Kampftruppe uniformierter Schwarzer vor sich hatte, die von Weißen und Arabern befehligt wurde. Vorsichtig arbeitete er sich weiter voran und erreichte gegen Abend einen großen Lagerplatz am Fuße einer Bergkette. Eine Reihe von Zelten bildete den Mittelpunkt des Lagers. Die Posten ringsum waren nach militärischen Gesichtspunkten eingeteilt und platziert. Sie richteten ihr Augenmerk auf die Erde, auf die Pfade und die Büsche, nicht aber auf die terrassenförmig übereinander getürmten Zweige und Äste der Urwaldriesen. Dort oben schwang sich Tarzan von Baum zu Baum bis fast zum Mittelpunkt des Lagers.
Bei einbrechender Dunkelheit kletterte er zur Erde hinab und schlich von Zelt zu Zelt. Hier und dort belauschte er Gespräche, bis er endlich zu einer Gruppe schwarzer Schützen gelangte, unter denen einer das große Wort führte.
»Die Waziri kämpften wie die Teufel«, sagte der Mann, und Tarzan lauschte auf jedes Wort. »Wir aber kämpften noch tapferer und haben sie alle niedergemacht. Als wir damit fertig waren, kam der Corporal und erledigte die Frau. Unterführer Mujahid el-Chergui hatte einen feinen Gedanken. Er ließ uns einen der Waziri, der schon verwundet war, an die Wand kreuzigen. Als wir das taten, lachte Mujahid. Wir mussten alle lachen. Es sah zu spaßig aus. Wirklich - wir hatten einen vergnügten Nachmittag, als der Kampf erst vorüber war.«
Wie ein Raubtier kroch Tarzan näher an das Zelt heran, an dessen Seite die Schwarzen um ein kleines Feuer hockten. Wild und grausam waren die Gedanken, die in seinem Gehirn nisteten. Auf Tarzans männlich-schönem Gesicht zeigte sich kein äußeres Anzeichen einer Gemütsbewegung. Seine Augen verrieten angespannte Wachsamkeit.
Nach einer Weile erhob sich der schwarze Prahlhans gähnend und ging ein Stück fort. Tarzan folgte ihm auf dem Weg durch die Büsche. Im Schatten eines beim letzten Orkan gefällten Baumriesen überwältigte er blitzschnell den Neger.
»Sei ganz still!«, warnte er den Mann in dessen eigenen Stammesdialekt. Dabei löste er den eisernen Griff um den Hals des Schwarzen ein wenig.
Der Mann rang keuchend nach Atem und rollte vor Entsetzen die Augen, um zu sehen, in wessen Gewalt er sich überhaupt befand.
»Wie heißt der Hund, der die Frau in dem Bungalow getötet hat, als ihr gegen die Waziri kämpftet?«, fragte Tarzan.
»Corporal Wolf«, gab der Neger bereitwillig Auskunft.
»Wo ist er jetzt?«, fragte Tarzan weiter.
»Er ist hier. Wahrscheinlich befindet er sich im Augenblick im Hauptquartier bei Imad Batuta, dem General. Dorthin gehen die meisten weißen und arabischen Anführer am Abend, um neue Befehle zu empfangen.«
»Führe mich dorthin!«, befahl der Affenmensch und riss den Schwarzen vom Boden hoch. »Wenn ich entdeckt werde, bedeutet das deinen sofortigen Tod. Los!«
Der Neger taumelte bei den ersten Schritten. Tarzans Faust ergriff ihn im Nacken. Umsichtig wählte der Neger einen Weg rund um das Lagerzentrum, auf dem ihnen niemand begegnete. Allenthalben brannten die Lagerfeuer bereits herunter. Endlich deutete der unfreiwillige Führer mit der Hand zu einer Art Blockhaus, dessen Umriss sich zwischen Bambusgebüsch verlor.
»Dort wohnt Imad Batuta, unser Chef. Sie können nicht weitergehen, denn hier laufen immerzu Boten hin und her«, sagte der Schwarze.
Tarzan sah ein, dass er mindestens in Gesellschaft des Negers nicht näher an das Blockhaus herankonnte. Er wandte sich dem Burschen zu, als ob er überlege, was er jetzt mit ihm beginnen sollte.
»Du hast mitgeholfen, Wasimbu, den Wazira, zu kreuzigen«, klagte Tarzan den Schwarzen mit leiser, aber desto schrecklicherer Stimme an.
Der Schwarze zitterte und wollte in die Knie sinken. »Es war so befohlen worden«, stammelte er.
»Wie war der Name des Mannes, der diesen Befehl gab?«, erkundigte sich Tarzan.
»Es war der Unterführer Mujahid el-Chergui, ein Araber«, kam die Antwort. »Er ist ebenfalls hier.«
»Ich werde ihn zu finden wissen«, antwortete Tarzan grimmig. »Aber du hast mitgeholfen, den verwundeten Waziri an die Wand zu nageln. Und während er Qualen litt, hast du mit den anderen gelacht.«
Der Gefangene wand sich. Es war so, als ob er in der Anklage zugleich sein Todesurteil hörte. Ohne ein weiteres Wort ergriff Tarzan den Mann abermals im Nacken. Die mächtigen Muskeln spannten sich. Etwas knackte scheußlich, als die Wirbel brachen. Dann schleuderte der Affenmensch die Leiche weit fort ins Gebüsch, ehe er sich in Richtung auf das Hauptquartier des Generals in Bewegung setzte.
An der Rückseite des kleinen Hauses stand nur ein einzelner Posten, während die Vorderfront besser bewacht war. Diesen Mann beschlich Tarzan so leise, wie es nur ein im Dschungel aufgewachsenes Raubtier fertig bekommt. Endlich war er dem Posten nahe genug, um ihn mit einem einzigen Sprung von rückwärts niederzureißen. Fast ohne einen Laut starb der Mann. Tarzan schleppte die Leiche in den Schatten des Hauses und ließ sie dort liegen.
Durch die Fenster spähend erkannte Tarzan einen größeren und einen kleineren Raum. In dem Vorderzimmer waren mehrere Männer versammelt. Tarzan vermochte durch das nur mit Fliegendraht gesicherte Fenster ihre Unterredung zu hören. Es war aber nichts für ihn Interessantes zu vernehmen.
In dem anstoßenden kleinen Raum, der mit verschwenderischer Pracht ganz im orientalischen Stil ausgestattet war, saß ein untersetzter Mann auf einem erhöhten Platz. Imad Batuta hatte sich zur Beherrschung seines Urwaldkönigreiches von eigenen Gnaden eine Art Thronsessel in seine Residenz bauen lassen.
Bei ihm befanden sich zurzeit nur zwei Männer, die mit willigen Ohren neue Befehle entgegenzunehmen schienen. Die unwirkliche Szene war in das Licht einer flackernden Öllampe getaucht, die der Araber gedankenverloren in seiner Hand drehte.
An der Vordertür waren Stimmen zu hören. Ein junger Araber trat auf leisen Sohlen ins Zimmer und verneigte sich ehrerbietig auf der Schwelle zum Raum des Herrschers. Belinda ist angekommen, meldete er und trat mit einer erneuten Verbeugung zurück.
»Sie soll sofort hereinkommen!«, befahl Imad Batuta. Die beiden Männer wurden mit einem Kopfnicken entlassen. Sie machten einer jungen Frau im Reitdress Platz, die hastigen Schrittes eintrat. Ohne viele Formalitäten ging sie zu des Anführers mit Pantherfellen gepolstertem Sitz und überreichte ihm ein Papier.
»Ich bringe die Operationspläne der Regierungstruppen«, sagte Belinda.
Der Araber nickte und ließ seinen Blick wohlgefällig über die üppigen, wenngleich nicht mehr als vollschlanken Linien der jungen Frau gleiten.
Der General las das Papier durch und nickte abermals. »Gut«, sagte er. Dann rief er mit lauter Stimme, so dass man es im großen Vorraum hören konnte: »Sergeant Wolf soll hereinkommen!«
Sergeant Wolf! Tarzan fühlte, wie sich ihm die kurzen Haare im Nacken sträubten. Dieser General einer Bande von Räubern und Mördern brachte es tatsächlich fertig, Dienstgrade zu verleihen und Beförderungen auszusprechen. Die Ermordung einer Frau, die Beraubung einer Farm und das brutale Abschlachten einer Gruppe schwarzer Diener hatten diesem verkommenen Weißen also bereits die Beförderung vom Corporal zum Sergeant eingetragen. Tarzan war fest entschlossen, das Seine dazu zu tun, dass Wolf sich dieser Ehrung nicht lange würde erfreuen können. Ungeduldig wartete Tarzan darauf, dass der Mann zurückkehren möge, der nach Sergeant Wolf ausgeschickt worden war. Jeden Augenblick konnte der tote Wachposten entdeckt werden. Dann würde es Alarm im Lager geben und eine genaue Nachsuche würde auch den toten Neger im Busch zutage fördern. Der Affenmensch stand dicht unter dem Fenster in einem Gebüsch, das ihm zwar freien Ausblick in das Innere des Blockhauses ließ, ihn selbst aber gut gegen Sicht deckte. Solange nicht Fackeln die Umgebung erhellten und Dutzende von Augenpaaren Busch um Busch und Baum um Baum absuchten.
Endlich kam wieder Bewegung in die wartenden Männer. Der Bote trat durch die Tür ein und hielt sie für einen Weißen offen, der nach ihm kam.
»Sergeant Wolf«, rief ihm Imad Batuta entgegen, »kommen Sie gleich herein. Ich habe eine neue wichtige Aufgabe für Sie...«
Mehr wollte Tarzan nicht hören. Mit einem Ruck zerfetzte er den engmaschigen Fliegendraht,