Kendra Li

The One Eyed Bandits


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erlösen?“

      „Du tust ja geradeso als würde ich ihn absichtlich quälen,“ empört sich Jade und als ihre Freundin nicht sofort antwortet, kneift sie die Augen eng zusammen und mustert Lillian misstrauisch. „Denkst du das etwa?“

      „Vielleicht ein ganz klein wenig,“ gibt Lil zahnpasta-lächelnd zu.

      „Was?“ Jade ist entsetzt.

      „Naja. Du hast da so eine sadistische Ader...“

      „Also, jetzt reicht`s langsam.“

      „`Tschuldige. Hab nichts gesagt.“ Ihre Freundin hält kapitulierend die Hände hoch. Doch dann lächelt sie wieder. „Mensch, Jade. Der Typ ist im Footballteam.“

      „Na und?“

      „Mann, du könntest durch ihn in die Upper Class katapultiert werden.“

      „In die was?“

      „Na beliebt sein. Begehrt. Berühmt.“

      „Wohl eher berühmt berüchtigt.“

      „Na und wenn schon.“ Sie winkt schulterzuckend ab. „Hauptsache du bist erst einmal ein Teil davon. Stell dir vor, wir sitzen dann mit den Cheerleadern an einem Tisch und den süßen Jungs aus der Footballmannschaft.“ Sie seufzt mit verträumtem Blick. „Mike, der mich noch nie beachtet hat wird mich dann endlich bemerken und.....“

      „Also ich steche jetzt mal lieber die Nadel in deine rosarote Seifenblase, bevor das Ganze völlig aus dem Ruder gerät. Hallo! Erde an Lillian.“ Jade wedelt vor dem Gesicht ihrer Freundin herum.

      Lillian zieht die Nase kraus. „Du bist ätzend.“

      „Ich weiß. Aber hör mal,“ fängt Jade jetzt an. „Ich bin weder interessiert am Tisch dieser hirnlosen, blondierten Mädchen, die sich Cheerleader nennen, zu sitzen, noch bin ich begeistert von der Idee berühmt berüchtigt zu sein. Also schmink`s dir ab.“

      Lillian seufzt theatralisch. „Du bist ein hoffnungsloser Fall.“

      „Also nichts Neues,“ sagt Jade und seufzt.

      „Hey, so hab`ich`s nicht gemeint,“ ereifert sich ihre Freundin sofort.

      „Ich weiß.“ Jade fährt sich müde mit der Hand über die Augen. „Hör mal, wir sollten uns lieber beeilen. Frau Dietrich sieht es ungern, wenn wir zu spät kommen.“

      „Oh Mist. Frau Dietrich,“ stöhnt das blonde Mädchen auf. „Das hatte ich völlig verdrängt.“

      „Also los.“

      „Miss Martin,“ ruft jemand hinter den Mädchen her, woraufhin sie sich beide umdrehen und Herrn Buchholz entgegen sehen, der zu ihnen eilt. Keuchend bleibt er vor den beiden Mädchen stehen. „Hier,“ sagt er und drückt Jade einen kleinen Stapel Blätter in die Hand.

      „Was ist das?“ will Jade wissen und guckt etwas verwirrt.

      „Das sind Themenvorschläge für ein Referat.“

      „Referat?“

      „Ja.“ Er kratzt sich etwas verlegen hinterm Ohr. „Wir wissen beide, dass deine Noten in letzter Zeit ziemlich in den Keller gesackt sind. Ich dachte, ich gebe dir eine zweite Chance, sie wieder aufzuwerten. Du kannst dir ein Thema aussuchen, das dich interessiert und darüber dann ein Referat halten.“

      Jade guckt wie ein Auto und starrt ihn nur sprachlos an.

      Grundsätzlich mag sie ihn, obwohl Mathe ihr nun wirklich nicht gerade liegt. Aber Herr Buchholz hat mehr als einmal bewiesen, dass er Lehrer geworden ist, um seinen Schülern zu helfen, nicht, um sie zu quälen. Trotzdem fühlt sie sich von seinem Angebot etwas überrumpelt.

      „Äh...Herr Buchholz, ich...“

      „Du kannst es dir ja überlegen,“ fällt er ihr ins Wort und lächelt freundlich. „Gib einfach bescheid, wenn du dir sicher bist.“ Mit diesen Worten macht er auf dem Absatz kehrt und verlässt die beiden Mädchen, die ihm verblüfft hinterher sehen.

      „Mann. Was war das denn?“ staunt Lillian.

      „Ich habe keine Ahnung.“

      „Anscheinend will er dir helfen.“

      „Anscheinend,“ bestätigt Jade trocken.

      „Ist das nicht süß?“

      „Sehr süß.“

      „Ist dir eigentlich schon einmal aufgefallen, wie attraktiv er ist?“

      „Wie bitte?“ Jade meint sich verhört zu haben.

      „Na, er sieht doch nicht schlecht aus. Oder?“

      „Keine Ahnung.“ Jade runzelt nachdenklich die Stirn. Der sportlich schlanke Herr Buchholz mit den haselnussbraunen Augen und dem gelockten Haarschopf mag vielleicht tatsächlich ganz nett aussehen. Für sie ist das jedoch völlig irrelevant.

      „Er ist mein Lehrer, Lil. Und deiner übrigens auch,“ erinnert sie.

      „Na und?“

      Jade seufzt. „Es ist hoffnungslos.“

      „Er hat einen richtig süßen Po in dieser Jeans heute, findest du nicht auch?“

      „Okay. Das reicht jetzt.“ Sie packt ihre Freundin am Arm und zerrt sie mit sich.

      „Hey, wohin denn so eilig?“

      „Zwei Worte: Frau Dietrich.“

      Lillian reißt die Augen auf. „Oh Gott, Jade! Musste das denn sein? Meine Libido hat sich soeben von Hundert auf Null verflüchtigt. Das ist ja lebensgefährlich.“

      Das Mozart befindet sich von der Schule aus zwei Straßen weiter und erinnert wohl eher an ein Pub als an ein Restaurant. Bei dem Namen Mozart denkt man womöglich an Eleganz und Luxus, doch stattdessen herrscht hier eine gemütliche und heimelige Atmosphäre vor.

      Dunkelbraunes Laminat verschmilzt harmonisch mit beigefarbenen Wänden und dunkelbraunen Möbeln. An der Wand hängen bunt bemalte Leinwände. Stellenweise sind Klinkersteine gesetzt worden und vermitteln eine rustikale Wärme.

      Hinten in der Ecke steht eine Theke, wo man Kaffee, Tee oder Softdrinks bestellen kann.

      Jade und Lillian treten ein. Lautes Gelächter schallt ihnen entgegen. Die Luft ist stickig und der Raum völlig überfüllt. Jazzige Musik tönt aus den an der Decke angebrachten Lautsprechern.

      Jade entdeckt viele ihrer Mitschüler, die lachend und schäkernd an Tischen verteilt sitzen und sich lautstark mit den anderen unterhalten.

      Und über allem hängt der Geruch von Kaffee, Schokolade und Schweiß. Eine skurrile Mischung, findet Jade und sie verzieht das Gesicht.

      Am liebsten würde sie wieder kehrt machen. Lillian, die ihre Gedanken ahnt, gibt Jade einen kräftigen Schubs und bedeutet ihr weiter zu gehen.

      Klaglos setzt Jade einen Fuß vor den anderen und sieht sich suchend um. Doch sie muss nicht lange fahnden, denn da ruft eine ihr bereits vertraute Stimme: „Jade, hier sind wir.“

      Jeff winkt wie wild mit der Hand hin und her, steht dann eifrig von seinem Stuhl auf und kommt ihnen lächelnd entgegen. Gekonnt manövriert er sich durch die engen Gassen, zwischen Tischen und Stühlen hindurch.

      „Ist er nicht süß,“ schmachtet Lillian amüsiert. „Ganz verrückt ist er nach dir.“

      „Halt die Klappe,“ sagt Jade in leisem Singsang zu ihrer Freundin und während sie Jeff lächelnd entgegen sieht. Dieser bleibt jetzt vor den Mädchen stehen und hat nur Augen für Jade.

      „Na, was möchtest du trinken?“ fragt er.

      „Hallo Jeff,“ begrüßt Lillian ihn spitz und ist ein bisschen beleidigt, dass sie so völlig von ihm ignoriert wird.

      „Hi Lil.“ Jeff sieht