Victoria M. Castle

A song of Catastrophe


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und ihrer Rippe aus dem Sommer zu tun.

      Im November jedoch hatte es keinen Zwischenfall gegeben.

      Definitiv nicht.

      Und mit dieser neuen Art, mit Dingen umzugehen, verdrängte Lexi auch den Gedanken daran, dass Castiel zurück war.

      Zugegeben, sie hatte es für eine Sekunde in Erwähnung gezogen, sich den Flashbacks hinzugeben, ein paar Erinnerungen aufleben zu lassen, erst recht nach seiner kleinen Ansprache im Backstageraum an Halloween.

      Aber dann hatte sie sich wieder an alles erinnert, was damals zwischen ihnen gewesen war und sich bewusst für das entschieden, für das sie sich schon damals entschieden hatte.

      Kein Comeback.

      Er war ihr Bassist, mehr nicht.

      Und Bastian war ihr Gitarrist.

      Mehr nicht.

      Sie hatte genug von komplizierten Geschichten, schmerzenden Momenten und Gedanken, die in ihrem Schädel umherrasten, als seien sie auf einer Kartbahn.

      Sie musste da nicht mitmachen, richtig?

      Sie musste nicht die leidende, verletzte Frau spielen, die nie gelernt hatte, was Liebe bedeutet.

      Und was bedeutete Liebe denn auch schon?

      Für Lexi sicherlich nun nach all dem nichts mehr.

      Sie hatte genug von den Jungs.

      Auf Alex konnte sie getrost verzichten, zumindest außerhalb der Band. Es machte Spaß mit ihm auf der Bühne zu stehen, ganz ohne Frage. Aber er war nicht mutig genug, um auch nur hinter der Bühne weiter in Frage zu kommen.

      Nein, Alex war definitiv gestrichen.

      Und sein Cousin, Bastian, der düstere Hoodie, der ihr nachts nachgestellt, sich in ihre Band eingeschleust hatte und wegen dem sie nun wiederholt im Krankenhaus gelandet war?

      Natürlich war Lexi selbst schuld daran gewesen.

      Sie hätte nicht auf Bastian hereinfallen dürfen.

      Ja, natürlich war der Gedanke an den düsteren Rächer aus der Nacht wirklich heiß gewesen.

      Aber dieser Kerl war einfach viel zu kompliziert.

      Er hatte diese Ex, die ihm ständig hinterherlief, seine merkwürdige Art und Weise, ihr einfach nicht klar und deutlich sagen zu können, was er eigentlich wollte und mit ihr Emotionspingpong zu spielen.

      Nein, Lexi hatte sich nun einfach mal dagegen entschieden.

      Sie musste nicht mitspielen, richtig?

      Und dann war da noch Castiel.

      Bei dem Gedanken an ihn hätte Lexi beinahe laut gelacht.

      Und eigentlich jeglichen Gedanken verscheucht.

      Castiel hatte ihr so vieles im Leben beigebracht und genau das war es gewesen, woran sie sich in dieser einen Nacht im November erinnert hatte.

      Die Person, die sie vor all dem Drama war.

      Die Nacht, die natürlich nicht existiert hatte.

      Aber immerhin brachte sie Lexi wieder auf den Boden der Tatsachen und nichts davon musste weiter thematisiert werden.

      Nicht Michelles Bruder, der seine Schwester hatte rächen wollen, indem er Lexi übel zurichtete.

      Oder seinen Kumpel, der zuerst wie ihre Hoffnung in dieser Misere gewirkt hatte, um dann ihre Hose herunter zuziehen und – nein, auch nicht Bastian, der aus dem Nichts aufgetaucht war, als hätte Michelles Bruder beinahe nur auf ihn gewartet und den Retter spielte mit – nein, auch Castiel musste nicht mehr thematisiert werden. Wie seine Wut vollkommen außer Kontrolle geraten war, welche Augen Lexi von ihm gesehen hatte und dass er den einen Kerl sicherlich getö- nein.

      All das war nie passiert.

      Und dieses ganze Gefühlsding drum herum, dass sie verwirrt war von Bastian, der als Hoodie wieder in ihrem Leben auftauchte oder von Castiel, der da einfach auf der Bühne neben ihr stand als neuer Bassist.

      Lexi musste deswegen nicht gleich in Ohnmacht fallen, Herzrasen bekommen und eine kitschige Romanfigur in einem Liebesdrama werden.

      So war sie nie gewesen.

      So war sie damals schon nicht gewesen, als diese eine Sache in ihrem Leben schiefgelaufen war.

      So war sie vielleicht, als Bastian ihr für einen flüchtigen Moment den Kopf verdreht hatte, aber eigentlich hatte sie auch damals unterkühlt reagiert und über all dem gestanden.

      Warum sollte sie das jetzt ändern?

      Nur weil Bastian UND Castiel zeitgleich zurückgekehrt waren?

      Na und?

      Das würde nichts daran ändern, dass Lexi einfach nicht der Typ dafür war.

      Sie würde keinem von beiden nun die große Liebe gestehen und Arm in Arm in den Sonnenuntergang reiten.

      Oder eine große Runde „Wer ist der Richtige für mich?“ spielen.

      Nein, so war Lexi nicht.

      Liebe war nur ein kitschiges Wort, eine Farce.

      Menschen wurden zu Marionetten, wenn es über dieses magische Wort ging, verloren sich in irgendwelchen Lügen und würden alles für ihr Gegenüber tun.

      Lexi war nicht so.

      Sie war nicht biegsam und für Lügen war sie zu ehrlich.

      Sie brauchte keinen Menschen, der sie liebte.

      Dem sie hinterherlaufen musste, dem sie Versprechungen machen musste und für den sie ihr Leben würde ändern müssen.

      Denn sie konnte auf all diese Dramen verzichten.

      Sie brauchte einem Menschen nur so nah zu kommen, wie dieser einen Nutzen für sie hatte oder ihr ein gutes Gefühl gab. Aber sobald sich eines von beidem änderte, würde Lexi dem aus dem Weg gehen.

      Diese Einstellung hatte sie damals besessen, bevor es in ihrer Welt einen Bastian und nachdem es in ihrer Welt einen Castiel gegeben hatte.

      Und diese Einstellung hatte sie auch jetzt wieder.

      Ein Hoch auf den kalten, regnerischen, düsteren November.

      Lexi hatte in der letzten Novemberwoche einen Termin mit ihrer Managerin gehabt.

      Es war um einige wichtige Dinge gegangen, die in der Zukunft auf sie warten würden.

      Nachdem der Fotoshooting-Termin für das Albumcover Anfang November geplatzt war, hatte sie mehrere Gigs gespielt und ihre Songs, welche sie im Sommer bereits geschrieben und überarbeitet hatte, finalisieren müssen.

      Lexi hatte schon ein paar der Songs im Sommer ihrer Managerin geschickt und mit Alex zusammen ein paar kleine Änderungen an den bisherigen Songs vorgenommen. Dabei war es lediglich um Kleinigkeiten gegangen, die bei den zukünftigen Studioaufnahmen Beachtung finden würden.

      Lexi hatte bisher ihre neuen Songs nur immer kurz und knapp mit ihrer Managerin besprochen. Es gab Verbesserungswünsche und Lexi hatte diese umgesetzt, oder Kompromisse, wenn Lexi einer anderen Meinung gewesen war, wie ihre Managerin.

      Alles in allem war ziemlich reibungslos verlaufen.

      Auch in den vergangenen Tagen hatte Lexi noch an ein oder zwei Songs gearbeitet, welche sie ihrer Managerin noch hatte zukommen lassen. Schließlich stand die finale Songauswahl für das Album fest, welche sie bei diesem Termin noch einmal durchgegangen waren.

      Ab nun würde es ernst werden.

      Allein deswegen war schon keine Zeit, sich mit irgendwelchen Kerlen herumzuschlagen. Auch wenn sie jeden Einzelnen von ihnen wohl in der nächsten Zeit deutlich häufiger sehen würde.

      Der Dezember war taff geplant, schließlich hatte Lexi aufgrund ihrer Verletzungen einiges nachzuholen.