Burkhard Simon

Der Kruse


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      Burkhard Simon

       DER KRUSE

      Mit besonderem Dank an Holger Säll, der nur durch das Ausdrücken erster Eindrücke seine Abdrücke hinterließ.

      DER KRUSE

      Eine menschliche Flipperkugel kämpft um ihr Freispiel

      _____

      Roman

      von

      Burkhard Simon

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      Impressum

      Texte: © by Burkhard Simon

      Umschlaggestaltung: © Copyright by Burkhard Simon

      Verlag: Burkhard Simon / Wolkendreher

      www.wolkendreher.de

      [email protected]

      Vertrieb: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

      Die in diesem Buch verwendeten Zitate entstammen der Internetseite Zitate.net.

      Bei den auf dem Cover verwendeten Grafiken handelt es sich um Downloads der Public-Domain-Page www.opencliparts.org. Es sind Werke, die ausdrücklich auch für kommerzielle Nutzung verfügbar gemacht wurden.

      Alle Personen und Handlungen in diesem Buch

      sind rein fiktional. Ähnlichkeiten mit tatsächlich lebenden Personen sind rein zufälliger Natur.

      Ähnlichkeiten sind es aber trotzdem.

      Prolog

      Hotel „König Josef“ in München

      23:45 Uhr

      ___

      Okay, ich schreibe ein Buch.

      Wie geht man ein solches Projekt wohl an?

      Ich meine: Ich schreibe ein Buch? Du lieber Himmel!

      Die größten Probleme bereitet man sich tatsächlich immer selbst. Das merke ich schon jetzt, dabei befinde ich mich gerade mal am Beginn der ersten Seite.

      Na ja, wahrscheinlich werden Sie Nachsicht mit mir haben, wenn ich mich ein wenig ungeschickt anstelle und auf den ersten paar Seiten leicht unbeholfen vor mich hin stammele. Sie kennen mich ja. Ich werde das schon hinkriegen. Ich kriege alles hin. Schließlich bin ich nicht irgendein Dumpfsack aus Rumpel an der Knatter. Ich bin das moralische Gewissen Deutschlands! Oder zumindest war ich es bis vor gut zwei Stunden. Oder bin ich es am Ende noch immer? Keine Ahnung. Könnte durchaus sein. Im Moment ist es schwer zu sagen. Vielleicht sehe ich morgen schon viel klarer. Mein momentaner Status was das angeht, dürfte ein wenig in der Schwebe hängen.

      Was ich sagen will, ist Folgendes: Ich habe in kürzester Zeit mehr erreicht, als ich es je für möglich gehalten hätte. Wie schwer kann es da schon sein, ein Buch zu schreiben? Noch dazu für einen Menschen in meiner Situation! Für Jemanden, der sich nichts ausdenken muss, weil er alles, was er niederzuschreiben gedenkt, selbst erlebt hat?

      Wissen Sie, ich möchte Ihnen erzählen, wie es wirklich war. Ich meine nicht die Hochglanzversion, ich meine die Wahrheit. Erinnern Sie sich noch an diesen Begriff und an das Prinzip, welches er verkörperte?

      Wahrheit?

      Die Älteren werden sich vielleicht erinnern, die Jüngeren wahrscheinlich nicht. Wahrheit war mal wichtig. Das war lange bevor wir uns freiwillig und ohne Not Dingen zuwandten, die plötzlich allein durch ihre Existenz eine gewisse Wichtigkeit erlangten. Eine Wichtigkeit, die niemals hinterfragt wird, obwohl sich das Hinterfragen sicherlich lohnen würde. Ich rede von Hirnfürzen, wie „alternativen Fakten“. Von Dingen, wie der Anzahl Ihrer Follower auf Instagram, Ihrer YouTube-Abonnenten, oder auch der komplett sinnfreien „Likes“ auf irgendwelchen Internetseiten.

      Ich rede von Wahrheit. Fotos auf Instagram, durch fünfzig Filter gejagt und vor dem Upload mit fünfzehn nahezu identischen Fotos verglichen um das Beste auszuwählen, hat mit Wahrheit nichts zu tun. Es hat etwas mit übersteigertem Selbstwertgefühl, finanziellen Interessen, Geltungsdrang, Oberflächlichkeit oder schlicht Mitläufertum zu tun. All das mag ein solches Foto widerspiegeln, die Wahrheit spiegelt es jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Wahrheit... Ein unkompliziertes, einfaches und doch über alle Maßen effektives Prinzip. Etwas ist entweder wahr oder es ist Blödsinn. Wenn es wahr ist, verdient es unsere Aufmerksamkeit, wenn es Blödsinn ist, sollte es auch wie Blödsinn behandelt werden. So einfach kann das Leben sein. Wie gesagt: Die Älteren werden sich erinnern.

      Sie wissen, es fällt mir wahrhaftig nicht schwer, literweise meinen hochinteressanten persönlichen Senf über Gott und die Welt und vor allem über unsere ach so zivilisierte Gesellschaft zu verschütten. Ich meine, schließlich kennen Sie mich als eloquenten Redner und Analysten. Allerdings macht sich in mir die Angst bemerkbar, dass zwischen dem Kommentieren des Tagesgeschehens und dem Erzählen meiner eigenen Geschichte – meiner ganz und gar persönlichen und eben auch wahren Geschichte – ein riesiger Unterschied besteht. Es ist irgendwie... näher an mir dran? Intimer? Persönlicher? Ich weiß nicht genau, wie ich es beschreiben soll.

      Tolle Voraussetzungen für einen wirklich gelungenen Start in mein neues Leben als gefeierter Buchautor, finden Sie nicht auch? Aber wie gesagt: Sie kennen mich. Ich kriege das schon irgendwie hin. Ich kriege alles hin.

      Ein Buch.

      Okay.

      Wie schwer kann das sein?

      Mir fällt gerade auf, dass meine ersten Sätze dessen, von dem ich hoffe, dass irgendwann einmal ein Buch daraus wird, einen kleinen aber tiefgreifenden Fehler enthalten: Ich schrieb, dass Sie mich kennen, und das sogar mehrmals. Und das ist Quatsch. Klar, jeder, der die letzten anderthalb Jahre nicht mit geschlossenen Augen und Stöpseln in den Ohren in einer Höhle verbracht hat, glaubt, mich zu kennen. Ich meine, Sie kennen natürlich den Fernseh- und Radiotypen, den Internetstar, den Kerl aus dem Frühstücksfernsehen, den geheimnisvoll dreinblickenden Promi auf dem Hochglanzumschlag Ihres wöchentlich erscheinenden Lieblingsblättchens, aber mich selbst, mich persönlich kennen Sie nicht. Sie nicht, ihr Nachbar nicht, ihr Facebook-Freund mit den lustigen Hundefotos nicht, und ich denke, dass selbst mein eigener Agent nicht die geringste Ahnung hat, mit wem er in letzter Zeit wirklich seine Brötchen verdient hat.

      Sie wissen, wer ich bin, doch Sie kennen mich nicht. (Oder sollte ich vielleicht besser schreiben, dass Sie mich kennen, aber nicht wissen, wer ich bin? Knifflig...)

      Gütiger Himmel, und ich will ein Buch schreiben?

      Ja. Obwohl ich fürchte, dass der Versuch, Ihnen zu erklären, was tatsächlich vorgefallen ist, wie sich in Wirklichkeit die Dinge ereigneten, die während der letzten Monate Ihre Presse und Social Media auf Trab gehalten haben, ein ganz schöner Kampf werden könnte, möchte ich den Versuch starten. Und wenn es sich tatsächlich als Kampf herausstellen sollte, dann haben Sie mein Wort: Ich habe vor, ihn zu gewinnen.

      Also noch einmal von vorn: Wie soll ich diese Sache angehen? Einen Anfang für einen Anfang finden?

      Nun, zunächst möchte ich Sie auf eine Tatsache hinweisen, die Ihnen wahrscheinlich schon beim Lesen der ersten Seiten klargeworden sein dürfte. Ich mache das hier zum ersten Mal und bin entsprechend nervös. Ich bin nämlich beileibe kein Schriftsteller. Anhand der Ereignisse der letzten Zeit mögen Sie das vielleicht denken, aber auch was das angeht, sind Sie schief gewickelt. Auch, wenn Sie mich als Star kennen, bin ich von Hause aus eigentlich Buchhalter.

      Lohnbuchhalter, um genau zu sein.

      Ich denke, ich bin es tief in mir drin noch immer. Manche Menschen behaupten ja gerne, dass man den Genauigkeitsfanatiker, den Erbsen zählenden Kontrollfreak und Pedanten nie mehr aus einem Menschen herausbekommt, wenn er diesen Weg erst mal eingeschlagen hat. Über die Richtigkeit dieser Vermutung soll die Nachwelt entscheiden. Es ist mir so egal