Martina Dr. Schäfer

Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln


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Descartes, die Wirklichkeit zu beweisen, erfahren hat. ...Damit nähert sich die Weltanschauung unserer Zeit wieder der der Primitiven. (KÜHN 1932/1, 6)

      1. Einleitung

      1.1. Ziel

      Die Umstände, unter denen Wissenschaft betrieben wurde und wird, die finanziellen und räumlichen Voraussetzungen für Forschung und Lehre, die gesellschaftlichen, politischen und individuellen Voraussetzungen sind Thema forschungsgeschichtlicher Arbeiten. Die wissenschaftlichen Inhalte sind Thema der Forschungsgeschichte insofern, als sie von diesen Voraussetzungen beeinflusst wurden. Darüber hinaus unterliegt der wissenschaftliche Diskurs innerhalb eines Faches aber auch innerhalb verschiedener Disziplinen und Forschungsrichtungen im Laufe seiner Geschichte Entwicklungen, welche das Selbstverständnis der wissenschaftlichen Vertreter eines Faches prägen. Forschungsgeschichte beschreibt das Umfeld, in welchem Wissenschaft entsteht, den gesellschaftlichen Diskurs, die politischen Verhältnisse und ihren Einfluss auf Fragestellungen und Inhalte von Wissenschaft.

      Gleichzeitig stellt sie die methodischen Entwicklungen dieser Wissenschaft selber und die in ihr ablaufenden fachlichen Diskussionen dar.

      Am Beispiel der Geschichte des Instituts für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln soll ein räumlich und zeitlich begrenzter Teil der deutschen Ur- (bzw. Vor-) und Frühgeschichtsforschung dargestellt werden. Dabei liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit zuerst einmal auf der Darstellung der Geschichte des Institutes selber.

      Der Charakter des Institutes wurde zeitweilig sehr durch die wissenschaftlichen und politischen Interessen seiner Leiter geprägt, sodass die Geschichte des Institutes schwerpunktmässig ausserdem Personengeschichte ist.

      Wissenschaft geschieht nicht unabhängig von ihren äusseren, politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Autoritäre Politik und Machtmissbrauch beeinflussen Forschung und Lehre und prägen die betroffenen Menschen. Das ist unter Anderem Thema des ersten Teils meiner Arbeit.

      Schon die Gründungsgeschichte des Institutes in den späten Zwanzigerjahren als auch Initiativen aus den sechziger und Siebzigerjahren zeigen ein erstaunlich hohes Mass an individuellen Initiativen. Dieses hohe persönliche Engagement, wie es zum Beispiel den Neubegründer Hermann Schwabedissen auszeichnete, prägte die Geschicke des Instituts seit den fünfziger Jahren und ist schwerpunktmässig ein Thema des zweiten Teils meiner Arbeit. Meine eher beschreibende Darstellung der Institutsgeschichte wirft immer wieder Fragen auf, deren nähere Bearbeitung den Rahmen dieser Arbeit bei weitem überschreiten würde. Ich betrachte deshalb meine Abhandlung zur Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte zu Köln als Basis für eine ganze Anzahl weiterer Arbeiten zu einzelnen Themen und Problemen, die im Rahmen meiner Arbeit aufscheinen und auf die ich an den jeweiligen Stellen hinweisen werde.

      1.2.1. Quellen

      Diese Studie beruht hauptsächlich auf Archiv- und Quellenmaterial, dass mir an der Universität Köln zur Verfügung stand.

      Es wäre durchaus möglich gewesen, sich noch weiterer Archive, wie beispielsweise der Nachlässe der Institutsleiter, die teilweise im Bundesarchiv zu Koblenz (Herbert Kühn) oder in Schleswig-Holstein (Hermann Schwabedissen), teilweise an anderen Orten zu finden sind, zu bedienen.

      Zum einen hätte das jedoch den zeitlich gesetzten Rahmen einer Magisterarbeit überschritten.

      Zum anderen wäre dadurch der biografische Anteil stärker geworden, als ich es beabsichtigte. Ich möchte aber an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass wissenschaftsbiografische Darstellungen zu allen Direktoren des Institutes sehr interessant sein könnten. Jeder von ihnen – Herbert Kühn, Walter von Stokar und Hermann Schwabedissen – steht, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn, beispielhaft für die Wissenschaftsauffassung seiner jeweiligen Epoche.

      Der wichtigste Quellenapparat für den ersten Teil meiner Arbeit, das Institut in den Jahren 1930–1948, ist das Universitätsarchiv zu Köln gewesen.

      Hier hatte ich den Vorteil, mit inventarisierten Akten arbeiten zu können.

      Für den zweiten Teil meiner Magisterarbeit, das Institut in den Jahren 1958 bis etwa 1980, stand mir nicht inventarisiertes Aktenmaterial des Institutes zur Verfügung. Das Material wurde, provisorisch nach seinen Stellplätzen geordnet (z. B. Fachschaftsordner, Lehrsammlung) und mit Notsignaturen versehen. Den grössten Anteil hatte ehemaliges Aktenmaterial aus dem Sekretariat des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, etwa siebzig Aktenordner, welche zum Zeitpunkt meiner Recherchen in einer Garage gelagert waren (das sogenannte «Garagenarchiv») und mittlerweile, nach Beendigung meiner Recherchen, auf Veranlassung des Universitätsarchivars, in das Universitätsarchiv überführt wurden. Bei der endgültigen Inventarisierung dieses Materials wird die Notsignatur, nach der ich vorgegangen bin, berücksichtigt und aufschlüsselbar sein.

      Laut §7 des Archivgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen darf Archivgut frühestens nach Ablauf von 30 Jahren seit Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Bezieht es sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf eine natürliche Person, so darf es frühestens 10 Jahre nach deren Tod genutzt werden.

      Aus diesen Bestimmungen ergibt sich die Beschränkung des Zeitraumes der dargestellten Institutsgeschichte auf die Jahre von etwa 1925 bis etwa 1980 (= Ende der «Ära Hermann Schwabedissen»).

      Die Schreibweise der Quellen, insbesondere der Akten aus den Jahren 1920 bis 1950, habe ich beibehalten. Weder veränderte ich die Grammatik noch die Orthografie noch sogar eventuelle, offensichtliche Schreibfehler. Auf bedeutsame Tippfehler weise ich hin. Für die Jahre nach 1950 fällt der Rückgang orthografischer Fehler in den Sekretariats- und anderen Akten auf. Ich habe mich auch da bei der Zitation an die damals übliche Orthografie gehalten, die seltenen Fehler ebenfalls beibehalten.

      In das Ende der von mir recherchierten Phase fällt der Beginn des «Computerzeitalters», was sich noch einmal sehr entscheidend auf Aussehen und Orthografie der zitierten Quellen auswirkte. Verfügt man für die Jahre zuvor meistens über die sowieso weniger sorgfältig korrigierten Durchschläge der Briefe und Mitteilungen, so fallen diese zum grossen Teil nach Einführung der Computer fort, was zur Folge hat, dass man in den Akten nur mehr die eine Seite der Briefwechsel vorfindet, während man für die Jahre davor oft beide Seiten eines Briefwechsels abgelegt findet.

      Ergänzend zur Materialaufnahme über die Archive führte ich eine Reihe freier Interviews mit ehemaligen Studierenden, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Institutes sowie mit verschiedenen Dozenten, Dozentinnen und Laborleitern.

      Die Interviews wurden in freier Rede und Gegenrede durchgeführt und nach Notizen sowie dem unmittelbaren Gedächtnisprotokoll niedergeschrieben.

      Nach Vorlage dieser Niederschriften wurde ein weiteres, ergänzendes oder korrigierendes Gespräch durchgeführt.

      Diese Form der Befragung entsprach den Wünschen der meisten Interviewten, denen ich verschiedene Befragungsmodelle (beispielsweise auch mit Aufnahmegeräten oder an Hand eines vorher festgelegten Fragenkataloges) vorgeschlagen hatte.

      Darüber hinaus führte ich mit einigen Probanden Briefwechsel, teilweise gekoppelt mit telefonischen Befragungen. Diesen wurden die gleichen Fragen gestellt, wie den mündlich interviewten und sie erhielten die gleiche Gelegenheit zur korrigierenden Rückkoppelung durch eine Vorlage des Interviewtextes.

      Ich möchte an dieser Stelle allen Befragten für ihre Bereitwilligkeit zu cooperieren und für ihr teilweise nicht unerhebliches Engagement danken!

      In dieser Weise durchgeführte Interviews gehören in den methodischen Zusammenhang der sogenannten «oral history», wie sie in den Siebzigerjahren, insbesondere in Hinsicht auf die Befragung von zeitgenössischen Zeugen, entwickelt worden ist.

      Im Zweifelsfalle – also beispielsweise bei Unsicherheiten bezüglich bestimmter Daten oder anderer harter Fakten – gilt die Regel: Schriftquelle gilt mehr als mündliche Quelle. Beide Quellenarten