hatte und 1918 territorial fürstlich belohnt worden war, auf die Seite der Westmächte zu ziehen. Vor allem Serbien galt als eine Stütze der Versailler Nachkriegsordnung. In Belgrad traf Donovan Prinzregent Paul (Pavle) und drohte, so der Mannheimer Geschichtswissenschaftler Stefan Scheil, „Jugoslawien unangenehme Konsequenzen für die Zeit nach dem alliierten Sieg an, sollte das Land den Durchmarsch deutscher Truppen gestatten“.22
Der Regent und seine Regierung jedoch verfolgten einen Kurs der Neutralität. Noch hatten die Achsenmächte nichts gefordert, was Jugoslawiens Integrität bedroht hätte, nicht einmal Durchmarschrechte. Wirtschaftlich war Jugoslawien eng mit dem Deutschen Reich verbunden. „Mehr als die Hälfte des jugoslawischen Außenhandelsvolumens entfiel auf das Geschäft mit dem Deutschen Reich“ schreibt der Münchner Historiker Karl Hnilicka in seinem 1970 erschienenen militärhistorischen Buch „Das Ende auf dem Balkan 1944/45“. Im politischen und wirtschaftlichen Bereich habe es keine Reibungsflächen zwischen Jugoslawien und Deutschland gegeben. „Wenn dieses gute Verhältnis trotzdem getrübt wurde, so lag dies an dem deutsch-italienischen Bündnis sowie an der betont frankreichfreundlichen Einstellung des serbischen Offizierskorps.“23 Und so traf Donovan mit seinen gegen Berlin gerichteten Avancen in Kreisen des serbischen Militärs, vor allem bei der Luftwaffe, auf offene Ohren.
Griechenland war die britische Operationszone, um Italien ins Visier nehmen zu können und um Hitler eine Front im Südosten aufzuzwingen. Griechenland, möglichst auch Jugoslawien sollten im Kampf gegen Nazi-Deutschland ins Feuer geworfen werden. Edward Wood, der 1. Earl of Halifax, 1938 bis 1940 unter dem auf Beschwichtigung und Deeskalation setzenden britischen Premier Neville Chamberlain Außenminister, unter Churchill britischer Botschafter in den USA, rechtfertigte am 25. April 1941 in Atlanta (Georgia) vor der Atlanta Bar Association die Intervention der Briten in Griechenland: „Wir wußten, daß Hitler bemüht war, Kämpfe auf dem Balkan zu vermeiden, um den stetigen Strom an Gütern aus diesen Ländern nicht zu unterbrechen, die so wichtig für ihn sind. Die Tatsache, daß ein Feind eine bestimmte Aktion vermeiden will, ist allgemein ein guter Grund dafür, ihn zu dieser Aktion zu zwingen.“24 Hitler bestätigte das am 4. Mai 1941. Es sei richtig, wenn Halifax erkläre, „daß es nicht die deutsche Absicht gewesen war, auf dem Balkan einen Krieg herbeizuführen“.
Seit dem deutsch-sowjetischen Angriff auf Polen im September 1939, dem Zangengriff deutscher und slowakischer Truppen von Westen, Süden, Nordosten und der Ostsee aus und - 16 Tage später - sowjetischer Einheiten von Osten aus, lief der Krieg ungünstig für die Westmächte. Polen wurde trotz Beistandsgarantie von Frankreich und Großbritannien militärisch praktisch im Stich gelassen, das Rennen um Norwegen und seine Eisenerz- und Nickelvorräte gewannen die Deutschen mit knapper Not. Der Blitzsieg der Wehrmacht in Frankreich nahm den Briten ihren bis dato wichtigsten Verbündeten. Winston Churchill, der Chamberlain am 10. Mai 1940, zugleich Beginn des deutschen Westfeldzugs, abgelöst hatte, konnte den Krieg jetzt nur noch nach Südosteuropa tragen. Die Ersatzschlachtfelder Skandinavien und Belgien waren ausgefallen. Bereits im September 1939 hatte Frankreich eruiert, wie die rumänischen Öllieferungen ins Deutsche Reich sabotiert werden könnten. Erwogen wurde eine Sperrung der Donau. Der französische Oberbefehlshaber Maurice Gustave Gamelin, schreibt der churchillkritische und der linken Mainstream-Geschichtsdeutung abgeneigte Historiker Stefan Scheil, „schwelgte im März 1940 bereits in der Aussicht auf eine Balkanfront, in der sich 100 Divisionen aus Jugoslawien, Rumänien, Griechenland und der Türkei für den alliierten Kriegseinsatz einspannen lassen würden“.25 Winston Churchill selbst schreibt in seinem 1953 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichneten Epos „Der Zweite Weltkrieg“ über seine Balkanpolitik: „Wenn auf die Entrollung unserer Fahne hin Jugoslawien, Griechenland und die Türkei zu gemeinsamen Handeln ausholten, dann schien es uns möglich, daß Hitler für den Augenblick vom Balkan ablassen könnte oder sich zumindest mit unserer zusammengefaßten Kraft in so schwere Kämpfe verwickelt sähe, daß sich der Balkan zum Hauptkriegsschauplatz ausweitete. Wir wußten damals noch nicht, wie sehr er sich bereits auf die gigantische Invasion Rußlands festgelegt hatte. Wäre uns das bekannt gewesen, hätten wir für den Erfolg unserer Politik größere Hoffnung gehegt.“26
Die Lunte ans Pulverfaß Balkan hatte bereits Italien gelegt, als es nach einem Sechs-Tage-Feldzug im April 1939 zunächst Albanien annektierte, das bereits zuvor ein Satellitenstaat Roms war. Von Albanien aus überfielen die Truppen des Duce am 28. Oktober 1940 Griechenland - das sich militärisch eng mit den Briten eingelassen hatte. Hitler war von Mussolini über dessen Pläne nicht informiert worden. Bereits am 10. Juni 1940 war Italien an der Seite Deutschlands in den Krieg eingetreten - wozu der „Stahlpakt“ - die Achse Berlin-Rom - es verpflichtet hatte. Die Briten hatten in Griechenland zwischenzeitlich erste Truppenkontingente stationiert, am Ende über 50.000 Mann. Hitler wollte, daß Griechenland aus dem Krieg herausgehalten werde, „wenigstens soweit gegenüber den Achsenstaaten verpflichtet werden, daß das Land nicht auf der Gegenseite in den Krieg eintrat“, so Stefan Scheil.27 Italien fürchtete als Verbündeter Deutschlands Angriffe britischer Bomber und Kriegsschiffe. Scheil skizziert die Situation aus italienischer Sicht: „Die Benutzung einzelner griechischer Häfen und Stützpunkte zu Angriffen gegen Italien war ein nicht unwahrscheinliches Szenario. Dem gedachte man in Rom nun durch eine Besetzung der griechischen Westküste zuvorzukommen. Dieser Plan war prinzipiell weniger ungewöhnlich, als er auf den ersten Blick erscheinen könnte. Zu besetzen, was vielleicht zur Gefahr werden könnte, entsprach etwa der gängigen Praxis der englischen Politik, vorwiegend im Mittelmeerraum und im Nahen Osten. 1941 wurde das damals französische Syrien gegen den Widerstand der dortigen Truppen besetzt, bald darauf traf es mit Persien sogar einen neutralen Staat. Er wurde wegen der Gefahr politischen Mißverhaltens gleichzeitig von der Roten Armee und Streitkräften des Westens besetzt, damit Ölförderung und Waffentransfer störungsfrei ablaufen konnten.“28
Mit der erfolgreichen Gegenwehr der griechischen Armee hatte Benito Mussolini nicht gerechnet. Er mußte Hitler um Truppenhilfe bitten. Die griechische Armee erwies sich als unerwartet zäh. Mehr noch: Schon Mitte November 1940 war das besetzte griechische Gebiet befreit, und die Griechen drangen nach Albanien vor. Im Winter 1940/41 fror der Krieg ein, im Frühjahr 1941 gingen die Italiener nochmals in die Offensive - ohne Erfolg. Karl Hnilicka urteilt: „Wenn der Krieg Italiens gegen Griechenland etwas offenbarte, dann die Tatsache, wie wenig der italienische Bundesgenosse leisten konnte.“29 Der deutschen Führung schwante schon frühzeitig, in welches militärische Abenteuer Mussolini sie hineinzog. Am 1. Februar 1941 hielt Major Christian Clemm von Hohenberg, deutscher Militärattaché in Athen, vor Hitler einen Immediatvortrag zur Griechenlandkrise. Clemms These: Ein deutscher Feldzug gegen Griechenland könne vermieden werden, einflußreiche Kreise in Athen wünschten den Austritt aus dem Krieg, bislang stünden nur ein paar schwache Einheiten der britischen Luftwaffe auf griechischem Boden. Hitler ließ wissen, er habe sich noch nicht entschieden. Als er Clemm verabschiedete, deutete er auf einer Balkankarte auf Albanien und sagte: „Und das alles wegen dieses Drecks da! Greife ich ein, so wird die Welt von mir sagen, daß ich ein kleines tapferes Volk, das ebenso wie die Finnen seine Freiheit verteidigt, hinterrücks überfallen habe. Greife ich aber nicht ein, so fallen die Italiener ab.“30
Zwischen Deutschland und Großbritannien entwickelte sich ein Rennen um die diplomatische Gunst Jugoslawiens. Hitler schrieb an Mussolini, für „die Freundschaft Jugoslawiens darf uns kein Opfer zu groß sein“. Stefan Scheil hält in „Balkanfront 1941“ fest: „In diesem Sinne versuchte die deutsche Regierung vieles, um Jugoslawien in irgendeiner Form zum Beitritt zum Dreimächtepakt zu bewegen, zur Not ohne Verpflichtungen und ergänzt von weiteren Zugeständnissen.“31 Bis dahin waren der Allianz aus Deutschland, Italien und Japan nur Kleinstaaten wie Rumänien, Ungarn und Bulgarien beigetreten. Ein Beitritt Jugoslawiens, wenigstens eine stabile Neutralität des Landes, galten Berlin als Garant, daß auf dem Balkan eine weitere Front hätte vermieden werden können. Churchill hingegen spekulierte in einem Brief an seinen Außenminister Anthony Eden darauf, daß ein auf die britische Seite gezogenes Jugoslawien die Italiener in Albanien angreifen könne.32 An Roosevelt schrieb er am 10. März 1941 nach einem Treffen mit Donovan in London: „Was Jugoslawien zu diesem kritischen Zeitpunkt tun wird, ist von ausschlaggebender Bedeutung. Eine derartige militärische Chance hat sich noch keinem Land geboten. Falls sie den Italienern