Westafrika
Verzehr: Gekocht
(c) Patrick Grace unter CC Lizenz
Im Grunde sollten wir dem Ackee-Baum dankbar sein: Er zwingt uns dazu, seine Früchte genau dann zu essen, wenn sie die perfekte Reife erreicht haben: nämlich wenn sie sich öffnen und drei große schwarze Kerne entblößen, die von weichem Fruchtfleisch umgeben sind. Allerdings sind seine pädagogischen Methoden ein wenig brachial. Isst man Akkee nämlich unreif oder überreif oder den falschen Teil der Frucht, vergiftet man sich selbst.
Im harmlosen Fall verursacht die sogenannte Jamaican vomiting sickness (jamaikanische Kotz-Krankheit) einfach nur das: zwei bis sechs Stunden nach Verzehr kommt das Ganze oben schwallartig wieder heraus. Hat man viele Früchte gegessen oder handelt es sich bei dem Patienten um ein Kind oder einen geschwächten Menschen, kann der Brechreiz jedoch bis zum Koma und Tod führen. Wie viele Menschen diese Erfahrung machen mussten, bis sich Ackee and Saltfisch (Ackee mit gepökeltem Kabeljau) zum Nationalgericht entwickelt hat, ist nicht überliefert. Vielleicht kam dieses Wissen auch schon zusammen mit der Frucht (vermutlich auf einem Sklavenschiff) aus Westafrika auf die Karibikinsel.
Die Wahrscheinlichkeit, sich beim Verzehr dieses Gerichts zu vergiften, ist zum Glück nicht besonders groß. Die meisten Einheimischen wissen, wie sie mit der Frucht umzugehen haben, und im Ausland erhält man sie ohnehin nur in der Konservenbüchse, wo die Gefahr bereits gebannt ist. Heikel wird es allerdings, wenn Uneingeweihte Jamaika besuchen und die appetitlich aussehenden, birnenförmigen, hellroten bis gelb-orangefarbenen Früchte am Baum entdecken.
Richtig zubereitet, ist das herzhafte Frühstück jedoch äußerst nahrhaft und recht gesund. Der essbare Teil der Ackee ähnelt dem der Avocado: Es ist weich, cremefarben bis gelblich-weiß und reich an Eisen, Vitaminen, Calcium und ungesättigten Fettsäuren. Zusammen mit dem über Nacht in Wasser eingeweichten und zerkleinerten Pökelfisch, mit gehackten Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten und Kräutern wird es in der Pfanne gebraten und zum Beispiel mit Yamswurzel, grüner Banane und jamaikanischen Klößen gegessen. Lässt man den Fisch weg, wird daraus plötzlich ein Überraschungsgericht für Veganer: Die gebratene Ackee erinnert nämlich an Rührei.
7 Baklava: Mokka und Zuckerschock zum Dessert
Name: Baklava
Region: Naher Osten, Balkanhalbinsel
Verzehr: Gebacken
(c) Joe Lanman unter CC Lizenz
Es gibt süßes Gebäck, es gibt sehr süßes Gebäck – und es gibt Baklava: eine Kalorienbombe aus Butter und Zucker (oder Honig), bestreut mit gehackten Nüssen, die von hauchdünnem Teig zusammengehalten wird. Wer die vermeintlich kleinen Happen zum ersten Mal angeboten bekommt, wird nur ein oder zwei Bissen schaffen, bevor er einen schweren Zuckerschock erleidet. Und auch das ist nur schaffbar, wenn kräftig mit rabenschwarzem Mokka nachgespült wird.
Fragt man einen Türken, Griechen, Armenier, Aserbaidschaner, Araber oder Perser, aus welchem Land Baklava ursprünglich stammt, wird man mindestens sechs verschiedene Antworten erhalten. Auf die oben genannten Basiszutaten können sich alle gerade noch so einigen, die Kür sieht jedoch in jeder Region anders aus: Mal wird Rosenwasser verwendet, mal mit Zitronensaft und Zimt abgeschmeckt, die einen bevorzugen gehackte Pistazien und Mandeln, die anderen Walnüsse.
Und es gibt einen heißen Wettbewerb darum, wer den Teig am dünnsten auszurollen schafft und die meisten Schichten übereinanderstapelt. In der Gegend um Gaziantep, wo es die besten Baklava-Konditoren der Türkei geben soll, liegt die Messlatte ziemlich hoch: Durch den Teig hindurch muss man eine Zeitung lesen können.
Der Unterschied zum in Deutschland bekannten Blätterteig liegt darin, dass letzterer mit viel Butter zubereitet wird, während der für Baklava verwendete Filoteig zunächst nur aus Wasser, Mehl und etwas Öl besteht. Wenn der Bäcker ihn in die Form schichtet, wird er jedoch umso großzügiger mit geschmolzener Butter bestrichen und nach dem Backen noch einmal mit reichlich Sirup übergossen.
Legenden zufolge gibt es trotzdem eine Verbindung zwischen beiden: Die türkischen Belagerer sollen den Filoteig 1529 mit nach Wien gebracht haben, wo weltoffene Konditoren sofort das Potenzial erkannten und Apfelstrudel daraus machten. Österreichische Hausfrauen dürften die Entstehungsgeschichte ein wenig anders erzählen. Der Duden definiert Baklava trotzdem einfach mal als »stark ölhaltiges, türkisches Strudelgebäck«.
Wer mit der orientalischen Süßspeise aufgewachsen ist, verfügt bereits über eine Zuckertoleranzgrenze, die einen uneingeschränkten Baklava-Genuss ermöglicht. Trotzdem gilt es, das richtige Maß zu finden: Ein paar Speckröllchen dürfen es gerne sein, die braucht man schließlich auch zum Bauchtanzen. Diabetes hingegen braucht kein Mensch. Kluge Konditoren haben deshalb sogar eine Diät-Variante des Gebäcks entwickelt. Ob die aber wirklich genauso gut schmeckt? Vielleicht ist doch die Touristen-Variante gar nicht so dumm: Zwei Bissen auf der Zunge zergehen lassen, dann ist der Kanal voll.
8 Gazpacho: Kalte Suppe für heiße Sommertage
Name: Gazpacho
Region: Spanien
Verzehr: Kalt gelöffelte oder getrunkene Suppe
(c) Marco Verch unter CC Lizenz
Gazpacho – davon hat der eine oder andere deutsche Spanienurlauber schon mal gehört und sie womöglich auch schon vor Ort probiert. Falls Sie noch nicht die Gelegenheit hatten: Bitte nicht verwechseln mit dem, was hiesige Kochzeitschriften manchmal anbieten! Die fassen den Begriff gerne ein bisschen weiter und jubeln dem ahnungslosen Leser Rezepte für Kaltschalen als hochsommerliches Spanien-Special unter. »Gazpacho«, das klingt doch gleich viel rassiger.
Probiert man den Suppenklassiker, der eigentlich Gazpacho Andalus heißt, in seinem Heimatland, unterlaufen einem leicht zwei peinliche Fehler. Irrtum Nummer eins: Das Gericht ist nicht kalt, weil der Kellner es auf dem Küchentresen vergessen hat, sondern weil es aus rohem, püriertem Gemüse zubereitet wird. Die Suppe war also noch nie heiß. Es soll tatsächlich Menschen geben, die sich deswegen schon beschwert haben. Warm wird sie höchstens, wenn der Camarero sie tatsächlich nicht schnell genug an den Tisch bringt, schließlich isst man sie bevorzugt im Hochsommer, wenn es im Süden Spaniens Temperaturen hat, die dieser Region den Spitznamen »Die Pfanne« eingebracht haben.
Fettnäpfchen Nummer zwei: Die spanische Aussprache. In den Namen der Gemüsesuppe verirrt sich bei der Bestellung bitte kein Katzen-Z, sondern höchstens ein scharf gesprochenes Gassen-S. Profis lispeln an Stelle des z ein Englisches th, aber die damit einhergehende, meist feuchte Aussprache ist ja auch nicht jedermanns Sache.
Gazpacho gilt als so spanisch wie Paella oder Stierkampf, vermutlich aber basiert das Rezept auf einer kalten Suppe, die die maurischen Besatzer im Mittelalter aus Nordafrika nach Al Andalus mitbrachten. Die Grundzutaten – Knoblauch, Olivenöl, Essig, Salz, Pfeffer, Brotbröckchen und Wasser – sind bis heute dieselben. Im Laufe der Jahrhunderte haben die spanischen Bauern, die sie als simple aber sättigende Mahlzeit für sich entdeckten, jedoch verändert. Zuerst kamen vermutlich Gurken hinzu, die bereits seit der Zeit als römische Provinz in Spanien bekannt waren, und mit der Entdeckung der Neuen Welt dann auch Tomaten und Paprika, die die Conquistadores auf ihren Schiffen mit zurück in die Heimat brachten.
Wer also bislang dachte, grüne Smoothies seien neumodischer Blödsinn, den sich irgendwelche New Age Hippies oder Diät-Gurus ausgedacht haben, lag völlig falsch. Zuerst waren es die spanischen Campesinos, die die pikante Sommerfrische während der Feldarbeit in den heißen Monaten