Markus Roentgen

"dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile


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entschwände und einzig dieses den Schauenden ergriffe, hinnähme, versenkte in tiefinnere Wonnen (rapiat et absorbeat et recondat in interiora gaudia), dass so das ewige Leben wäre, wie jetzt dieser Augenblick des Erkennens, dem unser Seufzen galt (eben dieser blitzhafte Moment des Herzberührens göttlicher Weisheit selbst als vita aeterna): ist nicht dies, was da gesagt wird: ‚Geh ein in die Freude Deines Herrn’?“ (Hier zitiert Augustinus Mt 25, 21.)

      (Übersetzung nach Joseph Bernhart)

      Dieses blitzhafte vollständige Erahnen und Erfahren des göttlichen Allsamtes, ewig, ungebrochen, das im Danach wieder jäh zurück fallen lässt ins erdhaft Bedingte, es entspricht allen tradierten Mitteilungen von ausdrücklicher Gotteserfahrung – und ist doch so außergewöhnlich hier, weil im Gespräch Mitsammen erfahren von Zweien, ebenbildlich Gottes als männlich und weiblich (vgl. Gen 1, 26 f.) – und im Nichtfesthaltenkönnen sowohl das deutliche Erkennen dessen, was noch aussteht, zugleich aber auch darin eine kostbare Ahnung, welche als Zuversicht in diesem Ausstehen im Blick auf den 7. Schöpfungstag in der Schilderung des Buches Genesis den Menschen erfüllen kann.

      Der Abschluss, die Ahnung und das Noch-Nicht des siebenten Schöpfungstages als Freude der Ruhefülle in und mit Gott ist dann auch Klammer des Buches zurück zur Anfangssehnsucht der Eingangsworte der Confessiones, „denn du hast uns geschaffen zu Dir hin, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhevoll ist in Dir.“ (Confessiones 1)

      So schließen die Confessiones mit einem Gebet, in der Bitte um Frieden und vollendete Ruhefülle Gottes in uns:

      O Herr und Gott, schenke uns den Frieden – Du hast uns ja alles geschenkt (hier zitiert Augustinus Jesaja 26, 12)-, den Frieden der Ruhe, den Frieden des Sabbats, den Frieden ohne Abend! Denn diese ganze höchst wundervolle Wirklichkeit in der Ordnung der Dinge, die Du selbst ‚sehr gut’ nanntest, – sie wird, wenn ihr Maß und Ziel erfüllt ist, vergehen: denn darin ist je noch ‚ein Morgen’ und ‚ein Abend’ (hier ist immer das erste Kapitel der Genesis im Hintergrund).

      Aber der ‚siebente Tag’ ist abendlos und hat kein Untergehen mehr, weil Du ihn geheiligt hast als Immerwährenden und Bleibenden. Und wenn Du nach Deinen sehr guten Werken am siebenten Tag ruhevoll bist, und aus dieser Ruhefülle alle Werke gewirkt hast, dann soll Deine Stimme in Deiner Schrift uns doch vorauskünden, dass auch wir nach unserem Wirken, welches, weil Du es uns im Kern aus Dir selbst gegeben hast, auch ‚sehr gut’ ist, am Sabbat des ewigen Lebens ruhen werden in Dir.

      Dann wirst auch Du in uns so ruhevoll sein, wie Du jetzt in uns wirkst, und diese Ruhefülle wird Dein Selbst in und durch uns sein, so, wie jetzt Dein Wirken durch uns ist. Du, o Herr, bist immerwährendes Wirken und darin immerwährende Ruhefülle zugleich. Du siehst nicht in der Zeit, regst Dich nicht zeitlich oder ruhst zeitverhaftet – und doch bist Du es, der da wirkt und wirkt das zeitliche Sehen und Erkennen, die Zeit selbst und das vollendete Ruhen, ruheerfüllt, wann Zeit nicht mehr sein wird.“

      (eigener Übersetzungsversuch von Markus Roentgen)

      In allem aber gilt die größere Demut, die im Sermo 117, 5 Augustinus so beschreibt:

      „Si enim comprehendisti, non est Deus“

      „Wenn du es begriffen hast, ist es nicht Gott“.

      Literatur:

      Peter Brown, Der Heilige Augustinus. Lehrer der Kirche und Erneuerer der Geistesgeschichte (= Heyne Biographien 18). München 1967.

      Ernst Dassmann, Augustinus. Heiliger und Kirchenlehrer. Stuttgart u.a. 1993.

      Henri Marrou, Augustinus (=rororo Bildmonographie 8). Hamburg 1988. Des heiligen Augustinus Bekenntnisse (Confessiones), übersetzt von Alfred Hoffmann : Des Heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus ausgewählte Schriften, aus dem Lateinischen übersetzt. Vii. Band (= Bibliothek der Kirchenväter Bd. 18) Kempten/München 1914. F. van der Meer, Augustinus der Seelsorger, Köln 1951.

      Albertus Magnus

      (geb. um 1200; gestorben in Köln am 15. November 1280)

      Oder: „Wer nicht denken will, fliegt raus…“(Joseph Beuys)

      Betend denken; denkend beten: Studieren und lebenslang lernen als spiritueller Grundvollzug (vgl. auch die nämliche Sicht im Judentum).

      Albertus Magnus, das ist eine „intellektuelle Berufung“ (Congar, 228).

      Als Dominikanerpater (Bettelorden) der universale Gelehrte seiner Zeit. Radikale Nachfolge des armen und nackten Jesus und intellektuelle Mentalität im Kontext eines Jahrhunderts, das Wissenschaft, Philosophie und Theologie zur Hochblüte brachte, in einer Umbruchszeit, die mit der Gründung von Städten und Universitäten, mit der Ablösung der Romanik durch die Gotik, eine Epochenschwelle darstellt.

      Ein allseits interessierter Mensch („Doctor Universalis“; „Doctor Expertus“ – der erfahrungsreiche Lehrer) tritt auf: Naturkundler (Naturwissenschaftler in der Methode der Empirie) und Naturphilosoph (er schreibt eine „Pflanzenkunde“, „Tierkunde“, Wetterkunde“, „Gesteinskunde“, ist auf der Höhe seiner Zeit in: Medizin, Physiologie, Zoologie, Botanik, Physik, Chemie, Geographie, Klimatologie, Geologie, Mineralogie, Meteorologie, Astronomie), Philosoph (er ist der Aristoteles-Entdecker für die Philosophie und Theologie des Mittelalters), Theologe (bedeutende Bibelkommentare, Systematische Theologie, Mystik); er ist Politiker (allseits anerkannter Schiedsrichter und Friedensstifter), Kirchenleiter als Bischof von Regensburg, Universitätsgründer der Universität zu Köln, der damals größten deutschen Stadt am Vorabend der Domgrundsteinlegung 1248 und in allem Bettelmönch, der tausende Kilometer zu Fuß durch Deutschland und Europa pilgert.

      Zusammenführungen: von genauem Denken auf der Basis von Beobachtung und Erfahrungswissen; kontemplativem und tätigem Leben, Mystik und Politik. Strenges konsistentes Denken, Ehrfurcht und Liebe zu allem Geschaffenen, zur Gesamtheit der Natur, friedensstiftender Dienst am Nächsten; tiefere Einheit in Verschiedenheit von beschaulichem und tätigem Leben.

      Lebensstationen:

      Um 1200 Geburt in Lauingen; 1223 Dominikaner in Köln; 1245 Magister der Theologie in Paris; ab 1248 mit Thomas von Aquin in Köln, Gründung des Generalstudiums; 1254 Provinzial der Dominikaner; 1257 Zweite Vorlesungszeit in Köln; 1260 Bischof von Regensburg; 1270 Rückkehr nach Köln; 1279 Testament; 1280 Tod im Kölner Dominikanerkonvent; 1651 Erste Gesamtausgabe; 1931 heiliggesprochen (Kirchenlehrer; Patron der Naturwissenschaften).

      Denken und Spiritualität

      Wir leiden nicht an einem zuviel, vielmehr an einem zuwenig guten, vernünftigen Denkens!

      Scholastische Dynamik: legere; disputare; praedicare – ein ständig sich wechselseitig beförderndes Tun.

      Vermittlung und Übersetzung: Versuch, die gesamte Wissenschaft des Aristoteles, der arabischen und jüdischen Gelehrten verstehbar zu machen. Albert hatte, wie Thomas von Aquin, eine besondere Fähigkeit, zum Kern einer Frage, Sache durchzudringen und diesen in der Substanz zu erfassen.

      Denken und Beten im Gehen (peripatetisch), in der Tradition der Bettelorden durch ganz Europa; tausende Kilometer im Laufe seines Lebens, bis ins hohe Alter!

      Im Zuge der Domgrundsteinlegung durch Konrad von Hochstaden am

      15. August 1248 gelingt es Albert, Köln zum wissenschaftlichen Mittelpunkt Deutschlands zu machen. Hohe Wertschätzung des profanen Wissens! Einer der frühen Denker, die „Profanes“ so anschauen, dass es als Heiliges erscheint. Abwehr jeglicher Denkfaulheit oder der Diskreditierung des Intellektes (etwa durch Verweis auf den einfachen und naiven Glauben!).

      Albert schreibt in seinem Dionysius-Kommentar: „Es gibt Leute, die nichts verstehen, aber auf jede Weise die Verwendung der Philosophie (zur Glaubensverteidigung) bekämpfen, besonders bei den Predigerbrüdern, wo ihnen keiner entgegen tritt. Wie Tiere ohne Vernunft lästern sie gegen das, was sie nicht kennen“ (Ed. Col. XXXVII, 2, 1978, 504).

      Seine „Physik“ ordnet die Naturwissenschaft und die Naturkenntnis der größeren Ehre Gottes zu.

      Lehrer von Thomas von Aquin, dem „stummen Ochsen“ von Köln, der, laut Albert,