Jasmin Adam

Felsenmond


Скачать книгу

"u1c81ab07-c6db-5fa5-93c7-95e7fcad448b">

      Jasmin Adam

      Felsenmond

      Roman

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Zum Buch:

       Zur Autorin:

       Mondsüchtig

       Kaktusfeigen

       Die Stunde

       Bei der Nacht, wenn sie dunkelt

       Der Sturm

       Leite uns den rechten Pfad

       Sternschnuppe

       Der Ring

       Schatten und Licht

       Besser als tausend Monde

       Und siehe, der Tag kommt

       Felsenmond

       Die Ballade vom Jemen

       Impressum neobooks

      Zum Buch:

      Jemen, kurz vor dem “Arabischen Frühling“: Fünf junge Frauen träumen von einer besseren Zukunft, doch die Herausforderungen scheinen unüberwindbar. Sausan wird zum Studienabbruch gezwungen, weil sie einen Kommilitonen liebt, Latifa wird gegen ihren Willen verheiratet und Malika gerät in Gefahr, weil sie es wagt, staatliche und religiösen Instanzen zu hinterfragen. “Felsenmond“ gibt tiefe Einblicke in die jemenitische Gesellschaft, fordert zum Mitbangen und -hoffen auf, entlarvt Formen individueller und kollektiver Schuld und zeichnet doch zarte Hoffnungsspuren.

      Leider haben sich auch im Jemen die großen Erwartungen auf Wandel nicht erfüllt und die Hauptleidtragenden des anhaltenden Krieges sind Kinder und Frauen. Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an die jemenitische Frau: An ihren Mut zu träumen, ihren Willen zu kämpfen, ihre Bereitschaft Kompromisse zu schließen und ihre erschreckende Leidensfähigkeit.

      Zur Autorin:

      Jasmin Adam hat als Islamwissenschaftlerin zehn Jahre mit ihrer Familie im Jemen gelebt und gearbeitet. Seit 2010 wohnt sie wieder in der Nähe von Freiburg, wo sie in ihrer Freizeit als Autorin und Dolmetscherin tätig ist.

      Mondsüchtig

      Hast du den Mond gesehen?

      Er scheint so seltsam nah.

      Als könnt ich zu ihm gehen,

      als wär ich fast schon da.

      Spürst du den Zauber nicht,

      in dieser stillen Nacht?

      Mondschein im Angesicht,

      rings her der Sterne Pracht.

      Die Luft ist süß und mild

      und schmeckt nach Sommertraum,

      das Dunkel wie ein Schild,

      gibt den Gedanken Raum.

      Als ob sie Flügel hat,

      schwebt meine Seele fort,

      ist weder müd noch matt,

      schwingt sich von Ort zu Ort.

      Ach, blieb die Zeit doch stehen!

      Sonne, was brauch ich dein?

      Kann ich den Mond nur sehen,

      bin ich nicht mehr allein.

      Kaktusfeigen

      „Latifa! Latifa, komm! Schnell!“ Die grelle Stimme ihres Bruders riss Latifa aus ihrer Versunkenheit. Seufzend löste sie ihre Augen vom Horizont und zwang ihre wild streunenden Gedanken in die Gegenwart zurück. Latifa konnte es sich selbst nicht erklären, aber immer wenn sie auf das Flachdach hinaus trat, wanderten ihre Blicke unwillkürlich zu dem einen markanten Felsen, der sich schroff von der Bergsilhouette am Horizont abhob. Als ob ein Zauber von dort ausginge und ihr irgendwann ein geheimes Zeichen geben müsse. Ein Zeichen nur für sie, das alles schlagartig verändern würde. Etwas Erhabenes, Unwiderrufliches, etwas, das sie aus der Eintönigkeit ihres Daseins herauszuholen vermochte. Latifa wusste selbst nicht, auf wen oder was sie wartete – sie wartete einfach. Meist unbewusst und selbstverständlich, manchmal bewusst und ungeduldig. Diese undefinierbare und doch alles bestimmende Sehnsucht war ein untrennbarer Teil ihrer selbst, war ihr engster Vertrauter geworden.

      „Latiiiifa!“ Nur ein leichtes Zucken um ihre Mundwinkel verriet Latifas Unwillen, als das schlanke Mädchen ihr Wäschebündel mit einem geschickten Handgriff zusammenschnürte, den Gesichtsschleier gekonnt über die Nase hochzog und mit behänden Schritten die unebene Treppe vom Dach des Hauses hinunter sprang.

      „Ich komme ja schon!“, antwortete sie und verschwand im Dunkel des Wohnturms, wo sie, aus dem grellen Licht der Mittagssonne kommend, zunächst nichts mehr sehen konnte. Aber das musste Latifa auch nicht, kannte sie doch jede der eigenwilligen Stufen, jeden Vorsprung der Lehmmauer, jeden herausragenden Balken selbst im Schlaf.

      Unten empfing ihr jüngerer Bruder Ahmed sie mit strengem Gesicht. „Wo bist du bloß gewesen? Der Vater kommt gleich! Wir haben das Auto schon im Wadi gesehen und die Mutter braucht dich, du musst doch noch die Hilbe zubereiten!“ Zufrieden, eine Rüge ausgeteilt zu haben, wartete Ahmed keine Antwort ab, sondern zog sich in den Diwan zurück, wo er am Fenster sitzend ungeduldig die Ankunft des Vaters erwartete. Wie die meisten Jungen aus den Bergen war auch Ahmed klein und drahtig, seine glänzenden schwarzen Locken waren kurz geschnitten und seine sanften braunen Augen passten nicht so recht zu dem herrischen Auftreten, das er den Frauen der Familie gegenüber so gerne an den Tag legte. Doch der ganze Stolz des Vierzehnjährigen war der kleine schwarze Flaum, der sich seit Kurzem auf seiner Oberlippe zeigte. Seitdem fühlte er sich erst recht als der Mann im Haus und Latifa musste oft insgeheim über den einen Kopf Kleineren lachen, wenn er sich ihr gegenüber mal wieder als Vormund aufspielte.

      Sie hatte das Wäschebündel im Vorbeigehen in eine der kleinen Schlafkammern geworfen und trat jetzt, den Kopf duckend, durch eine niedrige Tür in die Küche des Hauses. Der Qualm des offenen