Kendra Li

The One Eyed Bandits


Скачать книгу

Ich darf mit deinem Auto fahren?“

      „Heute ja,“ sagt Mike und legt lässig den Arm um Lillian, die leise zu kichern anfängt. „Heute Abend ist mir die Rückbank lieber,“ fügt er nun lachend hinzu.

      Wenig später fahren sie orientierungslos umher. Es ist mittlerweile dunkel draussen. Jade vernimmt das Geräusch heißer Küsse hinter sich. Seufzend schüttelt sie den Kopf und schaut aus dem Fenster und in die Dunkelheit.

      „Ich kann nicht fassen, dass ich jetzt hier sitze,“ denkt sie. „Ich komme mir vor wie eine Idiotin.“

      Jeff berührt sie sachte am Arm und sie zuckt erschrocken zusammen. Sie hebt den Kopf und begegnet seinem ruhigen Blick.

      „Möchtest du etwas Musik hören?“ fragt er leise.

      „Ja, gerne,“ antwortet sie und streicht sich schüchtern eine Strähne hinters Ohr.

      Er schaltet das Radio ein und klassische Musik ertönt. Verwundert über seinen guten Geschmack, aber auch dankbar nickt sie ihm kurz zu. Dann schließt sie die Augen und versucht sich zu entspannen. Zumindest sind die Knutsch-Geräusche nicht mehr ganz so präsent. Jade versucht sich auf die harmonischen Klaviertöne zu konzentrieren und alles andere auszuklammern.

      „Hey, Jeff,“ ruft Mike plötzlich von hinten.

      „Was gibt`s, mein Freund?“ Jeff schaut seinen Kumpel im Rückspiegel an.

      „Halt hier mal an.“

      „Was denn, hier?“

      Jade öffnet die Augen und versucht sich zu orientieren. Sie sieht zum Fenster raus und erkennt, dass sie sich dem Stadtrand nähern, dort, wo der Wald anfängt.

      „Ja, genau hier,“ sagt Mike in einem gebieterischen Ton.

      „Aber hier fängt der Wald an,“ sagt Jeff. „Hier ist nichts. Willst du hier wirklich halten?“

      „Ja, Mann. Oder hast du etwa Angst, dass ein Werwolf auftaucht und dich zerfleischt,“ lacht er amüsiert.

      Lillian kichert beinahe hysterisch, als hätte er gerade etwas wahnsinnig Komisches gesagt.

      Irritiert sieht Jade sich nach ihrer Freundin um, doch sie kann nichts erkennen, da Lillian`s Gesicht völlig im Dunkeln liegt.

      „Irgendetwas stimmt hier nicht,“ denkt sie.

      „So ein Quatsch,“ protestiert Jeff jetzt. „Ich habe keine Angst.“

      „Na, weshalb zögerst du dann noch? Halt endlich an.“

      Jeff seufzt und bringt den Wagen schließlich zum Stehen.

      „Na also, es geht doch,“ lobt Mike und klopft seinem Freund auf die Schulter. Er und Lillian steigen aus. Lil fällt dabei gegen seine Brust und muss heftig lachen. Jade und Jeff folgen ihnen nach draussen und sehen sich dann ratlos um.

      „Und was jetzt?“ fragt Jeff.

      „Im Kofferraum liegen Decken. Wir breiten sie auf dem Boden aus und machen es uns gemütlich.“

      Als die Decken auf dem Boden liegen, geht Mike zum Auto und dreht die Musik laut auf.

      „Alter, was ist denn das für ein Shit?“ fragt er Jeff. „Ich will doch kein Klaviergeklimper hören.“

      Er beugt sich wieder ins Auto und auf einmal ertönt laute Rockmusik. „Na also! Geht doch.“

      Mike fängt an zu tanzen und dreht sich um die eigene Achse. „Yesssss...das haut rein, Mann.“ Dann tigert er grinsend auf Lillian zu. Diese fängt lauthals an zu kichern, als er um ihre Taille greift und sich mit ihr auf eine der Decken fallen lässt.

      Mit verschränkten Armen steht Jade da und wendet sich von den beiden ab. Warum ist sie überhaupt mitgekommen? Das war eine dumme Idee.

      „Jade.“ Jeff steht neben ihr. „Möchtest du vielleicht ein paar Schritte gehen?“

      Jade seufzt. „Ja, warum nicht?“

      Schweigend gehen sie nebeneinander her. Jade hat die Arme weiterhin schützend vor der Brust verschränkt.

      „Tut mir leid,“ sagt Jeff nach einer Weile. „Ich hatte keine Ahnung, dass Mike sich heute Abend so bescheuert aufführen würde.“

      „Dafür kannst du ja nichts,“ meint sie und schenkt ihm ein beruhigendes Lächeln.

      „Ich weiß. Trotzdem.“ Er bleibt jetzt dicht vor ihr stehen. „So hab ich mir das nicht vorgestellt. Schließlich ist das unser erstes Date.“

      „Jeff, ich...“ Sie fährt sich seufzend durch die Haare. Was kann sie sagen? Ihr fällt nichts Passendes ein. Eine kurze Pause entsteht.

      „Für dich ist das gar kein Date, nicht wahr?“ sagt er schließlich enttäuscht.

      „Es tut mir leid, Jeff. Ich.....Ich habe das für Lillian getan.“

      „Verstehe.“ Jeff lässt den Kopf hängen.

      „Jeff.....“ Sie schüttelt hilflos den Kopf. „Ich wollte dich nicht verletzten.“

      „Schon okay. Wenigstens bist du ehrlich.“ Er lächelt traurig. „Woran liegt es eigentlich?“ will er dann wissen. Jade sieht fragend zu ihm hoch.

      „Bin ich nicht dein Typ?“

      „Nein, nein. Du...siehst toll aus. Du bist....ein hübscher Kerl.“ Jade seufzt. Sie kommt sich schrecklich plump und unsensibel vor.

      „Aber?“ Er mustert sie prüfend.

      „Aber...“ Sie atmet einmal tief durch. „Ich weiß auch nicht.“ Sie zuckt hilflos die Achseln und lehnt sich gegen den Stamm eines Baumes. „Jeff, es gibt keinen Grund. Ich empfinde einfach nicht dasselbe für dich, wie du für mich.“

      „Aber vielleicht irgendwann?“

      „Vielleicht,“ sagt sie nach einer Weile.

      Er lächelt. „Hast du gerade wirklich vielleicht gesagt.“

      „Mach dir bitte nicht zu viele Hoffnungen,“ warnt Jade.

      „Wow, ich fasse es nicht. Jade Martin hat gerade wirklich vielleicht gesagt,“ jubelt er.

      „Jeff..“

      „Ich weiß, ich weiß,“ sagt er schnell. „Ich soll mir nicht zu viele Hoffnungen machen. Aber eines ist sicher....“ Er sieht sie bedeutsam an. „Ich werde nicht so schnell aufgeben. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.“

      Fabelhaft, denkt sie und unterdrückt einen tiefen Seufzer. Ganz große Klasse, Jade Martin.

      Es ist Samstag Morgen und Jade hat ganz vergessen den Wecker rechtzeitig auszustellen. So klingelt es bereits um halb sieben und sie fällt stöhnend und fluchend aus dem Bett.

      „Verdammt,“ schimpft sie, bekommt den roten Wecker zu fassen und wirft ihn quer durchs Zimmer. Er prallt gegen die Wand und zersplittert in zig Einzelteile. Im ersten Moment ist Jade zwar etwas schockiert, doch dann fängt sie leise an zu glucksen.

      „Zumindest ist jetzt Ruhe,“ kichert sie. Doch was nun? „Nun kann ich genauso gut aufstehen,“ denkt sie.

      Und so tapst sie wenig später leise ins Bad. Dort putzt sie sich die Zähne und kämmt sich lange und ausdauernd die Haare bis sie glänzen. Schließlich ist heute Sonntag. Da kann man sich ein bisschen Luxus mal gönnen. Zurück in ihrem Zimmer zieht sie sich die schwarze Hose von gestern nochmal an, dazu ein bequemes Sweatshirt mit Kapuze. Sie klemmt den Mp3 Player am Bund der Hose fest.

      Kurz darauf geht sie leise die Treppe hinunter und schlüpft - unten im Flur - in ihre bequemen Turnschuhe. Nachdem sie sich die Haare zu einem Pferdeschwanz hochgebunden hat, schnappt sie sich die Hausschlüssel von der Kommode und verlässt das Haus.

      Draussen, vor der Tür, atmet sie einmal tief durch. Die Luft riecht