Tabea Thomson

BEYOND – Eine andere Wirklichkeit


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indes begutachtete den Vertrag. Jedes zuvor von Peshk zugesichertes Detail wie Freiheit, Gewinnbeteiligung, obenauf ein Quartier, ein eigenes Shuttle, pünktlich zum Monatsersten erfolgt die Heuer Auszahlung in echten Agamenon Streifen, wurden zugesichert. – Verschlagen grienend unterzeichnete er den Vertrag.

      Acht Stunden später stand Captain Delune auf dem Deckboden an Bord des freien Handelsraumschiffes Visitor α U P. Der restliche Tag bleibt ihm für ewig in Erinnerung. Was nicht nur daran lag, weil er das Opfer einer Reihe von unschönen Verwicklungen wurde, die ihn sogar kurzzeitig in eine Arrestzelle einquartierten. Sondern auch an den merkwürdigen Befehlen, die bei seinem verspäteten Dienstantritt auf dem Schreibtisch lagen. Auf einem echten Papierblatt stand geschrieben:

       1. Nur in dem zugewiesenen Teil der Visitor ist Ihr Aufenthalt erlaubt.

       2. Mit niemand über den anderen Visitor Bereich reden.

       3. Niemals mit anderen über ihre Aktivitäten im Untergrund reden.

      Delune nahm an: Im anderen Teil lagert Schmugglerware. Je weniger er wusste, umso sicherer ist er vor der U P C. Das kam ihm entgegen. Mit deren Vertretern vom vulkanischen Säuberungskomitee wollte er unter keinen Umständen nochmals aneinandergeraten.

      Wochen später entdeckte er im Bordbuch, das im Trockendock angefertigt wurde, etwas abnormales. Entgegen der Aussage vom Boss währte die Liegezeit der Visitor α UP schon über drei Jahre. Und von all den kaum zu bewältigenden Aufträgen fand Delune weit und breit keine Notiz. Für sein Verständnis war das, mit dem unbeweglich im Trockendock abhängen, für ein Handelsraumschiff ungewöhnlich. Es sei denn: Es handelt sich bei den unzähligen noch zu erledigenden Reparaturarbeiten um ein Ablenkungsmanöver. Kurzum was sich in Wahrheit dahinter verbarg, ließ Delune keine ruhige Minute. Doch, wo immer er ansetzte, es endete stets in einer Sackgasse. Allerdings seit Kurzem erhält er Unterstützung vom Aiws Butler seines Freundes Sorel Gwen.

      Aiws Sprite teilte ihm mit: Vor der Privatisierung hieß das Raumschiff – Viator. Es war einst das Flaggschiff der U P C. Es wurde zu einem billigen Massentourismus Domizil umgebaut. Es verkam zusehends und landete schließlich in einem Raumdock auf der Erdenmond Rückseite. Zuletzt wurde es dort zur Kadettenausbildung genutzt.

      In dem Zusammenhang hatte Delune schon so manch unschönes gehört. Es ging dabei um den Captain und den überwiegenden Teil der Ausbilder.

      Der Viator selbst eilten die Beinamen "Jupaa Schaukel oder Captains schnell Wirker" und dergleichen voraus.

      Die letzten zwei Captains wiederum thronten nicht lange im Chefsessel. Was nicht verwundert, der erste Captain war dem Drogenkonsum sehr zugetan. Von dem, was die missratenen Ausbilder an Bord mit den Kadetten für fiese Spielchen trieben, bekam er im andauernden Drogenrausch nichts mit. Und wenn doch, war seine Reaktion unberechenbar. Anfangs zitterten die Kadetten vor ihm, jedoch als er ein junges Leben einfach so zum Vergnügen auslöschte, mixten sie ihm was Stärkeres in den nächsten Schuss. … –

      Der Nachfolger Captain Klix, ein Schläger und Säufer, malträtierte die Untergebenen nicht minder. Sein Interesse galt einzig dem hochprozentigen Nachschub. Die Substanz vom Raumschiff oder deren Mitbewohner war unwichtig. Es verfiel immer mehr. Aber bevor es verschrottet wurde, erwarb es Delune's späterer Boss – Ukel Kerun Peshk, das sagte ihm Butler Sprite. –

      ~

      Bei Delune's Dienstantritt sah die Visitor α U P äußerlich brandneu aus, aber im Inneren nach Großbaustelle.

      Das ist Schnee von gestern. Vom Handelsgeschäft kann man das nicht sagen. Außer einigen Frachtflügen mit einem merkwürdigen Flugobjekt, es erinnerte ihm an den Kokon eines Schmetterlings, hingen sie die restliche Zeit im Trockendock.

      Am nervigsten, neben dem "Herumhängen", sind die unzähligen Gespräche mit Schiffsberatern und den ewigen Disputen mit dem ersten Sicherheitsoffizier Mister Arun Potts. Delune findet: "Mister Unnahbar" ist für den emotional eingefrorenen Nörgler passender.

      Delune ist unumstößlich davon überzeugt, dem aufgeblasenen Halbblut Spitzohr kann er nichts recht machen. Das galt vor allen den von Mister Unnahbar inszenierten Psychospielchen. Bei den wurden sie bei gemeinsamen Brückendiensten von unbekannten Energiewesen angegriffen.

      Die Form der Viecher ähnelte im Entferntesten, riesigen Zitteraalen, wobei die hier aus purer Energie bestanden. Ihre Vorgehensweise war stets dieselbe: Von jetzt auf hier tauchten sie auf der Brücke auf. Und beim Strom naschen verursachten sie technische Ausfälle oder Kurzschlüsse. Delune befahl jedes Mal, was für sein Verständnis logisch war: Schutzschild hochfahren, und noch bevor es Schutz bot, waren die körperlosen Eindringlinge verschwunden. »Diese Dinger sind einfach nur lästig«, fauchte er.

      Sein erster Offizier sah ihn ausnahmslos kopfschüttelnd an.

      Beim dritten Überfall änderte Delune die Strategie, dazu legte er, von seinem Chef Terminal aus, die gesamte Energie der Brücke lahm. Diese Vorgehensweise gefiel sogar Mister Potts.

      Seltsamerweise verschonen sie diese lästigen Biester. Aber dafür beehrten sie jetzt in unregelmäßigen Abständen, an allen erdenklichen Orten an Bord, nach Verwesung stinkende Erscheinungen. Welcher Lebensform sie genau angehörten, konnte wegen fehlender Biodaten niemand sagen. Lediglich die Umweltsensoren schlugen Alarm sobald eins der schwarzen und glitschigen Erscheinungen herumstinkert.

      Delune, ein Meister der Improvisation, hatte den genialen Einfall: gewöhnliche Müllentsorgungsdrohen mit Umweltsensoren aufzupeppen. Sie patrouillieren nunmehr überall in den Korridoren, und sobald eins der stinkenden Phänomene auftaucht, aktivieren sie selbsttätig deren Entsorgung. – Klappt Prima! – Bisher haben sie, so, schon unzählige der Stinker eliminiert. Delune macht sich dennoch über seine Problemlösung Gedanken: Ist meine Umsetzung falsch oder will mich Mister Potts, insofern es seine Erfindung ist, mit den Erscheinungen bloß ärgern.

      ~

      Anfangs fragte sich Delune, wozu diese Zeit totschlagenden Übungen gut sind. – Mittlerweile hat er einen unumstößlichen Verdacht: »Wir sind nicht Mal ebenso zur Untätigkeit im Trockendock verdonnert. Oh nein!, dass hier ist eine Festung, und wir bewachen irgendwem ganz Besonderen. Deshalb darf ich hier an Bord auch nicht überallhin.«

      Ihr aktueller Auftrag bestätigt es.

       Am 24.11.2262 vor Einbruch der Dunkelheit sind fünf lebendige Handelsposten auszuliefern.

      Im Vorfeld, vor vierzehn Tagen, wurde das lahme Computer Problem behoben. Jetzt heißt es nicht mehr Computer, sondern Citraa. – Zeitgleich bekamen sie mehr Aufträge, für die Umsetzung genügte der zuvor erwähnte fliegende Kokon.

      Obwohl alles reibungslos verschachert wurde und Delune jeweils eine Fette Provision erhielt, wurde er das Gefühl nicht los, es sind weitere Tests von Mister Potts. Das spitz Ohr vertraut nicht den unerfahrenen und von der Straße aufgelesenen Captain.

      Zu seinem guten Freund Doc Pieter McSpleen sagte Delune erst kürzlich, in kämpferischer Pose: »Ich hätte weiterhin für den Untergrund arbeiten sollen. Da vertraute man mir, und ich habe da was bewegt. Leider siegte meine Bequemlichkeit.«

      Bei der Erinnerung holte Delune ein vergilbtes Bordbuch aus der Schreibtischschublade, Butler Sprite hatte es ihm kürzlich zugesteckt.

      Beim Blättern schmunzelte Delune gallig. »Dass die alte Crew die Katastrophe von Vulkan überlebte, ist größten Teils Klix – dem letzten Captain zu verdanken. Seine zwei Vorgänger riss es auf undurchsichtige Art aus den Leben.« Währenddessen er das dachte, blätterte er weiter. Abrupt ruhten die Finger der linken Hand beim Datum, es war der 20 August 2260. Der rechte Zeigefinger öffnete die dazugehörigen Dateien.

      Den ersten Bericht verfasste der damalige erste Offizier. Das niedergeschriebene ließ Delune finster blicken.

      ›… Die U P C Raumschiffe bekamen am 20.08.2260, um 12 Minuten nach 19 Uhr U P C Zeit, den Befehl nach Vulkan zu fliegen, um mögliche Überlebende zu bergen.