lachte ihn an und sah sich dann aufgeregt um. Sie runzelte verwirrt die Stirn. Von der Sitzgruppe im Empfangsbereich erhob sich ein Mann in Jeans und Lederjacke, dessen Gesicht unter dem tief ins Gesicht gezogenen Basecap und der Sonnenbrille kaum zu erkennen war. War das etwa Nate?
Während er auf sie zukam, nahm er Brille und Kappe ab, und Salomé blickte in strahlende Augen über dem breit grinsenden Mund.
Das war unverkennbar der Nate, mit dem sie in Südfrankreich den Abend über geflirtet hatte. Er war noch attraktiver, als sie ihn in Erinnerung hatte. Dunkelblonde Locken fielen in seine Stirn. Eine Strähne reichte bis an die hohen Wangenknochen. Ein charmantes Grübchen am Kinn lenkte von der ein wenig zu großen Nase ab. Am meisten fesselte Salomé sein ausgeprägter Mund, bei dem feine Linien darauf schließen ließen, wie gerne dieser Mann lachte.
Er trat dicht vor sie und strahlte eine unglaublich männliche Präsenz aus. Salomé spürte Verlangen in sich aufsteigen. Sie erkannte sich kaum wieder. Es war erstaunlich, welche tief in ihr verborgen geglaubten Seiten dieser Mann zum Leben erweckte. Allein seine Nähe ließ ihre Gedanken in ihr Schlafzimmer wandern. Wie konnte das sein? Sie hatte ihn erst ein einziges Mal gesehen, und doch reagierte ihr Körper mit einer Intensität auf seine Männlichkeit, dass sie nervös wurde. Sie musste sich zusammenreißen, äußerlich gelassen zu bleiben.
„Hi“, krächzte sie und räusperte sich sogleich, um ihre Stimme zu klären.
„Hallo, Schönheit.“ Er neigte sich vor und küsste sie auf französische Art auf beide Wangen.
Salomé wallte ein Hauch seines herben Rasierwassers in die Nase. Er überreichte ihr eine rote Rose. Sie grinste gerührt. Wie schön altmodisch er war. „Ich habe dich kaum erkannt, so ohne Kilt.“
Nates Lächeln vertiefte sich. „Aye, Tracht erschien mir dann doch übertrieben für ein japanisches Restaurant.“ Mit einem Blick auf den neugierig zu ihnen hin schielenden Conrad fügte er hinzu: „Lass uns los. Unser Wagen wartet draußen.“
Er hielt ihr seine Hand hin, die sie wie selbstverständlich ergriff. Seine Finger waren warm und seltsam vertraut. Salomé bat Conrad, die Rose zu versorgen und folgte ihm.
Bevor sie das Haus verließen, setzte er sich zu Salomés Erstaunen wieder die Brille und die Kappe auf und schlug seinen Kragen hoch. Während er vorsichtig nach links und rechts spähte, zog er Salomé eilig zu dem wartenden Fahrzeug. Als sie auf der Rückbank saßen, stieß Nate erleichtert seinen Atem aus. Salomé schmunzelte. Er bemerkte ihre Reaktion.
„Glaub mir, es ist nicht einfach, berühmt zu sein.“
Salomé entfuhr ein Kichern. Sie hatte bereits auf dem Fest seinen Humor bemerkt. „Oh, ja! Als Bruder von Colin Hamilton hat man sicher einige Spießrutenläufe zwischen Paparazzi zu bewältigen.“
Er starrte sie mit offenem Mund an und fuhr sich dann seufzend über sein Kinn. Dabei brummte er irgendetwas Schottisches vor sich hin.
„Mal im Ernst, was soll die Maskerade? Wirst du verfolgt?“
„So kann man es nennen, ja.“
Als er keine weiteren Erklärungen abgab, ließ Salomé das Thema fallen. Sie genoss es, mit ihm durch das nächtliche New York zu fahren, entlang der gigantischen Wolkenkratzer, von denen hier unten nur die imposanten Eingänge in Chrom und Stahl zu sehen waren. Der unablässige Strom von Menschen, die an den Fußgängerampeln zu einem ungeduldigen Halt gezwungen waren, der krasse Gegensatz von extrovertierten Nachtvögeln und armen Schluckern – das alles rauschte an ihnen vorbei, während er immer noch ihre Hand hielt und offenkundig auch nicht vorhatte, diese loszulassen.
Erstaunlicherweise fühlte sich die Berührung vertraut an. Sein Daumen strich sanft über ihren Handrücken und sandte von dort flirrende Signale ihren Arm hoch. Sie sprachen nicht, doch es war ein angenehmes Schweigen. Seine ungewohnte Nähe überschwemmte Salomés Sinne mit Eindrücken: sein würziger Geruch nach einem herben Rasierwasser und seiner Lederjacke. Wie konnte es sein, dass die Wärme, die seine bloße Präsenz ausstrahlte, die Härchen an ihrem Unterarm zu einer Gänsehaut aufstellte?
Salomé nahm jedes Detail glasklar wahr. Die vorbeiziehenden Straßenszenen, der kurz rasierte Nacken des Chauffeurs, eine Fluse auf der Kopfstütze vor ihr. Schon wieder war sie verwirrt darüber, was nur mit ihr los war. Das war ein Date und nichts weiter. Sie war kein Backfisch und auch keine Jungfrau mehr. Bleib cool, Zaza, ermahnte sie sich selbst.
Allzu bald stoppte der Wagen, und wenig später folgte Salomé Nate in ein unscheinbares Lokal, das auf den ersten Blick einen geschlossenen Eindruck machte. Sie schienen die einzigen Gäste zu sein. Nachdenklich blickte sie sich in dem leeren Raum um.
„Bist du sicher, dass die geöffnet haben?“
„Aber ja doch.“
Im selben Moment näherte sich ihnen ein freundlicher junger Mann japanischer Herkunft. „Guten Abend, Mister Hamilton. Es ist mir eine Ehre.“ Neugierig betrachtete er Salomé und begrüßte auch sie freundlich. „Folgen Sie mir, bitte.“
Er führte sie an einen gedeckten Tisch im hinteren Teil des Lokals und rückte Salomés Stuhl zurecht. Als er gegangen war, um die Getränke zu holen, neigte Salomé sich vor.
„Nate, kennst du den Laden hier? Ich meine ja nur, das ist in New York kein gutes Zeichen, wenn wir die einzigen Gäste sind“, flüsterte sie ihm zu.
Nate grinste. „Keine Sorge, Zaza, ich habe alles unter Kontrolle.“
Bei seinen Worten zog Salomé die Brauen hoch. Da er sie weiterhin mit unerschütterlichem Selbstvertrauen anblickte, verbiss sie sich jeden weiteren Kommentar und legte die Serviette auf ihren Schoß.
„Ich hoffe, du nimmst mir nicht übel, dass ich bereits bestellt habe. Es gibt ein hervorragendes Kyoto-Menü.“
Salomé nickte zustimmend. Zu ihrem Erstaunen war der erste Gang köstlich. Sie konnte nun noch weniger verstehen, weshalb der Laden nicht vollgepackt mit Gästen war.
Nate hatte sie beobachtet und prostete ihr lächelnd zu. Das Funkeln in seinen Augen ließ sie einen kurzen Augenblick die Fassung verlieren. Sie spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen. Krampfhaft suchte sie nach einem Gesprächsthema, das sie von der Hitze ablenkte, die in ihre Wangen stieg. Nervös nippte sie an ihrem vorzüglichen Wein.
„Weshalb bist du in New York?“, begann Salomé das behutsame Ausfragen, das ihr hoffentlich mehr über diesen aufregenden Date-Nate offenbaren würde.
„Ich habe beruflich hier zu tun.“
Aha, eine kryptische Antwort. Anscheinend liefen die „beruflichen Unternehmungen“ nicht so erfolgreich, sonst würde er doch offener darüber berichten.
„Bist du auch Maler wie dein Bruder Colin?“
Nate wollte gerade die Stäbchen zum Mund führen und hielt inne. „Maler? Nein.“
„Es reicht ja auch, wenn einer in der Familie berühmt und erfolgreich ist“, stichelte Salomé.
Nates Augen weiteten sich. „Da hast du wohl recht, Zaza.“ Vergnügt tunkte er ein Sashimi in die hauseigene Sojasoße.
„Nate, ist dein Job so schlimm, dass du nicht darüber sprechen kannst? Was ist so schwierig daran, mir zu sagen, was du machst?“ Ungeduldig blickte Salomé ihn an.
„Nichts ist schlimm daran.“ Nate zuckte unschuldig die Schultern. „Ich bin Schauspieler.“
Salomé blickte ihn interessiert an. Schauspieler also. Das Aussehen dafür hatte er auf jeden Fall. Vielleicht trat er am Broadway auf? „Und an welchem Theater spielst du?“
Nate verschluckte sich an dem Schluck Sake, den er gerade aus einem der filigranen Schälchen schlürfte. „Meine Theaterzeit liegt schon einige Jahre zurück. Ich bin eher Filmschauspieler.“
Salomé war immer noch nicht zufrieden. „Und kenne ich einen Film, in dem du mitgespielt hast?“
Nate