Wangen, einer großen runden Brille und vielen Lachfalten.

      „Sieht aus wie meine Tante Gerda, Gott hab sie selig“, sagte Riemke.

      „Ich finde, sie sieht aus wie meine Nachbarin, die immer im Fenster liegt und so freundlich grüßt.“

      „Und hast du sie schon verhört?“

      „Sie ist seit letzter Woche in Urlaub“

      „Und das ist keine Maske?“

      „Nein, die scheint wirklich alt zu sein. Sie bewegt sich auch so. Hat eine Pistole gezogen, alle freundlich angelächelt, das Geld kassiert, ist raus gegangen, auf ein Fahrrad gestiegen und weggefahren.“

      „Und keiner hat was unternommen?“

      „Einer der Kunden hat geschrien ‚Echt cool Oma‘, und da haben die anderen angefangen zu applaudieren. Den Angestellten schien es ganz egal zu sein. Na ja, bei 6 Euro Stundenlohn riskiert keiner was. Zwei Abende spåter lief es in einem Burger King ganz åhnlich.“

      „Und wie hoch war die Beute?“

      „Jeweils knapp 8.000 Euro.“ Janson atmete tief ein „Aber eigentlich bist du doch aus einem anderen Grund hier. Was kann ich für dich tun?"

      Riemke lehnte sich nach vorne und knetete seine Hände.

      "Ich war gerade in der Nähe und wollte fragen, ob ich irgendetwas tun kann, um euch zu unterstützen. Ich muss zugeben, ich werde langsam nervös."

      "Mach dir keine Sorgen, ich habe Molitor mit 3 Leuten und Fromme mit der Sache betraut."

      "Gute Männer, danke. Wie lange werdet Ihr das durchziehen können?"

      "Vierzehn Tage, maximal drei Wochen. Du könntest uns einen Gefallen tun und aus der Schusslinie verschwinden. Wie wäre es mit Urlaub?"

      "Darüber wollte ich gerade mit dir sprechen. Mein Sohn wird ab Samstag für fünf Tage in die Toskana fliegen. Eigentlich wollte er mit seiner Frau verreisen und die Kinder sollten bei mir Urlaub machen. Jetzt bleibt Charlotte hier, und Stefan fährt alleine. Wir wollen in mein Wochenendhaus in der Eifel. Dort fällt ein Fremder sofort auf, und die Kinder lieben es dort."

      "Was hålt deine Schwiegertochter davon?", fragte Janson.

      "Sie belastet der Streit mit meinem Sohn, und dass er so starrköpfig an seiner Reise festhält. Vielleicht hat er dort auch jemanden. Er steht ja auf den südländischen Typ.“

      "Ich meinte eigentlich, fühlt sie sich sicher in der Eifel?"

      Riemke kratze sich die Wange.

      "Nachts ist es in Iversheim viel dunkler als in der Großstadt. Es gruselt sie ein wenig dort, aber ich habe sie überzeugt, dass es sicherer ist. Ich bin froh, dass ich die Kinder nicht allein im Blick halten muss."

      "Gib mir die Kontaktdaten vom Ferienhaus, dann kann ich der nåchsten Polizeistelle eine Mitteilung machen, dass sie die Augen auf hålt."

      Janson reichte ihm seine Visitenkarte.

      "Hier ist meine neue Handynummer drauf, für den Notfall."

      Riemke nahm die Karte, bedankte sich und stand auf. Janson fragte sich, ob er nicht zu deutlich das Gespräch beendet hatte.

      "Du hast sicher viel zu tun", sagte Riemke und ergänzte "halt mich auf dem Laufenden."

      Sie verabschiedeten sich und Riemke ging. Als er auf die Straße