Ava Lennart

Stargeflüster


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konnte Salomé nur neidisch werden.

      „Nein, lass mal lieber. Ist alles okay mit dem Baby?“ Julia war im ersten Trimester ihrer Schwangerschaft, und Salomé konnte es kaum erwarten, Tante zu werden.

      „Ja, alles super. Mathieu behandelt mich leider wie ein rohes Ei. Das halte ich nicht mehr lange aus.“

      Aus Julias frischem Tonfall schloss Salomé, dass ihre Freundin es alles andere als schlimm fand, von Mathieu auf Händen getragen zu werden. Salomé beschloss, ihr brennendes Anliegen loszuwerden.

      „Julia, du wirst nicht glauben, wer sich gerade bei mir gemeldet hat!“

      „Doch nicht etwa der sexy Schotte?“

      Salomé war verwirrt, wie zielsicher Julia ins Schwarze getroffen hatte.

      „Doch, genau der. Nate. Er ist in New York.“

      „Wow. Der ist aber schnell. Das Fest ist doch gerade mal fünf Tage her. Ich habe dir doch gesagt, der verschwindet nicht so einfach aus deinem Leben. Er hatte ja auch keine Chance, so wie Inès seinen Bruder Colin unter ihre Fittiche genommen hat.“

      Salomé lächelte. Ihre Mutter Inès hatte den schottischen Künstler Colin Hamilton bei einer Ausstellung in Südfrankreich entdeckt. Inès kehrte, begeistert von dessen ungewöhnlich ausdrucksstarken Bildern, in das Feriendomizil der Familie de Bertrand in Roquebrune zurück und erwarb sogleich eine Handvoll Porträts. Der gut aussehende Künstler hatte es Inès so angetan, dass sie ihn nebst Begleitung spontan zu der großen Geburtstagsfeier ihres Mannes Charles auf das Anwesen einlud.

      Colin wählte als Begleitung für das Fest seinen Bruder Nate. Die beiden attraktiven Männer, die statt eines Smokings im schottischen Kilt aufschlugen, ließen die Herzen der weiblichen Gäste kollektiv höherschlagen. Salomé tanzte mit beiden, aber der hochgewachsene Nate umgarnte sie an diesem Abend mit seinem Old-School-Charme. Als es hinter den Kulissen turbulenter wurde – Philippe und ihr Halbbruder Mathieu hatten eine handgreifliche Auseinandersetzung, die fast in einem Unglücksfall endete –, beeindruckte Nate Salomé durch seine pragmatische Hilfe.

      Als sie sich bei einem Tanz gerade näherkamen, tauchte Colin leider auf und zog Nate mit dem Hinweis auf die frühe Abreise am nächsten Morgen aus Salomés Armen von der Tanzfläche. Soweit Salomé ihrer champagnerumnebelten Erinnerung trauen konnte, hatte Nate sich mit einem bedauernden Blick von ihr verabschiedet. Er hauchte einen zarten Kuss auf ihre Wange und flüsterte dabei etwas Schottisches in ihr Ohr. Dessen Sinn hatte sich der überrumpelten Salomé erst später erschlossen, als ihr Gehirn die Worte zu einem halbwegs verständlichen Satz aneinanderreihte.

      „See ye soon, ma Bonnie.“

      „Auf bald, meine Schöne.“ Wie meinte er das?

      Das aufregende Flirren, das diese Worte in Salomé auslösten, war am nächsten Morgen nur noch eine verschwommene Erinnerung. Dann hielten auch schon die letzten Tage der Sommersaison Salomé davon ab, weiter an Nate zu denken. Mathieu und Julia feierten ihre Verlobung. Ein Abschiedsessen jagte das nächste, und gleichzeitig strukturierte Salomé bereits die ersten Arbeitswochen in ihrem New Yorker Büro vor, die nach ihrer jeweils langen Sommerpause erfahrungsgemäß sehr hektisch würden.

      Bei ihrer Abreise umarmte Julia Salomé fest. „Ich wünsche mir für dich, Zaza, dass du dein Glück auch bald findest“, hauchte sie ihr dabei ins Ohr.

      Salomé seufzte leise.

      „Ist denn da kein Mann in New York, der sich auf dich freut, Zaza?“

      „Nein. Wie denn auch? In New York habe ich wegen meines Arbeitspensums keine Zeit für ein richtiges Privatleben.“

      „Du und kein Privatleben? Das kann ich mir nicht vorstellen. Die lebensfrohe Zaza, die ich hier in Südfrankreich kennengelernt habe, nimmt jede Möglichkeit mit, sich zu amüsieren.“

      „Glaube mir, du würdest die New-York-Zaza nicht wiedererkennen. Vom Leben in New York bekomme ich nur die unzähligen offiziellen Veranstaltungen mit. Aber das gehört eben zum Job. Und die Menschen, die ich auf Galas und Ausstellungseröffnungen kennenlerne, sehe ich meistens nur dort und nie privat. Es ergibt sich einfach nicht, weil alle zeitlich so eingebunden sind. So geht es mir ja selbst auch. Die Leute, mit denen ich privat in New York Kontakt hatte, lassen sich an einer Hand abzählen.“

      Julia schüttelte ungläubig den Kopf. „Wie hältst du das aus? Das ist ja wie bei Doktor Jekyll und Mister Hyde. Die zwei Leben der Zaza.“

      Zaza lachte laut über Julias Vergleich. Dann zuckte sie nur die Achseln.

      „Das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Wenn die langen Sommer in Frankreich mit dem de Bertrand-Clan nicht wären, in denen ich sein kann, wie ich wirklich bin, wäre ich schon durchgedreht.“ Ihr Mund verhärtete sich kurz, dann winkte sie ab. „Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Schließlich habe ich die Ehre, die Dependance unserer Bank in New York zu leiten und den nordamerikanischen Markt abzudecken. Da muss man privat Abstriche machen.“

      „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Philippe so viele Abstriche macht wie du.“

      Salomé verdrehte die Augen beim Gedanken an ihren Bruder.

      „Philippe ist ja auch ganz anders als ich. Deshalb darf der ja auch nur den asiatischen Markt machen.“ Sie kicherte, denn Julia wusste, wie gerne Salomé ihren Bruder aufzog und sich nicht verkneifen konnte, ihm unerwünschte Tipps für die Bankgeschäfte in seinem Bereich zu geben.

      „Warum nur habe ich das Gefühl, du lenkst vom Thema ab? Sprachen wir nicht über Männer?“

      Salomé grinste schief. „Die guten Männer, denen ich mein wahres, wildes Ich offenbaren möchte, sind anscheinend nicht in New York.“

      Julia blickte sie fragend an. „Ach – und wo sollen die sein?“

      „Och … Vielleicht auf Partys in Südfrankreich?“

      Es dauerte nach dieser Bemerkung etwa eine Zehntelsekunde lang, bis Julia begriff, dass Zaza von dem blauäugigen Schotten Nate mehr als angetan war.

      „Wart’s nur ab, Zaza. Ich hab da so ein Gefühl, als würdest du den bald wiedersehen.“

      Zaza hatte die Achseln gezuckt. „Schön wär’s.“

      Und jetzt hatte er sich gemeldet.

      „Und, trefft ihr euch?“, fragte Julia in ihrer direkten Art.

      „Ja, heute Abend. Er ist nur noch zwei Tage da, und morgen haben wir beide keine Zeit. Wir gehen japanisch essen.“ Salomé versuchte vergeblich, ihre Aufregung vor Julia zu verbergen.

      Julia lachte. „Zaza hat ein Date mit Nate! Zaza hat ein Date mit Nate! “, summte sie ausgelassen vor sich hin.

      Salomé verdrehte die Augen. Dann hörte sie, wie Julia leise mit jemandem sprach. Das konnte nur ihr Halbbruder Mathieu sein.

      „Hallo, Schwesterchen. Was höre ich, du hast also ein Date mit Sexy-Nate?“

      Salomé konnte sich leider nicht über die ungewohnt vertrauliche Anrede ihres neuen Halbbruders freuen. Jetzt reichte es! So dämlich, wie dieser Satz klang, würde das Rendezvous mit Nate hoffentlich nicht werden.

      „Ich muss dann mal wieder mit meinem Portfoliomanager ins Meeting“, unterbrach sie Mathieus Necken. Sein tiefes Lachen schallte aus dem Hörer, bevor Salomé auflegte.

      Salomé konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ein aufgeregtes Ziehen machte sich in ihrer Brust breit. Ob Nate noch so beeindruckend sein würde, wie sie ihn an diesem lauschigen Abend auf Mirabel empfunden hatte? Würde sie es für ihn sein?

      Sie wagte sich gar nicht vorzustellen, wie der heutige Abend verlaufen würde. Seit Jahren war sie nicht mehr so aufgeregt vor einer Verabredung gewesen. Sie hatte ja auch schon eine Weile kein richtiges Date gehabt. Warum bloß war sie so nervös?

      Bevor sie der Frage weiter nachgehen konnte, riss Keira sie aus ihren Träumereien. „Salomé. Ted muss gleich zu einem Meeting. Haben