Depression ist oft eine Weigerung zu handeln, und kann durch Handeln gelöst werden. Es ist gut, in der Erstanamnese weniger nach Gefühlen zu fragen sondern nach dem was geschehen ist, was jemand tut, oder tun möchte.
Es gibt auch ein inneres Handeln. Es besteht in Änderungen der Sichtweise, die zum Frieden führen, und im Abschied vom einengenden Gewissen. Alle echte Weisheit ist auf Handeln ausgerichtet. Wissen, das nicht auf Handeln ausgerichtet ist, hat keine Kraft. Und: Die Weisheit ist eine Frucht von langer Disziplin und Übung.
Das Familienaufstellen ist geballtes Handeln. Zugleich mit den Bewegungen der Stellvertreter in den Aufstellungen bewegt sich die Seele des Klienten und seiner Familie. Eine wichtige solche „Bewegung“ ist die Hinbewegung zu den Eltern. Sie besteht aus Schritten. Sie wird geübt. Sie macht dann die Hinbewegung zum Leben und zu anderen Menschen möglich.
Das „Rebirthing“ oder Wiederholen der Geburt, wie es sich manchmal in Aufstellungen ergibt, und ebenso das Festhalten oder Holding sind im Sinn der VT „übende Verfahren“ und „Expositionen“. Sie fordern aktives Handeln des Klienten und ermöglichen emotionales Lernen und emotionale Neuerfahrungen.
Methodenvielfalt und Methodenkombination
Sowohl VT als auch Familienstellen sind nicht eine „Methode“ sondern ein Feld von Grundgedanken und Methoden, das sich ständig erweitert. Im Bereich der VT kommen ständig neue Methoden und vor allem neue Namen auf. Meist wird das Alte nur wenig abgewandelt, aber Hauptsache ist der neue Name. „Des vielen Büchermachens ist kein Ende“ sagte schon Salomo. Blick und die Inhalte erweitern sich jedoch auch auf wirklich Neues: Die nur auf die Lerntheorie eingeengte Sicht wird zunehmend verlassen. Es besteht ein Trend zur Kombination vieler Methoden. Die derzeit in Mode kommende „Schematherapie“ ist ein Beispiel. Die moderne Therapieforschung bestätigt, dass es nicht in erster Linie auf die Methode, sondern auf das Verhältnis zwischen Therapeut und Klient ankommt. Auch die Kombination der VT mit systemischen Ansätzen, genannt auch „systemische VT“ ist im Kommen, wie eine Google-Recherche am 15.10.2013 nach dem Begriff „systemische Verhaltenstherapie“ mit 1520 Ergebnissen bewies. Ebenso integriert das Familienstellen Elemente aus vielen Therapierichtungen, z.B. der Hypnotherapie Ericksons, dem NLP, der Scriptanalyse, der Festhaltetherapie und der provokativen Therapie. Sophie Hellinger bereichert das Spektrum durch ihre Fähigkeit der Fernwahrnehmung körperlicher Symptome, eine Heilgabe und eine besondere Art der Energiearbeit.
Unterschiede zwischen dem persönlichen und dem systemischen Helfen
Verfahren in der herkömmlichen Therapie, die viel mit dem logischen Verstand arbeiten, kommen trotz aller Beteuerungen mancher Ausbildungsinstitute an Grenzen bei schweren Störungen.
Um so mehr kognitiv im Sinne von „oberflächlich - verkopft“ die Therapie durchgeführt wird, um so weniger Kraft hat sie.
Je nach Geduld von Klient und Therapeut bleiben beide in einem endlosen Kreis des Sprechens, Versuchens und Scheiterns. Die Therapie wird ihren Grundsätzen untreu, denn sie wird zu einer Art Betreuung oder bezahlter Zuwendung.
Eine solche Therapie ist ein „therapeutisches Verhältnis“ in dem sarkastischen Sinn wie dieses Wort im Buch „Ordnungen des Helfens“ gebraucht wird: eigentlich ein doppeltes Mutter-Kind-Verhältnis. Sowohl Helfer als auch Klient sind zugleich Mutter und Kind.
In wesentlichen, zum Beispiel den folgenden Punkten geht das systemische Denken und Arbeiten weit zumindest über die „klassische“ auf der Lerntheorie basierende VT hinaus:
Von der Ich - zur Wir - Perspektive
In der klassischen Vorstellung der VT ist der Wunsch nach Funktionieren und nach Überleben Antrieb für Verhalten und Lernen. Das Kind wird in der Familie weitgehend als ein Einzelwesen betrachtet das sich anpasst, um versorgt zu werden mit Nahrung und Zuwendung, damit es überleben kann. Die dysfunktionalen Verhaltensmuster werden als Ruf nach Zuwendung gesehen. Defizite im adäquaten Verhalten des Erwachsenen sind Lerndefizite in der Kindheit. Die Therapie soll helfen, zu lernen was wir bei den Eltern nicht lernen konnten. Es gibt eine klare, gegenwartsbezogene Vorstellung von richtig und falsch, die – in der Sprache des Familienstellens – dem persönlichen Gewissen entspricht.
Das Familienstellen sieht die Grundmotive des Lebens komplexer, es betrachtet 3 Ebenen des Gewissens, die teils zueinander im Widerspruch stehen. Das tiefste Grundmotiv des Menschen ist Liebe.
Erste Ebene: Das Kind tut alles, um dazugehören zu dürfen. Es ist getrieben von einem persönlichen Gewissen das ihm sagt was gut und was böse ist. Es will überleben, Zuwendung und Versorgung. Aber: Diese vordergründige Ebene kann nicht alles erklären. Warum wollen manchmal Kinder sterben?
Zweite Ebene: Diese kollektive Ebene des Gewissens schaut alle an und möchte alle, die ausgeschlossen sind, wieder hereinbringen, das führt zu einem Verhalten „aus blinder Liebe“: Ein Kind vertritt unbewusst einen oder mehrere Fehlende, es bringt sie symbolisch wieder in die Familie hinein. Die zweite Gewissensebene ist aber in sich widersprüchlich, weil es in ihr eine Instanz gibt, die die Hierarchie achtet und Spätere bestraft die für Frühere etwas tragen wollen. Diese Verwirrung führt zu merkwürdigem Verhalten und inadäquaten Gefühlen eines Kindes, in schweren Fällen zu Autismus, Stottern, Schizophrenie, die auf Mehrfach- Identifizierungen zurückzuführen sind, wie Aufstellungen oft zeigen. Dieses aus der Sicht der VT- Sprache sehr „dysfunktionale“ Verhalten lässt sich kaum noch mit der üblichen Lerntheorie erklären.
Dritte Ebene: Diese tiefste (oder höchste) Ebene des Gewissens ist die, auf der wir manchmal Lösungen finden. Um aber auf dieses sogenannte „geistige Gewissen“ zu hören, braucht es Übung und eine Einsicht die erst errungen werden muss. Auf dieser Ebene können Familienaufstellungen dort helfen und Frieden bringen, wo andere Hilfe versagt.
Beim Helfen haben wir also das ganze System und auch noch Ebenen darüber hinaus im Blick. Statt „Ich-Stärkung“ wie in der VT kommen wir zum Achten und Ordnen der Verbindungen des „Wir“ im systemischen Arbeiten. „Ich bin meine Eltern“ - also stärken wir die Verbindung. Wir helfen, die Eltern ganz zu nehmen. Das macht dann letztendlich erst eine gesunde Loslösung und Ichstärkung möglich.
Von der vordergründigen zur ganzheitlichen Symptom-Deutung
Sehen wir also das „Ich“ eines Menschen als nur einen Teil von vielen Knotenpunkten eines Netzwerks, und beherzigen wir die Grundannahme „Kinder sind immer lieb“, lernen wir zu schauen, wohin das Kind - oder der erwachsene Klient, mit den Augen eines Kindes - mit Liebe schaut. An wen will das Kind erinnern? Zu wem zieht es das Kind hin? Wenn wir die tiefe Liebe sehen, die sich hinter einem Symptom verbirgt, gelingt es uns manchmal, diese Liebe auf andere, „erwachsene“ Art zu verwirklichen. Dann kann sich das Symptom zurückziehen. Dieses ganzheitliche Deuten steht im Gegensatz zur reduktionistischen Sichtweise die man in der klassischen VT und auch anderen Verfahren oft findet.
Das Anliegen hinter dem Anliegen sehen
Mit der systemischen Sicht schauen wir über das vorgebrachte Anliegen des Klienten hinaus. Wir schauen was er wirklich will oder nicht will. Wir schauen nicht nur, was er braucht, sondern darüber hinaus auf was die von ihm oder seiner Familie ausgeschlossenen Personen brauchen. So durchschauen wir die „Abwehr“ der Klienten, die sich hinter Vorwürfen und Klagen oft verbirgt, denn sie sind oft Begründungen für das Nichthandeln. Der erste Satz, der Händedruck und nonverbale Zeichen sagen zusammen mehr als viele Worte. Ist es nicht die größere Achtung, nicht nur die Bilder anzuschauen die der Klient präsentiert, sondern auch ihn und seine Familie an seinen Bildern vorbei ? Das bringt den Vorwurf ein, dass wir an den Anliegen der Klienten vorbeigehen. Falls dieser Vorwurf eine Opferrolle verteidigt, achtet der absichtslose Helfer auch das und lässt den Klienten dort.
Phänomenologische Grundhaltung
Das ist eine non-direktive