href="#u4c852bfb-5472-5c1b-be76-7becae637a0e">Proletarier
Weihrauch anstelle eines Spiegels
Vorwort
**irgendwo/**irgendwann/**irgendwie
Lieber Josef
Dir ist dieses Buch gewidmet. Nicht weil der Verfasser es so will, nicht weil du gefragt wurdest, nicht weil ich dich kenne. Sondern einzig aus dem Grund, weil du...
Was immer ich erlebt habe von alle dem, was hier geschrieben steht. Was immer für Abbildungen gewählt wurden, um es zu illustrieren oder mich zu desillusionieren... Nie hab ich mich dir nur auf Sichtweite genähert. Nie hab ich ungefähr getroffen, wie du wirklich bist. Oder wie es sich verhält, wenn du die unsichtbaren Moleküle das Tanzen lehrst, sobald du in den Raum trittst.
Ich entbehre dich schmerzlich; ich habe dich zu kurz. Du bleibst unfassbar, frei – wie ich dich beneide! Und einsam?
Dies ist also einzig der Grund, weshalb dir dieses Buch gewidmet ist. Weil du niemandem nur Gott gehörst, ja nicht einmal dir selber, obwohl du in dir atmest, dich in dir bewegst, dich zu dir hin begibst, und immer da bist - ganz weit weg. Und weil mit dir immer alles so paradox gewesen ist, deshalb soll dir dieses Buch gehören. Hab Nachsicht mit ihm. Es ist voller Mängel. Kein Wunder, allein und ohne dein Wissen.
Aber damit uns doch etwas gemeinsam ist, hab ich dir seinen Namen gegeben.
Mein Animus
Abfärben
S lag lange da, schwer wie ein Bilderhaus, wie ein riesiges Gemälde, welches anzusehen mich froh machte. Er stellte mir pragmatische, auf tätiges Handeln hin orientierte Fragen, auf die ich nur indirekt über die Bilder zu entgegnen wusste, was er nicht verstand. Ich habe dann versucht, ihn an einen fruchtbaren Ort zu bringen, wo pragmatische Menschen leben. Ich band mir seine schweren Glieder um, aber er war zu gross und wir fielen beide hin. Wieder versuchte ich ihn eine Strecke zu tragen, ich spürte auf mir die Segensstellen, die auf dem Gemälde wie eine Öffnung gegen das Unendliche ausgesehen haben, und es gab mir Kraft. Dennoch konnte ich mit meiner Postur wenig ausrichten. Da merkte ich, wie er von mir hinabgeglitten war und auf eigenen Füssen ging, ja mich dabei unter den Arm genommen hat und trug. All seine Bilder färbten so auf mich; sie öffneten mir das Herz und machten mich weit wie das Land.
“Adventsnacht”
Lieber Pater K
Darf ich Ihnen wieder einmal schreiben? Ich schreibe Ihnen öfters, ohne dass Sie es wissen, und richte meine Tagebucheinträge an Sie.
Im Moment beschäftigt mich so vieles. Mein Inneres ist aufgewühlt, wie schon oft in meiner Vergangenheit. Darf ich Ihnen die Umstände schildern?
Die Crux der ganzen Geschichte ist die Liebe. Eben bin ich einem Menschen wieder-begegnet, der mir bewusst macht, wie ausgehungert ich mich beziehungsmässig fühle. Und das obwohl ich nun schon seit einigen Jahren enge Freundschaften pflege. Dieser Mann, er kommt aus Bulgarien, hat mir auch weniger einen gegenwärtigen Stand aufgezeichnet als vielmehr ein Defizit, welches ich seit früher Kindheit entwickelt habe. Er spiegelt mir so sehr die Fülle eines satten Beziehungsbedürfnisses, dass seine Ausstrahlung mich richtiggehend überflutet und ich kaum nach Luft schnappen kann. Dabei ist nichts anderes zwischen uns vorgefallen als eine Wiederbegegnung ohne Berührung.
Vor ungefähr zwei Jahren, ich müsste im Tagebuch zurückblättern um den genauen Zeitpunkt auszumachen, hat er seine Anstellung in der Klinik begonnen. Ich erinnere mich an jene Pause, die ich mit einem Teamkollegen im Garten der Cafeteria verbracht habe – und er entfernt allein unter