Oliver Speier

Lykanta


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Was ist? "

      Eingeschüchtert wich er etwas zurück, ehe er unsicher zu sprechen anfing.

      " Tut mir leid, wenn ich ungelegen komme, aber die Leute in der Küche haben mir gesagt, ich soll bei ihnen vorbeischauen und mich für ihre Hilfe gegenüber Pierre erkenntlich zeigen. "

      Verständnislos blickte ich ihn an.

      " Wie bitte? "

      Er wurde immer nervöser. Mit einer unsicheren Geste zog er seinen Kragen etwas zur Seite und präsentierte mir seinen Hals. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Der Kerl bibberte vor Angst, sah sich jedoch auf Druck seiner Kollegen gezwungen, sich mir als Spender anzubieten.

      Sein Adamsapfel hüpfte nervös auf und ab, ehe er mich erneut ansprach.

      " Ich hätte nur eine Bitte. Könnten wir die Sache ohne Sex erledigen? "

      Fassungslos sog ich die Luft ein und fragte mich, was ihn zu der Idee brachte ich wollte sein Blut oder sogar Sex von ihm?

      " Das ist jetzt ein Scherz, oder? "

      Bei meiner Reaktion bekam er wohl Angst und beeilte sich zu erklären.

      " Oh, nicht dass sie denken, ich fände sie nicht attraktiv! Ich finde sie sogar extrem hübsch und unheimlich sexy, aber ich...also es ist einfach so, ich habe ein Mädchen kennengelernt und wir, ich..wie soll ich das erklären? "

      Er wurde feuerrot und suchte krampfhaft nach Worten. Erkenntnis durchzuckte mich und ich begriff so langsam, was hier vor sich ging. Trotz meiner momentanen Gemütslage musste ich lächeln und half ihm mit Worten aus.

      " Ihr hattet noch nie Sex und du willst das erste Mal mit ihr erleben. "

      Seine Arme sackten kraftlos nach unten und er starrte mich mit hochrotem Kopf ungläubig an.

      " Woher wissen sie das? "

      Ich tippte mir an die Schläfe.

      " Nennen wir es weibliche Intuition und um dich zu beruhigen, du brauchst mich weder mit Blut, noch mit Sex zu bezahlen. Mein Tag war nicht so toll und ich habe auf keins der zwei Dinge Lust. Also knöpf deinen Kragen wieder zu und schau, dass du zu deiner Freundin kommst! "

      Er konnte seine Erleichterung nicht verbergen, blieb jedoch weiterhin unsicher vor mir stehen.

      " Was soll ich denn meinen Kollegen sagen? Die denken sicher ich hätte gekniffen. "

      Etwas ratlos hob ich die Schultern.

      " Sag ihnen einfach, wenn dir einer von ihnen Ärger macht, hetze ich ihm Pierre auf den Hals. "

      So ganz schien ich ihn nicht überzeugt zu haben, doch schließlich nickte er und lächelte mir dankbar zu. Mit einem kleinen Wink gab ich ihm zu verstehen, dass er gehen konnte. Man sah ihm an wie erleichtert er war, als er den Flur entlang davon rannte.

      Kopfschüttelnd schloss ich die Tür. Er fand mich sexy und rannte vor mir davon. Stefan wollte mein Freund sein und stieg mit meiner Partnerin ins Bett. Susi fand mich klasse und stieg mit jedem ins Bett. Frustriert marschierte ich ins Bad zurück und zerrte mir die Kleider vom Leib. Danach schlurfte ich zum Bett. Mir fehlte die Kraft um meine Schlafklamotten im Schrank zu suchen und so schlüpfte ich nackt unter die Decke. Dort bemitleidete ich mich noch lange Zeit selbst. Erneut weinte ich bittere Tränen. Diesen folgten wütende Phasen, die wiederum in tiefe Trauer und Tränen übergingen. So lag ich bestimmt die halbe Nacht wach, ehe mich die Erschöpfung in den Schlaf zwang.

      Ich erwachte mit steifem Hals und verkrusteten Augen. Ein Rasenmäher rumpelte an meinem Fenster vorbei und ich griff müde nach meinem Handy. 13:42 Uhr, noch viel zu früh, um aufzustehen. Müde sank ich zurück ins Kissen, doch der Lärm vor meinem Fenster verhinderte ein Einschlafen. Die Eindrücke der letzten Nacht kamen wieder hoch und ich spürte wie der Frust und die Trauer erneut Besitz von mir ergriffen. Um mich davon abzulenken, spielte ich in Gedanken allerhand Situationen durch.

      Dort war es Susanne, die ihr Tun zutiefst bereute. Ich ließ sie vor mir betteln, heulen und weinen. Sie wollte zu mir zurück, doch ich ignorierte ihr Flehen und stürzte sie damit in tiefe Verzweiflung. Letztendlich verloren jedoch auch diese Traumgespinste ihren Reiz. Frustriert lag ich im Bett und starrte zur Decke. Irgendwie hatte ich ja gehofft und erwartet, Susi würde bei mir auftauchen, um sich zu entschuldigen, doch dieses treulose Luder sah wohl keinen Grund, sich bei mir zu melden. Schwer gekränkt durch ihr Verhalten wünschte ich ihr Pickel, Zellulitis, Krähenfüße und eine Blasenentzündung an den Hals.

      Müde wälzte ich mich aus dem Bett. Das ständige Nachdenken und Grübeln hatte mich so aufgewühlt, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Im Bad begab ich mich erst mal unter die Dusche, denn ich fühlte mich ätzend nach der ganzen Heulerei. Danach ging es mir etwas besser. Ich kramte meine alten Sachen aus dem Schrank und schlüpfte in eine fadenscheinige Jogginghose und einen Fleecepulli. Anschließend setzte ich mich an den Tisch und starrte den Laptop an.

      Erneut verspürte ich den Wunsch, das Teil zu schnappen und mit voller Wucht gegen die Wand zu werfen. Keine Ahnung, wie ich es schaffte den Drang zu unterdrücken. Statt dessen holte ich tief Luft und klappte den Deckel auf.

      Das Hochfahren dauerte eine gefühlte Ewigkeit, was meine Laune nicht verbesserte. Kaum hatte ich den Browser angeklickt, wurde ich erneut ausgebremst. Der Virenscanner machte sein Update. Zu allem Überfluss war auch noch bei 'Makrohart', dem besten Betriebssystem aller Zeiten, Patchday.

      Ich schlug mit der Faust auf den Tisch und war nun wirklich kurz davor, den Laptop in Schrott zu verwandeln. Alleine die schnelle Internetverbindung der Enklave rettete ihn vor diesem Schicksal. Stefan hatte wieder sein Forum als Startseite hinterlegt, was mich zum Benutzen der Suchleiste zwang. Wenigstens verlief das Eingeben und Einloggen auf der Partnerbörse dank meiner gespeicherten Passwörter problemlos.

      54 Nachrichten und 207 Besucher in den letzten Tagen wurden mir angezeigt. Verblüfft starrte ich auf die Zahlen. Dafür, dass ich mich nur ein- bis zweimal auf der Seite eingeloggt hatte, waren das aber erstaunlich viele Profilbesucher.

      Aufgeregt klickte ich auf die Nachrichten. Die irrwitzige Vorstellung, Michelle könnte sich gemeldet haben, keimte in mir auf, doch mit jeder Nachricht die ich öffnete sank meine Hoffnung. Alleine vom "Langen Franz" tummelten sich 15 Nachrichten in meinem Postfach. Der Rest bestand fast nur aus eindeutigen Angeboten sich zum Sex zu treffen, gefolgt von beleidigenden Mails, weil ich mich auf eben diese Angebote nicht gemeldet hatte.

      Nachdem ich die letzte Nachricht angeklickt hatte, machte sich Ernüchterung in mir breit. Michelle hatte sich nicht bei mir gemeldet. Irgendwie verletzte mich das fast ebenso sehr, wie Susannes Verrat. Klar, wir waren bei unserem Abenteuer eher unfreiwillig zu Verbündeten geworden, doch irgendwie hatte ich gehofft, ihr würde es wie mir gehen und sie würde sich nochmal bei mir melden. Ein einfaches " Hallo wie gehts dir? ", hätte mir schon vollkommen gereicht.

      Obwohl ich mir blöd dabei vorkam, tippte ich Miss M. ein und besuchte ihr Profil. Ihr Avatar baute sich vor meinen Augen auf. Kopfschüttelnd blickte ich auf das Bild von ihr. Auf diesem war sie viel zu sehr geschminkt und lächelte übertrieben verführerisch in die Kamera. Das war nicht sie! Die Michelle, die ich kennengelernt hatte, passte überhaupt nicht zu dem Bild. Auf ihm wirkte sie wie ein billiges Sexpüppchen. Dabei war sie eine knallharte Kämpferin. Verdammt, die Frau hatte sogar einen Werwolf mit bloßen Händen KO geschlagen. Zwar war er zu dem Zeitpunkt in menschlicher Gestalt gewesen, dennoch empfand ich dies als große Leistung.

      Auf dem Bild hier wirkte sie weiblich, zart und etwas devot. Ich hingegen hatte sie zielstrebig und durchsetzungsstark kennen gelernt. Lächelnd blickte ich auf ihr Bild und betrachtete es versonnen. Gut, sie war zu stark geschminkt, doch wenn man sie genauer betrachtete, konnte sie es in Sachen Schönheit durchaus mit Susanne aufnehmen. Mein Blick glitt zu ihrem Statusbutton, welcher auf "offline" stand. Was hatte ich auch erwartet. Eigentlich war nun der Zeitpunkt gekommen, sich auszuloggen, doch statt dessen zupfte ich unschlüssig an meiner Unterlippe, ehe ich mit klopfendem Herzen auf das Nachrichtensymbol klickte.

      Der Cursor blinkte mir auf dem weißen Hintergrund entgegen. Angestrengt überlegte ich