Ruth Broucq

Besserwisser


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las ich als erstes das Horoskop, wovon ich mir allerdings nur die positiven Aussagen zu Eigen machte, negatives ignorierte ich einfach. Auch hoffte ich, dass es ein Leben nach dem Tode, zum Beispiel die Wiedergeburt in einer anderen Person oder zumindest den Fortbestand der Seele (des Geistes) gäbe.

      Ich neigte nie zu Frömmigkeit, jedoch stellte ich Gott auch nicht in Abrede, was sicher an meiner Erziehung lag, denn meine weiblichen Vorfahren waren alles starke Frauen.

      Meine Großmutter, mütterlicherseits, hatte zwei Ehen hinter sich gebracht, das heißt, sie hatte sich zweimal scheiden lassen. Wenn man bedenkt, dass sie am Ende des neunzehnten Jahrhunderts geboren wurde, ein bemerkenswert mutiger Lebensweg. Meine Mutter hatte ihre beiden Töchter samt ihrer geschiedenen Mutter mit schwerer Männerarbeit durch die schwere Nachkriegszeit gebracht, und sie war auch später, in ihrer Ehe, immer die Bestimmende geblieben.

      Selbst wenn ich die Stärke meiner Ahninnen geerbt habe, ist es keine Ängstlichkeit, dass es für mich vorstellbar ist, dass es weiterentwickelte Lebewesen auf anderen Planeten geben könne. Und dass diese Lebewesen uns ab und zu besuchen, um zu kontrollieren ob wir ihnen zu nahe kommen können.

      Hörte ich von übersinnlichen Fähigkeiten schwankte ich immer zwischen Glauben und Zweifel. Nur Angst hatte ich vor dem Bestand solcher übernatürlichen Dinge nie.

      Seher oder Wahrsager hatte ich auch schon mal aufgesucht und anschließend die Aussagen mit Skepsis betrachtet, obwohl tatsächlich so manche Vorhersagen eingetroffen waren. Ich war mir sicher, dass es auch in diesem „Gewerbe“ Gute (ehrliche) und Schlechte (Scharlatane) gab.

      Trotzdem konnte ich meine unterbewussten Zweifel nicht verdrängen, überlegte, ob ich mir die eingetroffenen Dinge nicht selbst als vorausgesagt zurechtgebogen hatte.

      Das erste Mal, vor vielen Jahren, ging ich auf Anraten einer Bekannten zu einer Kartenlegerin namens Olga, nachdem ich mit dem „Gläserrücken“ in Kontakt gekommen war.

      Geister –Sitzung

      Es war während meiner „Glücksspiel-Phase“. Lange Jahre verdiente ich im Roulette-Geschäft meine „Brötchen“, war immer im Geld, hatte es trotzdem nicht geschafft, größere Werte zu horten. Was allerdings daran lag, dass meine Lebensgefährten entweder durch Betrug, Diebstahl oder Zocken den größten Teil unserer Kohle verbraten hatten.

      Klar hatte ich immer ein kleines Polster „beiseite“ gelegt, was aber schnell wieder verbraucht war, wenn nach einer finanziellen Hoch-Zeit wieder eine Tief-Phase folgte.

      Einige schwierige Monate lagen hinter mir, die mit einer gewaltsamen Trennung und dem Verlust meines finanziellen „Pölsterchen“ geendet hatten, weil ich mir die Hilfe starker Männer hatte kaufen müssen.

      Aber da mich der Terror-Akt arg mitgenommen hatte, war ich danach psychisch in unübersehbarer schlechter Verfassung. Trotzdem musste ich geschäftliche Entscheidungen treffen, die mir nicht leicht fielen. Deshalb ließ ich mich, von einer Bekannten, dazu verleiten an einer „Geister – Sitzung“ teilzunehmen. Angeblich konnte man sich „Hilfe“ von nahestehenden „Verstorbenen“ holen.

      „Das wollen wir auch, oh ja!“ hatte meine Freundin, Nina, enthusiastisch gerufen, als die „Hure“ Gabi erzählte, sie wolle die Geister nach der Zukunft befragen.

      „Ach, das gibt es doch nicht!“ hatte ich spontan widersprochen. „Man kann doch nicht mit Geistern reden, Quatsch!“

      Als auch Gabis Zuhälter, Ingo, der einer unserer Portiers war, ernsthaft bestätigte, Gabi spreche oft mit den Geistern Verstorbener, war zumindest meine Neugierde erwacht. Zu einem solchen „Macho“ wie Ingo passte eine esoterische Neigung einfach nicht. Bei Gabi fand ich es nicht ungewöhnlich, denn in „Huren-Kreisen“ war es bekanntlich üblich, dem Übersinnlichen zugeneigt zu sein. Aber dass auch „Zuhälter“ an Vorhersehung glaubten, war eigentlich nicht mit deren „Luden-Image“ zu vereinbaren. Denn solche „Herren“ vertraten normalerweise den Standpunkt, „Alleinherrscher“ zu sein. Wenn also so ein Kerl an „Geisterbeschwörung“ glaubte, musste doch da etwas Wahres dran sein.

      Nina zeigte sofort brennendes Interesse, wollte noch am gleichen Abend beginnen. Dafür bot sie spontan ihre Wohnung an. Anfangs war ich noch skeptisch.

      Aber nachdem Gabi mir versichert hatte, dass ich mit meiner verstorbenen Mutter reden, mir von ihr Rat, Trost und Zuversicht holen könne, willigte ich schließlich ein. Auch Ingos Kollege, Holger, der über den „den Unsinn“ spottete, kam mit, um sich die „ Verarsche“ mal anzusehen.

      Es bedurfte kleinerer Vorbereitungen, das Alphabet, die Zahlen von 1 bis 10 sowie die Worte ´Ja‚ und ´Nein‚ wurden auf kleine Zettel geschrieben und im Kreis auf den Tisch gelegt. Ein Weinglas diente zur Kontaktaufnahme, indem es umgekehrt in die Mitte gestellt und von allen Anwesenden mit einem Finger „leicht“ berührt werden musste.

      Mir war schon ein wenig mulmig zumute, als wir mitten in der Nacht, nur bei Kerzenlicht die Geister – Beschwörung begannen und Gabi den Namen meiner verstorbenen Mutter rief.

      „Hanna Teissen, wir rufen dich!“

      „Hanna Teissen, melde dich!“

      „Hanna Teissen, bist du da?“

      Gabis Stimme klang dunkel und schleppend, wie in Trance.

      „Hanna Teissen, gib uns ein Zeichen, wenn du da bist!“

      Ein plötzliches Rucken des Glases ließ mich ungläubig erstarren und meine Hand zuckte automatisch zurück als ob ich mich verbrannt hätte. Durch Gabis warnenden Blick fasste ich mich wieder und legte schnell meinen Finger erneut auf den Glasrand.

      „Hanna Teissen bist du da? Dann antworte mir mit ja!“ befahl Gabi

      Langsam, wie suchend, glitt das Glas über die freie Fläche zwischen den Buchstaben-Zetteln, bis es vor dem „Ja“ stillstand.

      Ein leichtes Übelkeitsgefühl bemächtigte sich meiner als Gabi fragte: “Hanna, kennst du jemanden hier am Tisch?“

      Ängstlich sah ich in die ernsthaft angespannten Gesichter der nächtlichen Runde. Nur Holger grinste zynisch.

      Als das Glas dann wie von Zauberhand über den Tisch auf mich zurutschte, war ich erst einmal so erschrocken, dass ich mich zurücklehnte, als könne die Stuhllehne mir Halt bieten. Mir war so übel, dass ich heftig den Kopf schüttelte und keine Fragen stellen wollte.

      Mutig wollte Nina sofort einspringen: „Dann ich, Gabi, ich will was fragen!“

      Selbstsicher nickte Gabi und sprach in beschwörendem Tonfall: “Hanna, kennst du auch die Nina?“

      Erneut bewegte sich das Glas auf das „Ja“ zu und weiter zu Nina, um vor dieser unruhig hin und her zu wackeln.

      „Ok, Nina. Teste Hanna erst einmal. Frage sie irgendetwas, was keiner hier am Tisch wissen kann. Danach frage, was du wissen möchtest. Alles klar?“ riet Gabi.

      Doch der sonst so vorlauten Nina hatte die ungeduldig wirkende Wackelei des Glases wohl die Sprache verschlagen, denn sie räusperte sich einige Male, bis sie endlich ihre Fragen formulieren konnte. Der Name Ihres verstorbenen Großvaters, der aus den Buchstaben vor die das Glas hin und her rutschte, bis sie einen Namen ergaben, hatte Nina überzeugt. Dass animierte Nina endlich zu ihrem dringlichsten Anliegen kommen durfte.

      Nina wollte wissen, ob sie bald einen Mann zum heiraten fände. Nach einer zögerlichen bejahenden Antwort, fragte Nina nach dem Namen ihres zukünftigen Ehemannes. Als der Name „HUGO“ herauskam und das Glas zitterte, hatte ich das verrückte Gefühl, es lache Nina aus.

      Auch ich musste laut lachen und prustete heraus: „Sie flachst dich, Nina. Sie lacht dich aus. Zu ihren Lebzeiten hätte meine Mutter auf diese Art von Frage geantwortet, ob du nichts Wichtigeres im Sinn hast, als Männer. Sie hätte dir geraten, du sollst dich lieber um deine Arbeit kümmern.“

      „Quatsch, du bist blöd. Geister können doch nicht lachen oder flachsen.“ Wehrte