Schuss brachte sie ihrem unvermeidlichen Ende näher.
»Nun haben sie schwer gebüßt für Wasimbu, den Waziri, den sie gekreuzigt haben«, murmelte Tarzan zufrieden. Viele meiner treuen Diener, die erschlagen wurden, sind gerächt. Aber Janes Tod ist noch nicht gesühnt - es sei denn, es gelänge mir, sie alle zu töten.
Nach Einbruch der Dunkelheit schlug er einen weiten Bogen und umging die Stellungen der feindlichen Parteien. Ungesehen drang er dann in die Linie der britischen Kolonial-Polizei ein. Horchposten und Wachen standen überall in den Büschen. Aber niemand bemerkte den anschleichenden Tarzan, der das Hauptquartier der hier kämpfenden Abteilung suchte.
Er fand es schließlich in einiger Entfernung hinter der Kampflinie, wohlverborgen in einem Waldstück. Es war ein größeres Zeltlager, in dem man sogar Licht brennen hatte. Die Banditen besaßen natürlich kein Flugzeug, mit dem sie von oben her das erleuchtete Lager hätten entdecken können. Und für einen Beobachter auf der Erde lag es zu weit ab, als dass die Beleuchtung hätte von Schaden sein können.
Colonel Capell saß an einem Feldtisch. Vor sich hatte er eine Operationskarte ausgebreitet. Er besprach mit mehreren Offizieren die Lage. Genau über der Gruppe breiteten sich die Äste eines gewaltigen Baumes aus. Das Gespräch drehte sich natürlich um das seit Tagen anhaltende Gefecht gegen die Banden des Imad Batuta. Die Privattruppe des reichen Inders erhielt ständig Zulauf von halbzivilisierten Negern, entsprungenen Legionären und allerlei Abenteurern. Er schien über riesige Waffenbestände zu verfügen. Die kleine Abteilung der Kolonial-Polizei wurde mit einem langwierigen Gefecht so beschäftigt, dass unterdessen die Schmugglerkarawanen des Inders reiche Beute an Elfenbein und Edelsteinen fortzuschaffen vermochten. »Heute Nachmittag ereignete sich etwas Seltsames«, berichtete ein junger Offizier. »Ich hatte gerade Wache in einer der vordersten Stellungen. Man hätte schwören können, dass die Banditen plötzlich von rückwärts angegriffen worden sind. Aber ich konnte nicht herausfinden, wer das gewesen ist.«
In diesem Augenblick raschelte es leise in den Zweigen des Baumes. Eine braune Gestalt löste sich aus den Zweigen und fiel mit der Geschmeidigkeit einer Pantherkatze mitten unter die Offiziere. Einige Hände fuhren an die Pistolentaschen. Verwundert starrten alle Männer auf den fast nackten Mann, der so plötzlich zwischen ihnen stand.
»Wer, zum Teufel, sind Sie denn?«, herrschte der Colonel den Unheimlichen an.
»Ich bin Tarzan, der Affenmensch«, sagte der Ankömmling bescheiden.
»Hallo, Greystoke!«, rief ein Major und ging mit ausgestreckter Hand auf Tarzan zu.
»Hallo, Prestwick!«, grüßte Tarzan und schüttelte dem Offizier die Hand.
»Ich habe Sie nicht gleich erkannt«, entschuldigte sich der Major. »Als ich Ihnen zum letzten Mal begegnete, trugen Sie einen eleganten Frack. Es war in London, wenn ich nicht irre. Dagegen sehen Sie jetzt - hm - einigermaßen verändert aus.«
Tarzan lächelte und trat vor den Colonel. »Ich habe einen Teil ihrer Unterredung mit angehört. Vor wenigen Stunden war ich noch knapp hinter den Linien der Banditen. Vielleicht kann ich Ihnen von Nutzen sein.«
Der Colonel schaute fragend seinen Major an. Prestwick machte Tarzan mit dem Vorgesetzten und den anderen Offizieren bekannt. Die meisten hatten bereits von dem geheimnisvollen Waldmenschen gehört.
In aller Kürze berichtete Tarzan, aus welchem Grunde er den Banden des Imad Batuta tödliche Rache geschworen hatte.
»Und nun sind Sie hergekommen, um sich uns anzuschließen?«, fragte der Colonel.
Tarzan schüttelte den Kopf. »Das nun gerade nicht«, entgegnete er. »Aber ich kann jederzeit in die feindlichen Linien eindringen und dort bestimmte Aufgaben erfüllen.«
Capell lächelte überlegen. »Das ist nicht so leicht, wie Sie es sich wohl vorstellen«, sagte er. Erst in der vergangenen Woche habe ich zwei gute Offiziere verloren, die versucht hatten, hinüberzuschleichen und die Lage auszukundschaften. Und das waren bestens ausgebildete Soldaten.«
»Ich bin aber gerade erst mitten in den feindlichen Linien gewesen«, beharrte Tarzan. »Dann habe ich Ihre eigenen Linien durchquert und bin bis zu Ihrem Lager vorgedrungen. Meinetwegen lassen Sie sämtliche Wachen fragen, ob irgendjemand mich bemerkt hat.«
»Ja - aber wer hat Sie hergeführt?«, fragte Capell noch immer verständnislos.
»Ich bin ganz allein gekommen«, war die Antwort. Er richtete sich stolz auf und warf die mächtigen Schultern zurück. »Wenn ihr Männer aus der Zivilisation in den Dschungel kommt, seid ihr wie blind und taub gegenüber den Tieren des Waldes. Selbst Manu, der kleine Schimpanse, ist euch bei weitem überlegen. Ich bewundere die Tatsache, dass ihr euch überhaupt so lange am Leben erhalten könnt. Gewiss, ihr seid zahlreich, habt gute Waffen - und den menschlichen Verstand. Sonst wäret ihr längst verloren. Wenn ich ein paar Dutzend große Menschenaffen bei mir hätte, mit eurem Menschenverstand ausgerüstet - die Banditen wären längst ausgelöscht und aus dem Dschungel vertrieben. Wie ist es also, kann ich Ihnen helfen? Würden Sie nicht gern erfahren, wo die Maschinengewehrnester sind?«
Der Colonel nickte, und Tarzan markierte drei Stellen auf der Landkarte. Tatsächlich befanden sich dort Maschinengewehre, die immer wieder besonders zur erfolgreichen Abwehr aller Angriffe der Polizeitruppe beigetragen hatten. Zwischen ihnen verlief ein Schützengraben.
»Hier befindet sich ein schwacher Punkt«, sagte Tarzan. »Ich habe einen bestimmten Plan. Es wird möglich sein, mit Ihren Leuten in diesen Graben einzudringen und von hier aus die Stellungen der Banditen aufzurollen.«
»Das klingt sehr einfach«, zögerte der Colonel.
»Es ist einfach - für mich«, beharrte Tarzan. »Ich werde diesen Teil des Grabens ohne einen Schuss erobern.«
»Übermorgen Nacht bin ich zurück und werde dann die Einzelheiten mit Ihnen besprechen.«
Der Affenmensch wandte sich zum Gehen.
»Warten Sie«, sagte der Colonel, »ich gebe Ihnen einen Offizier mit, der Sie sicher durch die Linie bringt.
Tarzan lächelte nur und ging weiter. In der Nähe eines Lagerfeuers, an dem sich Männer der Stabskompanie wärmten, entdeckte er einen jungen Soldaten. Er hätte diesem jungen Knabengesicht, das in einem hochgeschlagenen Mantelkragen fast versank, kaum Beachtung geschenkt. Aber die Gestalt kam ihm irgendwie bekannt vor. Der junge Polizeisoldat stocherte im Feuer und suchte dann neues Brennmaterial zusammen. Tarzan zuckte die Schultern und ging weiter. Vielleicht hatte er den Vater des Jungen gekannt, oder er war ihm selbst irgendwo in den Wohnplätzen der Weißen begegnet. Seine Zeit war zu knapp, um sich jetzt in ein Gespräch einzulassen.
Ungesehen gelangte er trotz aller Wachen aus den Linien hinaus und stieg die ganze Nacht bergan. Die Tiere, die er suchte, würde er weiter oben in den Bergen eher finden als hier unten, wo der seit Tagen anhaltende Kampfeslärm alles Wild vergrämte.
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