C. W. Badtke

Measure of Happiness


Скачать книгу

dich, Sam? Irgendetwas dabei?“

      Ich wollte den Kopf schütteln, denn weder eines der vielen Mädels noch einer der Typen ließ mein Herz auch nur im Entferntesten höherschlagen oder löste etwas bei mir aus. Da erblickte ich einen schwarzen Haarschopf am anderen Ende des Zimmers. Meine Augen hefteten sich fest auf den äußerst heißen Kerl in Lederjacke, der lässig an der Wand lehnte. Er war umzingelt von vielen der halb nackten Mädels, die er alle mit einem sexy Grinsen abtat.

      Jessy fing meinen Blick auf. „Oh, Sam, das ist doch nicht dein Ernst! Luke? Der Weiberheld der Uni?“, murmelte sie so leise, dass Simon es nicht hören konnte.

      Sie wusste bereits, dass ich mich eher zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlte, Simon jedoch noch nicht. Es hatte einfach noch nicht den richtigen Moment für so ein Gespräch gegeben. Und Jessy war das Ganze anscheinend schon von dem Moment an klar gewesen, als wir uns im Philosophie Einführungskurs gegenüber gestanden waren. Sie hatte sich neben mich gesetzt, mich von der Seite gemustert und mir zugeflüstert, dass ich doch eindeutig vom anderen Ufer wäre.

      Erstaunt hatte ich sie angeblickt und dafür ein mehrdeutiges Grinsen geerntet. An ihre darauffolgenden Worte erinnerte ich mich noch haargenau.

      „Keine Angst, wenn man Gleichgesinnte trifft und sich schon damit abgefunden hat, dann hat man da ein Gespür dafür. Du bist jetzt nicht auffällig. Ich bin übrigens Jessy!“

      Nun nickte ich bedauernd als Antwort auf ihre Frage, ob das mit Luke mein Ernst wäre. Vor ihr konnte ich ja schließlich nichts geheim halten. Sie tätschelte mir daraufhin mitleidig den Arm.

      „Alles okay bei euch?“, unterbrach Simon unser mehr nonverbales Gespräch und ich setzte wieder ein Lächeln auf.

      „Klar, ich hab nur wieder mal gesehen, dass scheinbar nichts meinem erlesenen Geschmack entspricht.“

      Simon schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich frag mich manchmal echt, was mit dir nicht stimmt. In deinem Kuhkaff zuhause müssen ja ziemlich heiße Schnitten rumlaufen, wenn du hier nie etwas findest.“

      Ich zuckte grinsend mit den Schultern. „Konzentrieren wir uns lieber mal darauf, dass wir euch heute Abend etwas fürs Bett heraussuchen.“

      Wir besorgten uns jeder eine Flasche Bier, ehe Simon begeistert mit mir anstieß und sich dann unter die Leute mischte. Jessy und ich folgten ihm, wobei mein Blick wieder rüber zur Wand glitt, an der Luke immer noch lehnte. Einen kurzen Moment lang kreuzten sich unsere Blicke und ich sah in umwerfende, braune Augen, die mich interessiert musterten. Der Moment war aber bedauerlicherweise genauso schnell vorbei, wie er gekommen war, als sich ihm eine üppige Blondine an den Hals warf und seine Augen eine Etage tiefer rutschten.

      Seufzend folgte ich meinen beiden Freunden durch die Wohnheimgänge in den Gemeinschaftsraum im ersten Stock. Hier war die Musik schon eher nach meinem Geschmack. Weniger Rap und Pop, mehr Rock und Metal. Was hier so rumlief, war eindeutig Jessys Beuteschema. Scheinbar war sie heute als Erste dran. Amüsiert besorgte ich uns noch etwas zu trinken, während die Zwillinge sich an eine Wand lehnten und die Leute musterten. Als ich zurückkehrte, war Jessy bereits verschwunden. Sie tanzte mit einer süßen Rothaarigen, die immerhin nicht ganz danach aussah, als käme sie gerade von der Schule.

      „Das ging ja schnell heute“, kommentierte ich und sah auf meine Uhr am Handgelenk. Es war gerade mal Mitternacht.

      „Ja, sie kennt die Kleine wohl aus einem Seminar und hat die letzten Tage von nichts anderem erzählt als ihrer hübschen Haut. Dabei finde ich, dass die Haut nicht mal das Hübscheste an ihr ist.“

      Simon zwinkerte und ich lachte.

      „Jetzt müssen wir dir also noch etwas besorgen oder? Hast du schon jemanden ins Auge gefasst, Simon?“

      Simon ließ den Blick schweifen, seufzte dann aber. „Ich fürchte, ich mache es heute mal wie du und setzte eine Runde aus. Wenn ich heute ein Mädchen mit nach Hause nehme, werde ich sie morgen nicht vor dem Mittag los, weil ich ja trotzdem nett sein will, und ich muss eigentlich dringend anfangen zu lernen. Und zu viel trinken sollte ich auch nicht, da ich morgen noch laufen will. Das Sportstipendium darf ich nicht verlieren, meine Noten sacken gerade ein wenig runter.“

      „Oh, das ist mies. Ich würde dir gerne helfen, aber der Sportlichste bin ich nicht gerade und von Wirtschaftswissenschaften hab ich auch keine Ahnung.“

      „Ach, kein Ding. Wir können ja auch einfach so Spaß haben, beobachten ein wenig mein Schwesterchen, wie es da mit Porzellanhaut rumflirtet, und wer weiß, vielleicht finden wir ja endlich jemanden für dich.“

      Ich wusste nicht, ob das bereits der Alkohol war, der da aus mir sprach, obwohl es erst zwei Flaschen Bier gewesen waren, aber mir schien endlich der richtige Moment gekommen zu sein.

      „Du, Simon, die Richtige für mich zu finden, wird hier nie etwas.“

      Simons Augen weiteten sich kurz, ehe er anfing zu lachen. Er lachte so sehr, dass er mir seine Flasche in die Hand drückte um sich mit beiden Händen auf seinen Knien abstützen zu können. Die Leute sahen sich schon nach uns um und ich stand peinlich berührt neben meinem lachenden Kumpel, der sich scheinbar gar nicht mehr einkriegen konnte.

      „Ach, Sam, dass du damit in einem solchen Moment kommst, damit hätte ich nicht gerechnet“, sagte er schließlich, immer noch prustend und völlig außer Atem. Sein Gesicht war vom Lachen ganz rot.

      Verwirrt sah ich ihn an und er nahm mir wieder seine Flasche ab. Dann wartete er, bis wir nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens standen. Währenddessen zerbrach ich mir das Gehirn darüber, was er meinte.

      „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir eh nur den Richtigen für dich finden können. Frauen scheinen dich ziemlich kalt zulassen“, löste er schließlich das Rätsel.

      Mir klappte buchstäblich die Kinnlade runter und ich sah meinen Kumpel ungläubig an. Woher wusste er das denn nun? Ich funkelte in Jessys Richtung, doch Simon unterbrach meinen Gedankengang.

      „Hör mal, Jessy hat mir nichts erzählt. Ich hab es einfach mit der Zeit rausbekommen und dich beobachtet. Du steigst nie in unsere Lobeshymne auf den Frauenkörper ein, schon daran merkt man das.“

      Ich blinzelte überrascht und Simon lächelte aufmunternd.

      „Mach dir keine Sorgen. Ich nehme dir nicht krumm, dass du mir so lange nichts erzählt hast. Hätte ich wahrscheinlich auch nicht. Aber es schmeichelt mir, dass du es jetzt tust. Und wir finden irgendwann den Richtigen für dich, alles klar?“

      Mir fiel ein Stein vom Herzen, der laut berstend zerbrach, doch statt Simon vor lauter Dankbarkeit in die Arme zu schließen, riss ich mich am Riemen und lächelte einfach nur breit.

      „Richtig. Und danke, Simon!“

      Simon zwinkerte, nippte an seinem Bier und sah mich dann plötzlich von der Seite an.

      „Alles okay?“, fragte ich.

      „Und du warst nicht zufällig mal in mich …?“, fragte er und dieses Mal brach ich in schallendes Gelächter aus. „Was denn? Die Mädels können meinem Körper auch nicht widerstehen!“, schmollte Simon und schob die Unterlippe vor.

      „Sorry, Simon, du bist ja echt nicht hässlich, aber mein Typ leider auch nicht.“ Ich schlug ihm aufheiternd auf die Schulter.

      „Und wer dann?“

      Anscheinend war der Abend verhext, denn in diesem Moment trat mein Typ in den Raum. Ich seufzte tief und wandte den Blick ab. Simon fiel fast die Flasche aus der Hand.

      „Och nee, nicht echt, Sam?“

      Ich nickte ergeben und Simon seufzte tief.

      „Dann mach dich zumindest schon mal darauf gefasst, dass er rüber kommt!“, murmelte er mir zu und ich wandte mich hektisch um.

      Luke blieb vor mir stehen, hinter ihm das blonde Mädel von vorhin, das quasi am Zipfel seiner Lederjacke hing. Ich gab es ungern zu, aber da würde ich auch gern hängen, wäre ich nicht verdammt noch mal zu stolz dafür.