Kendra Li

The One Eyed Bandits


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immer wie ein Tropfen Wasser auf ihrem Stuhl hängt.

      „Ja. Natürlich.“ Lillian beugt sich zu ihrer Freundin herunter. „Hier Süße. Trink das. Dann wird es dir gleich wieder besser gehen.“

      Jade nimmt einen kräftigen Schluck und tatsächlich geht es ihr kurz darauf wieder etwas besser. Die heiße Stirn kühlt sich binnen Sekunden ab und auch sonst werden ihre Sinne wieder klar. Der Schwindel ist wie weggeblasen.

      „Oh Mann,“ stöhnt sie. „Was war das nur?“ Sie will sich aufzusetzen.

      „Vorsicht,“ sagt Jeff und stützt sie.

      „Dir ist ganz einfach schwindelig geworden. Und das ist ja auch kein Wunder in diesem sauerstoffarmen Raum,“ ruft Lil jetzt laut in Richtung Theke, so dass eine Angestellte schnell zum nächstbesten Fenster läuft, um es zu öffnen. „Geht es wieder?“

      Jade nickt. „Ja, ich bin okay. Ich glaube nur, ich geh jetzt lieber nach Hause.“ Jade macht Anstalten aufzustehen.

      „Ist gut, ich hole nur schnell meine Jacke und...“

      „Hey, das kann ich doch machen,“ fällt Jeff Lillian ins Wort. „Ich fahre sie gerne nach Hause.“

      „Äh...“ Lillian schaut fragend zu Jade, die lächelnd nickt.

      „Jeff hat recht. Mach dir keine Sorgen, ich bin wirklich okay.“

      „Bist du sicher?“ Das blonde Mädchen zieht beide Augenbrauen fragend hoch.

      „Natürlich.“

      „Ich hole nur schnell deine Jacke, Jade.“ Jeff entfernt sich.

      „Mann. Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt,“ seufzt Lil jetzt theatralisch. „Als ich dich gesehen habe, wie du am Arm dieses fremden Typen hingst, dachte ich zuerst, er hat dir K.O.-Tropfen verabreicht und will dich jetzt kidnappen,“ plappert sie wild drauf los.

      Jade lächelt matt. „Du hast vielleicht Fantasien.“

      „Das sind keine Fantasien, meine Liebe. Davor muss man sich immer in acht nehmen.“ Lillian schaut sich suchend um. „Nanu. Wo ist denn eigentlich unser Mister Unbekannt hin?“

      Jade sucht ihre Umgebung mit den Augen ab, kann Damon aber nirgends finden. „Ich weiß nicht.“

      „Na so was. Und das, ohne sich vorher zu verabschieden. Nicht gerade freundlich,“ meint sie und verzieht den Mund zu einer Schnute. „Aber dafür umso attraktiver.“ Jetzt lächelt sie begeistert. „Mann, Jade! Der Typ war einfach der helle Wahnsinn, findest du nicht? Der hätte locker als Unterwäschemodel für Calvin Klein posieren können. Diese Augen, dieser Mund und sein Wahnsinnskörper,“ schmachtet sie. „Wie schaffst du es eigentlich immer wieder in solche Leute einfach reinzurennen?“

      „Also, ich...,“ setzt Jade zum Reden an, doch da taucht Jeff schon wieder auf.

      „Okay. Es kann los gehen.“ Er ist Jade beim Aufstehen behilflich. Ihre Beine fühlen sich noch ein wenig an wie Gummi.

      „Du bringst sie mir sicher nach Hause,“ sagt Lillian mit erhobenem Zeigefinger. „Ich will keine Klagen hören.“

      „Du wirst mit mir zufrieden sein,“ sagt Jeff grinsend und führt Jade am Arm hinaus. Draussen schnappt Jade erleichtert nach der frischen Luft.

      2.Kapitel

      „Und, wie war`s?“ fragt Lillian gespannt. Jade schlägt die Tür ihres Spindes zu und sieht ihre Freundin direkt an.

      „Wie war was?“

      „Na, Jeff und du.“ Ihre Freundin verdreht die Augen. „Was soll ich denn sonst meinen?“

      Jade schüttelt lachend den Kopf. „Wie es mir geht interessiert dich wohl gar nicht, was?“

      „Ich sehe ja, dass du lebst und atmest. Muss ich mehr wissen?“

      „Entschuldige, aber ich weiß noch immer nicht so genau worauf du hinaus willst.“

      „Oh Mann.“ Lil wirft in einer ungeduldigen Geste die Haare über ihre Schulter. „Du bist manchmal echt schwer von Begriff. Hat Jeff dich geküsst?“

      „Mich geküsst?“

      „Na zum Abschied.“ Lil betrachtet ihre Freundin prüfend. Dann macht sie ein enttäuschtes Gesicht. „Nein, hat er nicht,“ seufzt sie traurig.

      „Nein,“ bestätigt Jade leise lachend. „Wie kommst du denn darauf?“

      „Wie ich darauf komme?“ Lil gibt vor ernsthaft darüber nachzudenken. „Lass mal überlegen. Der Kerl ist jetzt schon seit über vier Jahren in dich verknallt und zum ersten Mal kommt er dazu, dich nach Hause zu fahren. Was schlussfolgere ich also daraus?“ Sie guckt ihre Freundin herausfordernd an. „Hallo? Erde an Jade.“

      „Du spinnst,“ lacht Jade und setzt sich langsam mit einem Stapel Bücher unter dem Arm in Bewegung. Lillian bemüht sich mit ihr Schritt zu halten.

      „Und...hat er es denn wenigstens versucht?“

      „Du gibst wohl nie auf, was?“ ruft Jade amüsiert über ihre Schulter.

      „Naja...also...nein. Und ich geb`s ganz offen zu.“

      Jade bleibt vor dem Klassenzimmer stehen und wendet sich lächelnd ihrer Freundin zu. „Falls es dich beruhigt, er hat es versucht.“

      „Gott sei Dank,“ stöhnt Lil jetzt ganz beruhigt. „Die Ordnung ist wieder hergestellt.“

      Jade verschwindet grinsend durch die Tür.

      „Hey.....Warte mal!“ ruft Lillian ihr hinterher. „Was soll das heißen, er hat es versucht? Nur versucht?“

      „Mann, wie langweilig,“ stöhnt Lillian nach dem Unterricht und schüttelt ihre blonden Locken.

      „Ja, der Vortrag war mal wieder knochentrocken,“ bestätigt Jade seufzend.

      „Das meine ich nicht.“

      „Was denn dann?“

      „Na, dass ihr euch nicht geküsst habt.“

      „Ach das.“ Jade zuckt gleichgültig die Achseln. Während des Unterrichts haben sie sich gegenseitig unter dem Tisch sms geschrieben. So hat Lillian schnell in Erfahrung bringen können, was letzte Nacht zwischen Jade und Jeff passiert ist. Oder wohl eher, was nicht passiert ist.

      „Soll das etwa heißen, du hast den Kopf einfach weggedreht als er dich küssen wollte?“

      „Ja.“

      „Warum?“ Das blonde Mädchen bleibt fassungslos und händeringend vor ihrer Freundin stehen.

      „Was soll die Frage?“ lacht Jade. „Du weißt warum.“

      „Mann!!!“ Lillian schüttelt den Kopf. „Ich raff`s nicht. Jetzt werden wir nie mit denen an einem Tisch sitzen.“

      „Na und wenn schon,“ sagt Jade grinsend und läuft federnden Schrittes voraus.

      Lillian sieht ihr missgelaunt nach. Nach zwei Sekunden folgt sie ihrer Freundin seufzend. „Ja, klar. Deine Nerven möchte ich gerne haben.“

      Auf dem Parkplatz gehen beide Mädchen auf ein kleines Auto zu, das rot zwischen den anderen aufleuchtet. Ein frischer Wind kommt auf und bunte Blätter rascheln in den Bäumen. Es ist Herbst und schon bald November.

      Die ersten Blätter segeln bereits zu Boden und wehen mit einem kratzenden Geräusch über den Asphalt. Jade öffnet die Tür zur Beifahrerseite und lässt sich erleichtert auf den lederbezogenen Sitz fallen. Kurz darauf manövriert Lillian den kleinen Wagen gekonnt aus der Parklücke.

      Jade ist froh, dass sie den Bus nicht nehmen muss. Sie und Lillian haben ungefähr denselben Weg nach Hause. Für ihre Freundin macht Lillian gerne einen