Agnes M. Holdborg

Sonnenwarm und Regensanft - Band 4


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in Ord­nung, An­na?«, fra­ge Vik­tor be­sorgt.

      »Hhm?« Sie schüt­tel­te sich, so, als wä­re sie noch nicht rich­tig wach. »Ja … Hhm … Ja, ich hab ge­träumt. Hab ich dich ge­weckt? Hab ich et­wa ge­schri­en?«

      »Nein, ich hab noch gar nicht ge­schla­fen. Du warst furcht­bar un­ru­hig. Es wirk­te fast so, als woll­test du vor et­was da­von­lau­fen. Ist denn wirk­lich al­les in Ord­nung?«

      … Vik­tor fand sei­ne Sor­ge durch­aus be­rech­tigt. An­na hat­te ihm er­zählt, dass sie frü­her nie­mals Alb­träu­me ge­habt hät­te. Erst seit sie näch­te­lang von Ka­na mit fürch­ter­li­chen Träu­men ge­quält wor­den war, wur­de sie im­mer wie­der da­von heim­ge­sucht, selbst nach Ka­nas Tod. Wei­ter­hin schli­chen sich in vie­len Näch­ten fie­se, häss­li­che Sze­na­ri­en und Fi­gu­ren in An­nas Schlaf, die ihr gro­ße Furcht be­rei­te­ten. Oft hat­te Vik­tor sie nur vor­sich­tig in sei­nen Ar­men zu wie­gen brau­chen, um sie da­von zu be­frei­en.

      Jens hat­te ihm vor Kur­z­em be­rich­tet, dass auch er mit­be­kam, wie An­na häu­fig schlecht träum­te, wenn sie zu Hau­se war. Dann hol­te er sie, meist ge­mein­sam mit Le­na, be­hut­sam aus ih­ren Ängs­ten, oh­ne dass An­na et­was da­von be­merk­te. …

      »Was hast du ge­träumt?«, woll­te Vik­tor wis­sen. »Er­zähl‘s mir.«

      »Nichts.«

      »An­na.«

      Sie seufz­te schwer und brach­te ihn da­mit zum La­chen, da er wuss­te, dass sie gar nicht da­zu in der La­ge war, ih­ren Traum vor ihm zu ver­ber­gen, selbst wenn sie es ver­su­chen wür­de. Wie er­war­tet ließ sie ihn kur­zer­hand men­tal dar­an teil­ha­ben. Al­ler­dings spür­te Vik­tor im­mer häu­fi­ger, wie sie Tei­le ih­res Geis­tes vor ihm ver­barg, was ihr gu­tes Recht war, so mein­te er.

      »Ich weiß nicht, was das zu be­deu­ten hat, Vik­tor. – Lau­ter blöd­sin­ni­ges Zeug. Mein Kopf hat manch­mal ei­ne wirk­lich ko­mi­sche Art, mir den Schlaf zu ver­der­ben.«

      »Tja, und weil das dei­nen Schlaf seit so lan­ger Zeit re­gel­mä­ßig stört, wer­den wir mit Lo­a­na und Vi­tus dar­über re­den müs­sen. Viel­leicht kann Lo­a­na was tun, um sol­che Träu­me ab­zu­wen­den. Viel­leicht hat sie ja ein Kraut da­ge­gen. So was wie Jec­tam, oder so.«

      »Mit Jec­tam fin­de ich be­stimmt über­haupt kei­nen Schlaf«, ki­cher­te An­na und ku­schel­te sich an Vik­tor.

      »Kannst du denn schla­fen?«

      »Ich muss jetzt schla­fen, Vik­tor. Ich muss mor­gen früh raus. Selbst wenn du mich fährst, dau­ert es ei­ne gan­ze Wei­le, bis ich in Kai­sers­werth bin, weil wir ja vor­her noch bei mir zu Hau­se vor­bei­müs­sen, um mei­ne Schul­sa­chen zu ho­len. Und nach der Schu­le hab ich Fahr­stun­de und …«

      An­na kniff arg­wöh­nisch die Au­gen zu­sam­men. »Du denkst bei dem Ge­dan­ken an Jec­tam gleich wie­der an das Ei­ne, stimmt‘s?«

      Vik­tor schüt­tel­te la­chend den Kopf. »Ich den­ke na­tür­lich im­mer an das Ei­ne. Da­zu brau­che ich nun wirk­lich kein Jec­tam. Das heißt aber noch lan­ge nicht, dass ich das Ei­ne auch die gan­ze Zeit tun will, Klei­nes.«

      Schlag­ar­tig wur­de er ernst. »Nein, ich woll­te mit dir über heu­te Abend spre­chen. Es brennt mir auf der See­le und raubt mir den Schlaf.«

      »Vik­tor, nicht.«

      »Es ist mir wich­tig, An­na. Ich möch­te es dir er­klä­ren. Du bist in Ke­tus Ar­men ein­ge­schla­fen. Er konn­te dich trös­ten und be­ru­hi­gen. Da­für bin ich ihm zwar äu­ßerst dank­bar, trotz­dem wä­re das mei­ne Auf­ga­be ge­we­sen. Ge­nau­so, wie ich dir das al­les hät­te er­zäh­len müs­sen, an­statt Vik­to­ria.«

      »Okay, dann schieß los. Aber ich will dir zu­erst sa­gen, dass ich über­re­a­giert ha­be, als Estra von an­de­ren Frau­en ge­spro­chen hat. Das war al­les vor un­se­rer ge­mein­sa­men Zeit und geht mich ei­gent­lich gar nichts an. Statt­des­sen ha­be ich Vik­to­ria, Vi­tus und dir weh­ge­tan. Das woll­te ich nicht.«

      »Na­tür­lich woll­test du das nicht. Du konn­test das ja gar nicht wis­sen. Kei­ner macht dir einen Vor­wurf. Ich wer­de dir jetzt auch nicht je­den Win­kel mei­ner Ver­gan­gen­heit of­fen­ba­ren, denn ich bin dir tat­säch­lich kei­ne Re­chen­schaft schul­dig. Den­noch will ich dir un­be­dingt er­klä­ren, war­um ich dir so gar nichts dar­über er­zählt ha­be.«

      »Das hat Vik­to­ria doch schon ge­tan.«

      »Si­cher hat sie das. Nur für mich gibt es noch einen Grund, war­um ich dir nichts ge­sagt ha­be, An­na. Ich hat­te näm­lich Angst, du könn­test mich we­gen der Sa­che ver­ur­tei­len. Ich hat­te Angst, du könn­test schlecht über mich den­ken. Ich bin schließ­lich dein ers­ter Freund. Du warst noch Jung­frau, als wir zu­sam­men­ka­men. Und ich … Al­so ver­steh mich bit­te nicht falsch. Ich ha­be nicht pau­sen­los ir­gend­wel­che Mä­dels ver­führt. Al­ler­dings hat­te ich so ei­ni­ge kurz­wei­li­ge Be­kannt­schaf­ten. Mit man­chen war ich auch im Bett.« Vik­tor schau­te An­na in die Au­gen.

      »Aber ich ha­be kei­ner et­was vor­ge­macht, von we­gen Lie­be oder so, glaub mir bit­te. Das ist nicht mei­ne Art, nie­mals. Ich ha­be im­mer von vorn­her­ein zu ver­ste­hen ge­ge­ben, dass ich kein Typ für ei­ne fes­te Be­zie­hung bin. Au­ßer bei dir. Bei dir ist al­les ganz an­ders. Bei dir ist es haar­ge­nau so, wie Vik­to­ria es dir er­zählt hat. Haar­ge­nau.«

      An­na sah ihn lie­be­voll an. »Es ist mir so­wie­so nie in den Sinn ge­kom­men, dass du ein fie­ser Auf­rei­ßer ge­we­sen sein könn­test. Mehr will ich dar­über gar nicht wis­sen, Vik­tor. Ich den­ke nie­mals schlecht von dir, kei­ne Ban­ge.«

      Et­was Grim­mi­ges schlich sich in ih­ren Blick. »Im Nach­hin­ein bin ich eher auf mich sel­ber sau­er. Du warst acht­zehn, als wir uns ken­nen­ge­lernt ha­ben. Für El­fen und wohl auch für Hal­bel­fen ist das schließ­lich ein rei­fes Al­ter. Ich kom­me mir so blöd vor, weil ich mir kei­ne Ge­dan­ken über Vor­gän­ge­rin­nen ge­macht und tat­säch­lich ge­dacht ha­be, ich sei dei­ne ers­te Freun­din. Das …«

      »Stopp!«, un­ter­brach Vik­tor sie schnell. »Du hast im­mer noch nicht rich­tig be­grif­fen, Klei­nes. Es gab zwar Frau­en vor dir, ja. Aber du hat­test mit Si­cher­heit kei­ne Vor­gän­ge­rin­nen, denn du bist mei­ne ers­te Freun­din. Nur du und sonst kei­ne. Das musst du un­be­dingt ver­ste­hen.«

      Er zog sie nah zu sich her­an. »So, und jetzt schlaf, mei­ne Sü­ße.« Vik­tor lösch­te das Licht. Nun wür­de er end­lich selbst Schlaf fin­den.

      »Ich lie­be dich, ers­ter und ein­zi­ger Freund.«

      »Ich lie­be dich, mei­ne ers­te und ein­zi­ge Freun­din, für im­mer.«

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