Geshe Kelsang Gyatso

Herzjuwel


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Schülern, die ich zum Teil gut kannte.

      Mein erster Philosophielehrer am Kloster Ngamring Jampaling hieß Geshe Palden. Geshe Palden machte einmal ein langes Annäherungs-Retreat über Je Tsongkhapa, bei dem er Migtsema-Gebete zählte. Am Ende seines Retreats erschien ein Bild Je Tsongkhapas auf einer der Perlen seiner Mala. Er zeigte es mir, und ich konnte die Abbildung ganz deutlich sehen.

      Es gibt noch viele andere Geschichten wie diese, die uns zeigen, daß auch in diesen unreinen Zeiten vertrauensvolle Praktizierende unablässig Segnungen von Je Tsongkhapa empfangen können.

      Der Guru-Yoga von Je Tsongkhapa gemäß der Segyu-Überlieferungslinie wurde ursprünglich von Buddha Manjushri als Teil einer besonderen Schrift gelehrt, die unter dem Namen Kadam-Emanationsschrift bekannt ist. Je Tsongkhapa selbst entnahm den Guru-Yoga dieser Schrift. Heutzutage ist diese Praxis als Ganden Lhagyäma auf Tibetisch oder als Die Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes auf Deutsch bekannt. Der Name rührt daher, daß wir im ersten Vers Je Tsongkhapa einladen, vom Herzen Buddha Maitreyas, der bekannt ist als «Beschützer der Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes», herabzukommen.

      Je Tsongkhapa gab diese Unterweisung an Je Sherab Senge weiter, der einer seiner Hauptschüler war. Je Sherab Senge wurde in Tsang im oberen Teil Tibets geboren. Er war ein sehr heiliger Meditationsmeister und Gelehrter, der Tausende von Schülern hatte, zu denen auch Je Gendundrub, der Erste Dalai Lama, gehörte. Er war der Linienhalter der tantrischen Unterweisungen Je Tsongkhapas, und wie es von Je Tsongkhapa vorhergesagt wurde, gründete er die tantrischen Hoch-schulen Gyumä in Zentraltibet und Segyu im oberen Teil Tibets.

      Je Sherab Senge gab diese Unterweisung an Dulnagpa Palden Sangpo weiter, der einer seiner Hauptschüler war. Palden Sangpo stammte ebenfalls aus Tsang, aus einer Stadt namens Tanagdo in der Nähe des Klosters Tashilhunpo; er wurde im Kloster Narthang ordiniert. Nachdem er diese Unterweisung erhalten hatte, praktizierte er sie aufrichtig und erlangte als Ergebnis davon sehr hohe spirituelle Realisationen. Er konnte zahlreichen kranken Menschen helfen, indem er durch heilende Handlungen in Verbindung mit dem Migtsema-Gebet schwere Krankheiten kurierte und Hindernisse überwand.

      Im allgemeinen gibt es viele Menschen, die durch Geister namens «Behar» zu Schaden kommen. Diese Geister treten in die Körper der Menschen ein und bewirken, daß sie entweder geisteskrank oder in ihrer spirituellen Entwicklung gestört werden oder vorzeitig sterben. Als sich Palden Sangpo einmal an einem Ort namens Säpu in einem Retreat über das Migtsema-Gebet befand, begann ein Behar-Geist einer in der Nähe lebenden reichen Familie zu schaden. Viele ihrer Verwandten waren bereits durch solche Geister getötet worden, und nun versuchte dieser Geist in den Körper des Sohnes einzudringen. Die Familienmitglieder waren sehr besorgt und baten Palden Sangpo, den Geist daran zu hindern, ihrem Sohn weiterhin Schaden zuzufügen. Palden Sangpo nahm ihre Bitte an und gab dem Vater einige Perlen der Mala, die er während seiner Migtsema-Rezitation benutzt hatte. Er sagte ihm: «Leg sofort, sobald der Geist in den Körper deines Sohnes eindringt, eine Perle an jeden Ausgang deines Hauses. Es kann sein, daß dies den Geist vor Entsetzen aufschreien läßt, und wenn dies geschieht, ruf mich.» Der Vater tat genau, wie ihn Palden Sangpo geheißen hatte, und fing so den Geist in seinem Haus ein. Der Geist war entsetzt und schrie: «Ich will aus diesem Haus heraus, aber viele mächtige und furchterregende, zornvolle Wesen hindern mich daran.»

      Der Vater ging sofort zu Palden Sangpo und bat ihn, in sein Haus zu kommen. Als Palden Sangpo eintraf, fragte er den Geist: «Wie kannst du so vielen fühlenden Mutterwesen Schaden zufügen, wenn du selbst nicht einmal dieses geringfügige Leiden ertragen kannst? Von jetzt an darfst du niemandem mehr schaden. Wenn du nicht versprichst, anderen nicht mehr zu schaden, wird dich Yamantaka nicht gehen lassen.» Der Geist erwiderte: «Ich befolge die Anweisungen des obersten Behar-Geistes. Wenn ich niemandem schade, werden meine Kräfte schwinden, und ich werde leiden. Bitte fordere nicht so viel von mir, bitte vermindere die Verpflichtung.» Palden Sangpo sagte zum Geist: «Du mußt mir wenigstens versprechen, daß du niemandem schadest, der das Ganden-Lhagyäma- oder Migtsema-Gebet rezitiert.» Daraufhin sagte der Geist: «Ja, das kann ich dir versprechen.» Palden Sangpo sammelte dann die Perlen seiner Mala von den Ausgängen des Hauses auf, und der Geist verließ sofort den Körper des Sohnes und floh. Der Junge wurde wieder normal und litt nicht mehr. Später erkannten die Menschen ganz klar, daß jeder, der das Ganden-Lhagyäma- oder Migtsema-Gebet rezitiert, vor Schaden durch Behar-Geister beschützt wird.

      Sowohl das Ganden-Lhagyäma- als auch das Migtsema-Gebet entstammen der Kadam-Emanationsschrift. Diese Schrift, die die gleiche Natur wie Manjushris Weisheit hat, kann von gewöhnlichen Wesen nicht gesehen werden, und die Unterweisungen, die sie enthält, sind nicht mit normalen Buchstaben geschrieben. Damit gewöhnliche Wesen diese Gebete sehen können, schrieb sie Palden Sangpo mit normalen Buchstaben in Prosaform nieder. Später schrieb Khädrub Sangye Gyatso die Verse, die wir heute rezitieren.

      Je Palden Sangpo überlieferte diese Unterweisung an Gyuchen Gendunpai, der sie an Gyuchen Tashipa weitergab. Dieser gab sie an Je Samdrub Gyatso weiter, der sie wiederum an Tsöndrupa überlieferte. Tsöndrupa reichte sie weiter an Dorje Sangpo und dieser an Khädrub Sangye Gyatso. Schließlich erreichte die Unterweisung den spirituellen Vater und Sohn Je Phabongkhapa und Kyabje Trijang Dorjechang.

      Diese Überlieferungslinie ist eine außergewöhnliche nahe Überlieferungslinie, die von Buddha Shakyamuni an Manjushri und dann von Manjushri direkt an Je Tsongkhapa, Je Sherab Senge und so fort weitergegeben wurde. Dank der Güte Je Sherab Senges, Je Palden Sangpos und Khädrub Sangye Gyatsos erblühte diese Unterweisung in ganz Tibet. Da diese Lamas aus einem Gebiet namens Se in der Gegend des Klosters Tashilhunpo kamen, heißt diese Überlieferungslinie «die Segyu-Überlieferungslinie».

      Wenn wir den Guru-Yoga von Je Tsongkhapa gemäß der Segyu-Überlieferungslinie praktizieren, meditieren wir über unseren Wurzel-Guru im Aspekt Je Tsongkhapas – der Verkörperung von Avalokiteshvara, Manjushri und Vajrapani – bringen die sieben Glieder und das Mandala dar, bringen Bitten durch das Migtsema-Gebet vor und üben die Stufen der Praxis der tiefgründigen Meditationen aus. Wenn wir auf diese Weise aufrichtig praktizieren, können wir unser gesamtes negatives Karma und unsere Hindernisse überwinden sowie unsere Verdienste, Lebensspanne und Dharma-Realisationen vermehren. Insbesondere, da Je Tsongkhapa zugleich eine Ausstrahlung von Avalokiteshvara (der Verkörperung des Mitgefühls aller Buddhas), von Manjushri (der Verkörperung der Weisheit aller Buddhas) und von Vajrapani (der Verkörperung der Kraft aller Buddhas) ist, können wir sehr leicht unsere Realisationen von Mitgefühl, Weisheit und spiritueller Kraft vergrößern. Von diesen drei ist das Vermehren unserer Weisheit besonders wichtig, da Weisheit das Gegenmittel gegen Unwissenheit ist, die Wurzel unseres gesamten Leidens. Wie Buddha im Sutra der Vollkommenheit der Weisheit sagt, sind diejenigen, denen es an Weisheit mangelt, wie Blinde, die ständig Probleme und Leiden erfahren, weil sie nicht sehen können. Die beste Methode, unsere Weisheit zu vergrößern und uns damit vor Leiden zu schützen, ist das Praktizieren des Guru-Yogas von Je Tsongkhapa, da Je Tsongkhapa eine Manifestation der Weisheit aller Buddhas ist.

      Wenn wir als Grundlage unsere Negativität und unsere Hindernisse überwinden sowie unserer Lebensspanne, unsere Verdienste, unser Mitgefühl, unsere Weisheit und unsere spirituelle Kraft vergrößern, werden wir, wenn wir uns auf diese Praxis verlassen, alle Realisationen von Sutra und Tantra und schließlich die Vereinigung des Nicht-mehr-Lernens, die Buddhaschaft, leicht erlangen. Da die Anhänger Je Tsongkhapas eine besondere Verbindung zu ihm haben, können alle diese nutzbringenden Ergebnisse, die mit dem Eintreten in Je Tsongkhapas Lehre verbunden sind, durch die Praxis dieses Guru-Yogas mit Leichtigkeit erzielt werden.

      Wie wir gesehen haben, hat Palden Sangpo Behar-Geister kontrolliert, viele Menschen vor vorzeitigem Tod bewahrt und ihr Leiden durch die Praxis der Rezitation des Ganden-Lhagyäma- und des Migtsema-Gebetes gelindert. In der oben erwähnten Erzählung sah der Behar-Geist in den Perlen von Palden Sangpos Mala furchterregende, zornvolle Wesen, die in Wirklichkeit Yamantaka waren. Dies weist eindeutig darauf hin, daß die Verwirklichung der Erlangung