sofort ab. Kein Mann. Und bei diesem Vorsatz würde ich auch bleiben. Als er aus meinem Blickfeld verschwunden war, besann ich mich auf das, was vor mir lag. Und das war nicht heiß, ganz im Gegenteil. Die Snyder war eiskalt und mir graute ein wenig vor dem, was mich erwarten würde.
Die Tür fiel dumpf ins Schloss, als sich auch schon der imposante Schreibtischstuhl umdrehte. Mrs Snyder, die ein Telefonat führte, bedeutete mir mit einer energischen Geste, mich zu setzen. Ich versuchte, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen, und tat so, als würde mich die Aussicht auf die Skyline von Chicago brennend interessieren, während ich dem Gespräch lauschte.
»Ja, ja, ich weiß, Jim. Ja, ich habe in diesem Moment schon eine meiner besten Journalistinnen hier sitzen. Ich werde das Konzept vertrauensvoll in die Hände von Miss Jones legen. Sie sieht gut aus und passt hervorragend. Ja, mach dir keine Sorgen. Das wird auf jeden Fall großartig. Ich kann es schon vor meinem inneren Auge sehen.«
Ich sah gut aus und war eine ihrer besten Journalistinnen? Nun gut, das bedeutete zumindest, dass mir mein Job sicher war. Das beruhigte und entspannte mich ein wenig. Meine Nerven lagen dennoch blank, da ich nicht wusste, auf was das Ganze hinauslaufen würde. Die Snyder lobte niemanden ohne Grund. Warum dann mich?
Endlich beendete sie ihr Telefonat und ihr Blick durchbohrte mich.
»Miss Jones, reden wir nicht lange um den heißen Brei. Das war der Boss, der nun Ihren Namen, den er bis heute vermutlich noch nie gehört hat, kennt.« Mit hochgezogenen Augenbrauen sah sie mich an.
Huhu, jetzt bekomme ich es aber mit der Angst zu tun, dachte ich ironisch. Erwartete sie darauf eine Antwort? Ich ersparte mir diese und wartete ab, was noch kam. Dann tat ich es ihr gleich, hob eine Augenbraue und hielt ihrem Blick stand. Diesen Blick hatte ich vor meinem Badezimmer perfektioniert.
Offenbar hatte ich damit ihre volle Aufmerksamkeit errungen, denn sie legte den Kopf schräg und sah mich an, als nähme sie mich zum ersten Mal wahr. »Ich hatte heute ein Gespräch mit Mister Keaton, ein nicht sehr erfreuliches, wenn Sie mich fragen. Aber das interessiert Sie wahrscheinlich reichlich wenig. Nun gut, es ist so, Mister Keaton kam auf die, seiner Meinung nach, großartige Idee, das Thema mit den Millionärsromanen aufzugreifen.« Mit aufgestützten Ellenbogen sah sie mich über den Tisch hinweg an.
Hatte ich irgendeine Frage verpasst? Was wollte die alte Schachtel jetzt von mir? »Ja?«, fragte ich stattdessen, weil mir nicht klar war, um welche Millionärsromane es ging.
»Ich übertrage Ihnen hiermit die Verantwortung für diese Reportage. Nicht, weil Sie, wie von mir erwähnt, eine der besten Journalistinnen im Haus sind, sondern weil ich glaube, dass sie es eines Tages werden können. Sie sind eine harte Nuss. Und das in allen Lebenslagen.« Ein schräges Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht und ich verschluckte mich fast an meiner Spucke, dermaßen warf mich ihre Mimik aus dem Gleichgewicht. Außer mit einem kalten Blick und einem Gesicht, das wie aus Stein gemeißelt immer denselben Gesichtsausdruck zur Schau stellte, hatte ich sie noch nie gesehen. Kein einziges Mal – bis heute.
»Aha, und was soll die harte Nuss nun mit dem Thema Millionärsromane anstellen?«, fragte ich betont gelassen und lehnte mich ein wenig in dem ungemütlichen Stuhl zurück. Diese Frau hatte eine sadistische Ader, andernfalls konnte ich mir die unbequemen Sitzmöbel, die sie in ihrer Nähe aufstellte, nicht erklären. Das erwähnte Thema fand ich interessant und insgeheim machte ich mir bereits in meinem Kopf Notizen. Diese ganzen Frauen konnte ich nicht verstehen, die sich an den Hals eines reichen Typs schmissen, sich selbst vergaßen, nur um ein wenig von dem Luxus des anderen abzubekommen.
Zuerst bekam ich nur ein trockenes Lachen zur Antwort, doch die Frau mir gegenüber riss sich schnell wieder zusammen und antwortete: »Wir werden das Thema von A bis Z aufrollen. Recherchieren Sie, was das Zeug hält. Wer liest diesen Schund, wer schreibt diesen Schwachsinn, welche Umsätze hat der Markt mit dieser Art von Geschreibe? Und wenn Sie den ganzen theoretischen Kram abgehakt haben, werden Sie sich unter die Millionäre mischen und sich einen angeln.« Mir fiel fast die Kinnlade herunter, als mir die Bedeutung ihrer letzten Worte bewusst wurde. »Aufhänger wird sein: Wie angele ich mir einen Millionär. Und Jones?«
»Ich höre.« Was ich wirklich tat. Zu mehr war ich im Moment nicht imstande, da ich kurzfristig mit dem Gedanken gespielt hatte, zu kündigen. Dieser Auftrag erschien mir fast, als würde ich mit dem Artikel nicht nur meine Seele an Cosmostar verkaufen, sondern auch meinen Körper. Wie weit sollte ich für diesen Bericht gehen? Doch hoffentlich nicht bis zum Äußersten, denn dazu war ich nicht bereit. Panik überschwemmte meinen Körper und ließ mich ins Schwitzen geraten. Aber dann erinnerte ich mich wieder daran, dass ich ja eine harte Nuss war, laut Mrs Snyder, und riss mich vorerst zusammen.
»Kommen Sie nicht auf die Idee, tatsächlich mit einem dieser reichen Junggesellen ins Bett zu hüpfen, das würde uns nur jede Menge Ärger einbringen und die Glaubwürdigkeit unseres Magazins untergraben.«
Beinahe hätte ich erleichtert ausgeatmet, aber nur beinahe. Die harte Nuss, wie sie mich nannte, blieb nach außen gefasst. Keine Schwachstellen!
»Von daher bleiben Sie unnahbar und bringen mir jede Menge Beweise. Wie Sie das machen, ist mir schlichtweg egal, aber bleiben sie professionell - Zeitungsbranchen-professionell. Haben wir uns verstanden?«
Sie kniff die Augen leicht zusammen und sah mich unter ihren Lidern hinweg an, als wäre ich ein Tier, das sie gerade sezierte.
»Ja, das haben wir. Zeitlimit?«, fragte ich mit kühlem Ton. Wenn ich mich nicht sehr täuschte, huschte für einen Sekundenbruchteil ein anerkennender Ausdruck über ihr Gesicht.
»Ich gebe Ihnen zwei Monate für das gesamte Projekt. Spesen werden übernommen, soweit Sie mir nicht zu unangemessen erscheinen. Sollten Sie Zugang zur High Society benötigen, der Boss ist dermaßen von diesem Projekt überzeugt, dass er Sie sogar zu diversen Partys einladen, beziehungsweise mitnehmen wird.«
Snyder beobachtete mich immer noch mit diesem Sezierblick, weshalb ich mir keinen Fehler erlauben durfte.
»In Ordnung. Dann mache ich mich mal an die Arbeit.« Rasch stand ich auf und wollte schon zur Tür gehen, als sich Mrs Snyder plötzlich räusperte.
»Ich erwarte spätestens in drei Tagen den ersten Teil der Reportage auf meinem Tisch. Sie können zu Hause arbeiten und zu niemandem ein Wort. Der Boss möchte die Story als Einziger in der Branche auf dem Titelblatt haben. Maulwürfe gibt es in diesem Haus genug. Absolutes Stillschweigen, Sie kommunizieren ausschließlich mit mir über dieses Thema.«
»Ich habe verstanden.«
Als ich die Tür hinter mir schloss, erlaubte ich mir endlich, durchzuatmen. Matt lehnte ich mich für einen Augenblick an die Wand. So schlecht war es gar nicht gelaufen. Ich war zu der Snyder gegangen, in der Annahme meinen Job zu verlieren, und hatte nun einen Spezialauftrag an Land gezogen. Das war großartig. Es war nicht unbedingt das Thema, das ich mir selbst ausgesucht hätte, aber in meinem Kopf ratterte es schon gewaltig. Nur der Part mit dem Angeln des Millionärs, der lag mir noch wie ein Stein im Magen.
Ethan
Genervt hielt ich mein Handy ein Stück von meinem Ohr weg, dennoch hörte ich ganz genau, was mein Vater mir zu sagen hatte.
»Du weißt, dass ich es ernst meine, also reiß dich gefälligst zusammen und hör mit den Spielchen auf«, fauchte er mich durchs Telefon an.
Und ob ich das wusste, aber er hatte offenbar noch immer nicht kapiert, dass er mich nicht einschüchtern konnte. »Ich spiele keine Spielchen. Es sollte auch dir irgendwann mal klar sein, dass dein Sohn kein kleines Kind mehr ist. Ich führe mein Leben, wie es mir passt. Wenn ich mein Geld zum Fenster rauswerfen will, dann tue ich das verdammt noch mal.« Wie ich es hasste, dass er es jedes Mal schaffte, mir die Coolness zu rauben. Jedes Mal drängte er mich in eine Ecke, und ich fing an zu fluchen.
»Ethan Anderson, dir ist hoffentlich bewusst, dass du, solltest du das tatsächlich durchziehen, vielleicht mittellos dastehen wirst?« Der grollende Ton meines Vaters schreckte mich schon lange nicht mehr. Im Gegenteil, sein Gehabe ging mir