Martina Dr. Schäfer

Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln


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Gewaltandrohung gegen seine Angehörigen sowie massive Einschüchterungen und Drohungen, den Lehrbetrieb lahm zu legen, von den Nationalsozialisten von einer Kandidatur für das Rektorenamt im akademischen Jahr 1932/33 abgehalten wurde, war der jüdische Psychiater Gustav Aschaffenburg.

      Zwar wurde der Vorlesungsbetrieb nicht gestört, aber die Androhung alleine hatte genügt, dass die Universität nachgab. (GOLCZEWSKI 1988, 47f)

      Ein solcher Grabenkampf wiederholte sich noch einige Male: Die Nationalsozialisten zwangen die Hochschullehrer, teilweise recht handgreiflich, ihnen zu Willen zu sein, wollten sie friedlich und ungestört in ihrem Fach weiterarbeiten und -lehren. Aus ethischen Gründen Widerstand zu leisten, war kaum einer bereit. (GOLCZEWSKI 1988, 49)

      Die Konfliktscheu, die die Universität demonstriert hatte, ist der Schlüssel, um die Leichtigkeit der «Gleichschaltung» zu erklären. (GOLCZEWSKI 1988, 49)

      Hätte man es noch kurze Zeit zuvor niemals für notwendig erachtet, auf einer ausserordentlichen Senatssitzung eine studentische Veranstaltung zu diskutieren, so geschah das nun das erste Mal am 14.2.1933. Es ging um eine Kundgebung der nationalen Studenten. Mit knapper Mehrheit einigte man sich, die Lehrveranstaltungen im Hauptgebäude der Universität an der Claudiusstrasse ausfallen zu lassen, ausser Prüfungskandidaten und Beamten sollte niemand Zutritt zur Universität haben, Bibliotheksangestellte wurden gebeten, während der Kundgebung nicht an den Fenstern zu stehen.(GOLCZEWSKI 1988, 51f) Das heisst, man konnte sich nicht dazu durchringen, die Kundgebung einfach zu untersagen, versuchte ihr aber das Publikum zu entziehen. Alles in allem eher ein taktisches, salopp ausgedrückt, windelweiches Verhalten.

      Das erste Mal mussten die Senatsmitglieder nun auch erleben, dass durch irgendwelche undichten Stellen der vertrauliche Senatsbeschluss nach Aussen durchgesickert war. Bei der nächsten Sitzung musste der Rektor seine Kollegen bitten, in Zukunft mit unüberlegten Meinungsäusserungen zur Regierung, insbesondere gegenüber den Studenten, vorsichtig zu sein. (GOLCZEWSKI 1988, 53)

      Laut GOLCZEWSKI (1988) stellt diese Bemerkung im Senatsprotokoll den Wendepunkt dar, an welchem die Universität zu Köln und ihre Gremien die Souveränität verloren hatten. Basiert doch das grundlegende Selbstverständniss einer Universität gerade auf der Freiheit des Wortes. (GOLCZEWSKI 1988, 54)

      Zwar war man anscheinend, wie das NSDStB-Verbot von 1930 oder der «Flaggenstreit» zeigte durchaus auf dem rechten Auge nicht blind (GOLCZEWSKI 1988, 59), aber das seit 1920 praktizierte Streben, eine parteipolitische Ausgewogenheit im Wissenschaftsbetrieb herzustellen, trug ebenfalls zu dieser Problemsituation bei. (GOLCZEWSKI 1988, 59)

      Mit der Abwahl Konrad Adenauers am 12.3.1933 verlor die Universität ihren Rückhalt in der Stadt. Unter Günther Riesen, dem Nachfolger Konrad Adenauers, wurde die liberaldemokratische Fraktion der Professoren mehr und mehr zurückgedrängt. Günther Riesen mischte sich sehr schnell in die Universitätsbelange ein, unter anderem mit dem Versprechen, Gelder einzusparen, was im Zeichen der herrschenden Wirtschaftskrise von der städtischen Verwaltung nur zu gerne gehört wurde. Günther Riesen denunzierte Konrad Adenauers Politik als «Misswirtschaft». (GOLCZEWSKI 1988, 59)

      Günther Riesens Behauptung kann man aber ausgezeichnet durch einen Verweis auf die kompromisslosen Verhandlungen Konrad Adenauers um die Anmietung des Hauses Ubierstr.11 für das neu zu begründende Institut für Vor- und Frühgeschichte konterkarrieren. (s. u. Kapitel 5.1.)

      Günther Riesen beantragte beim Wissenschaftsministerium, einen neuen Kommissar für die Universität ernennen zu dürfen. Das kam einer Entmachtung der kollegial gewählten Hochschulspitze gleich. (GOLCZEWSKI 1988, 60)

      Eine weitere wichtige Rolle in diesem Intrigenspiel gegen die den Nationalsozialisten missliebige Professorenkollegen spielte der Mediziner Ernst Leupold, der sich sehr rasch zum «Laufburschen» des neuen Oberbürgermeisters degradieren liess. (GOLCZEWSKI 1988, 61) Günther Riesen hatte im März 1933 mit Bernhard Rust, dazumal noch Reichskommissar im Preussischen Wissenschaftsministerium abgemacht, dass Peter Winkelnkemper als Staatskommissar für die Universität zuständig sein solle. Peter Winkelnkemper war Hauptschriftleiter der NSDAP-Zeitung «Westdeutscher Beobachter», die der Universität sehr kritisch gegenüber stand.

      In der ersten Aprilwoche 1933 hatten Ernst Leupold und Peter Winkelnkemper ihre erste Besprechung und die ersten Entlassungen jüdischer Assistenten oder mit Jüdinnen verheirateter Assistenten an der Medizinischen Fakultät wurden durchgeführt. (GOLCZEWSKI 1988, 63)

      Ausser durch seine Beratungen bei der Durchführung des «Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums» tat sich Ernst Leupold auch darin hervor, den derzeitigen Rektor der Universität, den Kirchenrechtler Godehard J. Ebers, zu beseitigen. Godehard J. Ebers wehrte sich gegen das an ihn herangetragene Ansinnen, zurückzutreten.

      Wohl um das Gesicht der Universität zu wahren, telephonierte der Prorektor Bruno Kuske nach Berlin, wenn man sich schon nicht der drohenden «Gleichschaltung» entziehen könne, so wäre es doch gut, dass alle Hochschulen gleichzeitig dem unterworfen würden. Das plante man natürlich schon längst in der Reichshauptstadt!

      Eine weitere wichtige Figur in der «Gleichschaltungs-Seilschaft» war Christian Eckert, der Doktorvater Peter Winkelnkempers, der sich ihm direkt anbiederte. Christian Eckert war, im Unterschied zu den anderen Genannten, antisemitisch eingestellt. (GOLCZEWSKI 1988, 67)

      Dem nationalismus-freundlichen Druck nachgebend, traten – gezwungener Massen die einen, freiwillig die anderen – am 11.4.1933 Rektor, Dekane und Senat geschlossen zurück und es wurden Neuwahlen durchgeführt, die nun ganz im Sinne der neuen Machthaber waren. Ernst Leupold wurde der neue Rektor der Universität zu Köln. (GOLCZEWSKI 1988, 70)

      Die «Gleichschaltung» hatte damit ohne jeden Widerstand stattgefunden, wenn man die zeitweilige Weigerung Ebers` ausser Betracht lässt. ... Aber es bleibt die Frage, warum es die Professoren den neuen Machthabern so leicht gemacht haben. (GOLCZEWSKI 1988, 70f) GOLCZEWSKI (1988) sieht einen der Gründe in den mehr oder minder verhüllten Androhungen, bei nicht willfährigem Verhalten, die Universität ganz zu schliessen. Die «Gleichschaltung» der Kölner Universität hatte natürlich Auswirkungen auf jene der anderen Universitäten, stellte sie doch nun eine Art Vorbild für diesen Prozess dar. Eine Woche später erging der «Gleichschaltungserlass» für alle preussischen Hochschulen. (GOLCZEWSKI 1988, 72)

      Auch wenn ein anderes Verhalten die «Gleichschaltung» der Universitäten nicht aufgehalten hätte – das Kölner Verhalten förderte sie und stellt so den damaligen Hochschulpolitikern ein deprimierendes Zeugnis aus. (Golczewski 1988, 73)

      4. Die Vor- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln 1923 – 1927

      4.1. Herbert Kühns Vorlesungen am Kunstwissenschaftlichen Institut – Habilitationsverfahren und Ernennung zum a.o. Professor

      Der erste Vertreter des Faches Vorgeschichte an der Universität zu Köln war Herbert Kühn, der im Rahmen des Kunstgeschichtlichen Institutes Vorlesungen zur Prähistorischen Kunst hielt, zuerst als Assistent am Institut für Kunstgeschichte, ab 1923 als Privatdozent.

      Bild 1: Herbert Kühn

      Herbert Kühn wurde 1890 als Sohn eines Postvorstehers im Ort Beelitz, in der Mark Brandenburg geboren. Er besuchte dort eine Privatschule und ab 1906 das Victoria- Gymnasium in Potsdam, wo er Anfang August 1914 das Reifezeugnis erwarb. (UAK Zug. 197/769)

      Nach einem kurzen Gastspiel als Kriegsfreiwilliger im Leibgrenadier Regiment Nr. 8 in Frankfurt an der Oder, das Herbert Kühn nach einigen Monaten wegen seines Herzfehlers verlassen konnte, studierte er Kunstgeschichte, Philosophie, Geschichte und Germanistik in Berlin, München und Jena.

      Am 28.2.1918 wurde Herbert Kühn in Jena mit der Arbeit über: «Die psychologischen Grundlagen des Stilwandels in der modernen Kunst.» promoviert. (UAK Zug.197/769)

      Nach dem Weltkrieg arbeitete er für verschiedene Redaktionen, bereitete sich auf eine akademische Laufbahn