Катя Брандис

Feuerblüte III


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sagte Rena: „Brauche ich nicht. Ich habe schon einen.“ Als er die Stirn runzelte, nahm sie ihn zum ersten Mal mit auf die Lichtung, zu der Viveca. Ihr Onkel warf einen langen Blick auf den Baum und nickte. Dann half er ihr, den grünen Stoffstreifen mit ihrem Namenszeichen am Stamm zu befestigen und sich mit dem Baum bekannt zu machen. Seitdem war die Viveca ganz offiziell ihr Baum und Renas Herz klopfte vor Freude.

      Inzwischen wohnte Rena mehrere Tagesreisen entfernt an der Grenze zu Vanamee, sie konnte ihren Lebensbaum nicht mehr so oft besuchen. Zu ihm zurückzukehren war wie immer ein Fest. Obwohl es Spätsommer war, blühte die Viveca noch und der Duft durchzog die geschützte, sonnenbeschienene Lichtung. Tjeri ließ sich ein Stück entfernt im Gras nieder und stützte sich auf einen Ellenbogen. „Lass dich nicht stören, ich schaue unauffällig zu ...“

      Rena setzte sich neben den Stamm und streckte sanft die Hand aus, legte sie auf die glatte Rinde. Die Aura der Viveca war stark und warm, hüllte Rena ein wie eine Umarmung. „Ich bin es“, sagte Rena leise, aber das war gar nicht nötig, schon veränderten sich die Gedichte, die ihr Baum im Wind flüsterte, hießen sie willkommen.

      „Kann gut verstehen, dass du hier begraben sein willst“, seufzte Tjeri zufrieden und kaute auf einem Grashalm. „Das hier ist einer der schönsten Flecken von ganz Daresh. Das Seenland mal ausgenommen.“

      Rena ging zu ihm hinüber. „So, jetzt muss ich dir noch genau zeigen, wo ich später mal zwischen den Wurzeln liegen will. Du wirst das schließlich mal organisieren müssen.“

      Doch Tjeri schüttelte den Kopf und zog sie neben sich ins weiche Gras. Sanft nahm er ihre Hand. „Erklär das vielleicht besser auch jemand anders.“

      „Wie meinst du das?“ Gedanken rasten durch Renas Kopf. Er schien zu denken, dass er früher sterben würde als sie! War er krank? Hatte er ihr etwas verschwiegen? Hatte der Angriff des Eis-Dämons im letzten Winter ihn irgendwie vergiftet?

      „Erstens habe ich als Sucher eine Berufung, die nicht ganz ungefährlich ist“, sagte er ruhig. „Und zweitens hatte ich, als ich damals aus dem Kerker der Felsenburg zurückkam, so eine Art Vision, eine Traumsuche. Ich weiß, wie alt ich werde, und ich habe kein Problem damit. Es ist noch einige Winter hin, keine Sorge.“

      „Ah. Eine Vision.“ Rena war etwas wohler zumute. Sie glaubte nicht an solche Dinge. Aber gefährlich war an Visionen, dass sie zu selbsterfüllenden Prophezeihungen werden konnten. Wenn er an die Vision glaubte, verhielt sich Tjeri vielleicht so, dass er nicht alt wurde ... und dann würde wahr werden, was er gesehen hatte.

      „Weißt du was, wir könnten mal beim Mond-Orakel vorbeischauen“, schlug Rena vor. Sie schaffte es schon fast, heiter zu klingen. „Das ist nur ein paar Stunden Fußmarsch von hier. Dann soll uns das Orakel einen Tipp geben, wer wessen Begräbnis organisieren muss.“

      Tjeri horchte auf. „Das Orakel, diese drei eigenartigen Kinder? Ja, das fände ich interessant. Man hört ja so viel davon in letzter Zeit. Warst du schon mal da?“

      „Nein – aber das wäre doch ein guter Anlass“, meinte Rena. Sie gestand sich ein, dass auch sie neugierig war auf das Orakel. So etwas hatte es auf Daresh noch nicht gegeben. Ein guter Grund, um es sich anzusehen, selbst wenn ihre Frage nicht gewesen wäre.

      ***

      Als Alena erwachte, merkte sie, dass Jorak wieder – oder immer noch? – mit offenen Augen an die Decke des Verstecks starrte. Sie legte den Arm über ihn. Ob er sich schon entschieden hatte? „Na, hast du gar nicht geschlafen?“

      Ein brauner pelziger Kopf mit runden Ohren und menschlichen Zügen tauchte über der Kante des Bettes auf. „Nee, die Jagd war zzu gut heute, viel zzzu gut.“

      Alena warf ein Kissen nach ihm und brüllte: „Cchraskar, du sollst mich nicht immer erschrecken! Außerdem will ich nicht, dass du hier einfach so reinplatzt!“ Sie war froh, nicht bei Zärtlichkeiten mit Jorak ertappt worden zu sein.

      Jorak lächelte nur. Er hatte wohl tatsächlich kein Auge zugetan und mitbekommen, dass der junge Halbmensch früh am Morgen eingetroffen war. „Schade um das Kissen. Ich wette, gleich fliegen die Federn.“

      „Yau! Gute Idee“, maunzte Cchraskar, warf sich auf das Kissen, verbiss sich darin und rollte damit durch den Raum.

      „Gut, dass es im Versteck reichlich Bettzeug gibt“, meinte Alena und stützte sich auf die Ellenbogen, damit sie Jorak besser in die Augen sehen konnte. „Gut, fangen wir nochmal von vorne an. Hast du dich für eine Gilde entschieden?“

      Er seufzte tief. „Nach stundenlangem Grübeln, ja. Für Luft.“

      Alena war enttäuscht. Er wollte nicht in ihre Gilde! Sie hatte gehofft, sie könnte ihre Welt mit ihm teilen. Die Talente, die er dafür brauchte, hatte er ja.

      „Ich musste auch daran denken, wofür ich die besseren Voraussetzungen habe“, versuchte Jorak zu erklären. „Ich bin in Nerada aufgewachsen, bei den Luft-Leuten, meine Mutter hat mir alles beigebracht, was ein Händler können muss. In der Feuer-Gilde wäre ich vermutlich nie gut genug, um irgendeiner Berufung zu folgen. Diese Welt ist mir noch zu fremd.“

      „Das ist kein Problem – ich könnte dir alles beibringen, was du wissen musst!“

      „Nein“, sagte Jorak, und auf einmal war sein Gesicht eine Spur kühler als zuvor. „Ich will es bei Luft versuchen.“

      „Gut“, sagte Alena schnell. Er sollte nicht denken, dass sie ihn bevormunden wollte. „Dann müssen wir uns jetzt überlegen, wie wir es anstellen, dass du aufgenommen wirst.“

      „Das ist genau das Problem.“ Jorak wand sich eine von Alenas glatten rotbraunen Haarsträhnen um den Finger. „Ich habe mich schon ein halbes Dutzend Mal beim Rat beworben und ich fürchte, die kriegen höchstens einen Wutanfall, wenn ich mich schon wieder melde.“

      „Aber du bist nicht mehr derselbe Mensch, der sich damals beworben hat! Du hast die Grenze überquert, hast im Thronsaal vor der Regentin gestanden – und du hast in Rhiannon eine Formel gefunden, die hier unbekannt ist.“ Alena erinnerte sich noch gut an die drei Tornados, die Jorak mit dieser Formel rufen konnte!

      „Stimmt, die Formel ist ein Tauschgut der Extraklasse.“ Joraks Miene wurde wieder etwas heiterer. „Mit etwas Glück nehmen sie mich in die Gilde auf, nur um an die Formel heranzukommen.“

      „Nur musst du ihnen irgendwie das Angebot machen. Und das geht schlecht, wenn sie nicht mehr mit dir reden.“ Alena überlegte. „Ich glaube, das ist ein Fall für einen anonymen Brief.“

      Jorak grinste. „Das ist gut. Ich habe noch nie einen anonymen Brief geschrieben. Zählt also als etwas Neues für den Tag.“

      In der Bibliothek des Verstecks war reichlich Schreibmaterial. Zusammen setzten sie sich daran, die Botschaft zu formulieren. Einen geeigneten Empfänger dafür wusste Jorak schon: zurzeit hielt sich, wie er gehört hatte, ein mächtiger Meister vierten Grades namens Elaudio in Ekaterin auf. Wenn sie es schafften, ihn zu überzeugen, dann war das ihr Freibrief für eine Audienz beim Hohen Rat der Luft-Gilde. Er befand sich in Eolus in der fernen Provinz Nerada.

      „Hast du Elaudio schon mal gesehen?“, fragte Alena neugierig.

      Jorak nickte. „Ja, auf dem Markt. Er ist ziemlich fett, hat immer eine zahme Bolgspinne dabei, die auf ihm herumkriecht, und dazu einen Schwarm von Leibwächtern um sich herum.“

      Nach langem Brüten über die richtigen Formulierungen hatten sie die Nachricht zusammen. Jorak übersetzte sie in die alte Handelssprache, um zu signalisieren, dass sie von jemandem aus der Luft-Gilde kam, und schrieb in seiner besten Schönschrift:

       Meister Elaudio,

       es gibt eine Formel der Luft-Gilde, die bisher niemand außer mir kennt. Ich habe sie auf einem alten Pergament entdeckt und ausprobiert. Sie hat eine sehr starke Wirkung. Wenn Ihr mehr über die Formel erfahren wollt, dann findet Euch morgen Nacht bei Aufgang des dritten Mondes allein an der Stelle ein, an der früher der Palast der Trauer gestanden hat.

      „Er