Dieter Hentzschel

Achterbahn in die Hölle...


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Stühle.

      Und darauf saßen die zwei vor mir verschwundenen jungen Leute. Ich blinzelte in das fahle Licht. Die beiden waren an die Stühle gefesselt. Sie starrten mich mit weit aufgerissenen Augen an. Mein Adamsapfel hüpfte vernehmlich. Es lief mir eiskalt den Rücken runter. Automatisch suchte mein Unterbewußtsein nach einem Fluchtweg. Ich drehte mich um, aber da stand nur der Pickupfahrer und die Metalltür war jetzt geschloßen. Der zweite Hüne wandte sich jetzt mit schnarrender Stimme an mich: "Kennst du diese beiden?"

      Ich schüttelte den Kopf.

      "Umso besser."

      "Was wollen sie von mir?", fragte ich. Meine Stimme war mehr krächzend als bestimmt. "Und was wollen sie von den beiden?", legte ich trotzdem nach. Die Irrationalität meines Hierseins wurde mir in diesem Augenblick wieder bewußt. Es mußte ein Traum sein. Eine harmlose Achterbahnfahrt und plötzlich in eine anderen Welt geschleudert (Parallelwelt?).

      "Diese beiden da", und damit zeigte der Schrank auf die Gefesselten , "sind nicht so harmlos wie sie aussehen. Das Bürschen da und seine Freundin haben ein Attentat geplant."

      "Wa...was für ein Attentat?"

      "Ein Attentat auf die Premierministerin."

      Ich sah die beiden Gefesselten an und mußte lachen.

      "Das ist ein Witz, oder?"

      "Mitnichten. Das sind zwei fanatische Terroristen. Umgepolt in einem anderen Land. Seit zwei Jahren planen sie das Attentat und haben dabei kräftige Unterstützung. Das ist ja gerade der Trick dabei. Niemand würde diese beiden harmlosen jungen Leute verdächtigen."

      Ich konnte es nicht glauben. Diese zwei verängstigten Jugendlichen. Was ging hier wirklich vor? Was war das für ein Theater? Und was hatte ich damit zu tun? Und was hatte ein Rummelplatz damit zu tun auf dem Leute verschwanden? Laut sagte ich deshalb: "Ich glaube ihnen kein Wort. Niemand kann Leute aus einer Achterbahn ver-

      schwinden lassen. Das ergibt alles keinen Sinn. Sagen sie mir endlich wer sie sind, wo wir hier sind und was sie von mir wollen. Und außerdem, der Typ hinter mir sieht nicht gerade aus als gehörte er einer Organisation an, die die Premierministerin schützt."

      Der militärisch gekleidete vor mir fixierte mich kurz und erwiderte dann: "Du stellst ein paar Fragen zu viel. Dafür bist du nicht in der entsprechenden Position. Was wir von dir wollen ist ganz einfach. Du wirst die beiden jungen Leute aufhalten. Nach deiner Rückkehr versteht sich."

      ??? Jetzt verstand ich überhaupt nichts mehr. Das erste was ich nach einer Weile hervorbrachte war: "Und warum erledigt ihr das alles nicht selber? Und außerdem sind die beiden da ja jetzt gewarnt."

      "Sie werden nichts von ihrer Anwesenheit hier wissen. Und wir können die beiden in der Realität auch nicht aufhalten. Das was hier vor dir sitzt sind nur zwei Kopien.

      Und die bleiben hier. Außerdem wollen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht körperlich in euere Welt eindringen."

      Was meinte er damit? Langsam wurde es mir zu bunt.

      "Aber ich weiß dann doch noch alles über meinen Aufenthalt hier?"

      "Deshalb bist du hier. Damit wir dich entsprechend programmieren. "

      "Und ich bin wohl auch eine Kopie?"

      "So ist es. Aber nach deiner Rückkehr wirst du wieder du selbst sein. Allerdings wirst du über deine Aufgabe Bescheid wissen und die beiden da kennst du ja jetzt."

      Es war verrückt. Wie konnte man Personen aus einer Achterbahn verschwinden lassen bzw. eine Kopie davon?

      Ich hatte doch die beiden jungen Leute real auch nicht mehr gesehen nach ihrem Verschwinden.

      "Zerbrich dir nicht den Kopf darüber wie das alles möglich ist."

      Die konnten meine Gedanken lesen.

      "Und jetzt werden wir dich genau instruieren."

      Bevor ich mich an die beiden Gefangenen wenden konnte um ihnen möglichst fies zu sagen, was sie mir da eingebrockt hatten, waren die Stühle vor mir leer.

      "Also pass auf..."

      "Moment mal. Ich habe da eine Frage an. Oder vielleicht auch mehrere. Ich bin nur kleiner Angestellter in einer Versicherung. Ich kann keine Terroristen aufhalten. Warum holen sie sich da nicht professionelle Hilfe. Holen sie sich Profis. Und was interessiert euch eigentlich unsere Premierministerin?"

      "Deine letzte Frage zuerst. Weil sie eine von uns ist."

      Ich schluckte. "Was? Was heißt das eine von uns? Wer seid ihr überhaupt? Aliens? Habt ihr uns etwa schon übernommen?"

      "Da liegst du gar nicht so falsch. Es ist an der Zeit diesen Planeten in Ordnung zu bringen. Andernfalls geht ihr unter. Und die geplante Aktion muß so unauffällig wie möglich erfolgen. Du kannst dich dann als großer Held feiern lassen der durch Zufall ein Attentat verhindert hat. Und es ist noch nicht an der Zeit dass wir direkt auftreten.. Wie sagt ihr doch so schön: >Gut Ding will Weile haben.< Die Antwort lautet also: Hilfe durch Profis würde zuviel Aufsehen erregen. Und solche Leute müßten wir danach verschwinden lassen. Nicht gut."

      Mich schwindelte. Ich ging zu einem der Stühle und setzte mich um gleich darauf wieder aufzuspringen. Vielleicht saß ich einem Geist auf dem Schoß. Der Große vor mir grinste ein wenig. Und dann erklärte er mir wie alles ablaufen würde und was ich zu tun hatte.

      Und dann mein letzter Versuch: "Was wenn ich das nicht tun will?"

      "Dann wirst du deinen Vater nie wieder sehen!"

      Vertrautes rattern. Ein Ruck. Und eine halbe Sekunde später blendendes Tageslicht. Der Zug schoss aus dem Tunnel und wurde im nächsten Augenblick hart abge-

      bremst. Mein Kopf knallte an die Nackenstütze. Die Haltebügel lösten sich und ich stieg mit den anderen Passagieren aus, deren Erregung über die irre Fahrt sich in Gelächter und hektischen Gesten ausdrückte. Und ich spürte eine gewaltige Erleichterung. Ein Traum, alles nur ein Traum, der sich im Dunkel des Tunnels in Millisekunden in meinem Kopf abgespielt hatte. Mit weichen Knien strebte ich dem Ausgang zu. Und dann der Schock.

      Die zwei jungen Leute, Terroristen wie ich wußte, standen vor dem riesigen Gerippe der Bahn und leckten genüßlich ein Eis. Da standen sie, unschuldig, als könnten sie keiner Fliege etwas zuleide tun. Zwei Kopien hatten sie sich geschnappt? Das war verrückt. Ich glotzte sie aus etwa zehn Metern Entfernung an. War in eine regelrechte Schockstarre verfallen.

      Schnell wandte ich den Blick ab, bevor sie auf mich aufmerksam wurden. Hier, in der unbeschwerten Realität eines Rummelplatzes kamen mir gewaltige Zweifel. Zweifel ob ich wirklich von ein paar Wüstenkriegern entführt und für einen bizarren Einsatz instruiert worden war. Nun war ich bestimmt kein Kandidat für ausufernde Phantasie oder andauernde Albträume. Das kam bei mir eher selten vor. Meine Kindheit war behütet gewesen und mein Vater hatte mir bei schwierigen Entscheidungungen in meinem Leben, beigestanden. Niemand hatte mich geschlagen oder sonstwie psychischem oder physischem Druck ausgesetzt. Ja, Schulhofschlägereien. Das hatte es gegeben. Aber ich hatte mich immer gleichwertig geschlagen und war nicht Opferlamm gewesen.

      Es waren ja noch ein paar Tage bis zum öffentlichen Auftritt der Premierministerin. Noch ein verstohlener Blick auf meine Kandidaten. Ich schüttelte den Kopf und ging schnell meines Weges, bevor ich auffiel. Ich brauchte die beiden nicht zu beschatten, denn ich wußte ja genau Ort und Zeit, wo sie beabsichtigten zuzuschlagen. Dennoch überkam mich eine Ahnung, dass dies vielleicht doch keine leichte Aufgabe sein könnte. Was wenn ich sie zwischen den Menschenmassen nicht schnell genug entdeckte? Wenn sie ihr Ziel erreichten.

      WAS WÜRDEN SIE MEINEM VATER DANN ANTUN?

      Aufmerksam verfolgte ich in den kommenden Tagen die Presseberichte über die bevorstehende jährliche Parade. Es ging bei diesem Spektakel um die Erinnerung an einen siegreichen Feldzug auf einer fernen Inselgruppe. Dabei hatte es allerdings eine große Anzahl getöteter, eigenner Soldaten gegeben. Was mit großem Schlachtgetöse und Hurra begonnen hatte war zu einem Horrortrip geworden. Ein noch so großer