jämmerlichen Fund
In euerm Schooß gefunden;
Wer schlug ihm solche Wunden?«
[139]Der Knapp sprach unverdroßen
Noch: »Wer hat ihn erschoßen?
Geschahs mit einem Gabilot?
Mich dünket, Frau, er liege todt.
5Wollt ihr mir davon nicht sagen
Wer euch den Ritter hat erschlagen?
Kann ich ihn noch erreiten,
Ich will gerne mit ihm streiten.«
Da nahm der preiswerte Knab
10Einen Köcher herab,
Drin er scharfe Gabilote fand.
Er trug auch noch in seiner Hand,
Was er Frau Jeschuten nahm,
Zu der er in der Einfalt kam.
15Wär seines Vaters Brauch ihm kund,
Der doch sein angebornes Pfund,
Er hätte wohl den Schild geschwenkt,
Doch nicht die Herzogin gekränkt,
Die er von aller Freude schied.
20Mehr denn ein ganzes Jahr vermied
Sie mit Gruß und Kuss der Mann;
Unrecht ward der Frau gethan.
Nun hört auch von Sigunen sagen:
Die konnt ihr Leid mit Jammer klagen.
25Sie sprach zum Knappen: »Du hast Tugend;
Geehrt sei deine süße Jugend
Und dein Antlitz minniglich:
Fürwahr, das Glück erwartet dich.
Diesen Ritter mied das Gabilot,
Er empfing von einer Tjost den Tod.
[140]Dir wurzelt Treu im Herzen,
Daß er dich so kann schmerzen.«
Eh die Beiden Abschied nahmen,
Frug sie ihn nach dem Namen
5Und gestand, daß Gott sich an ihm fliß.
»Bon Fils, scher Fils, beau Fils,
Also hat mich stäts genannt,
Der ich daheim bin bekannt.«
Da gesprochen war das Wort,
10Ihn erkannte sie sofort.
Nun hört ihn endlich nennen,
Daß ihr hinfort mögt kennen
Dieser Aventüre Held,
Der dort noch bei der Jungfrau hält.
15Da sprach ihr rother Mund zumal:
»Fürwahr du heißest Parzival.44
Der Name sagt: Inmitten durch.
Die Liebe schnitt wohl solche Furch
In deiner Mutter treues Herz;
20Dein Vater hinterließ ihr Schmerz.
Nicht sag ichs mir zum Ruhme:
Deine Mutter ist mir Muhme.
Vernimm auch ohne falsche List
Die rechte Wahrheit, wer du bist.
25Dein Vater war ein Anschewein;
Ein Waleis von der Mutter dein
Bist du geboren zu Kanvoleiß,
Wie ich mit ganzer Wahrheit weiß.
Du bist auch König zu Norgals:
In der Hauptstadt Kingrivals
[141]Soll dein Haupt die Krone tragen.
Für dich ward dieser Fürst erschlagen,
Der stäts dein Land dir wehrte,
Seine Treue nie versehrte.
5Junger schöner süßer Mann,
Zwei Brüder thaten Leid dir an.
Zwei Länder nahm dir Lähelein;
Diesen Ritter hier, den Oheim dein,
Schlug Orilus im Einzelstreit;
10Der ließ auch mich in diesem Leid.
Mir dient' ohn alle Schande
Dieser Fürst von deinem Lande,
Wo deine Mutter mich erzog.
Lieber Vetter, höre doch,
15Wie ihm solch Ende ward zu Theil;
Ihm schuf solch Leid ein Brackenseil.45
In unsern Diensten46 hat den Tod
Der Held erjagt und Sehnsuchtsnoth
Mir nach seiner Minne.
20Wohl hatt ich kranke Sinne,
Daß ich ihm Minne nicht geschenkt:
Drum hat, der Alles schafft und lenkt,
Jede Freude mir verboten:
Nun minn ich so den Todten.«
25Da sprach er: »Base, mir ist leid
Meine Schande wie dein Herzeleid.
Mag ich das künftig rächen,
Will ich michs nicht entbrechen.«
Da wollt er schon zum Streit hinweg;
Doch wies sie ihn den falschen Weg,
[142]Daß er das Leben nicht verlöre
Und sie noch größern Schaden köre.
Er gerieth auf eine Schneise,
Die führt' ins Land der Bretaneise;
5Sie war gar breit und wohlgebahnt.
Wen er zu Fuß und Ross da fand,
Ritter oder Kaufmann,
Die sprach er alle grüßend an:
Denn das wär seiner Mutter Rath;
10Die gab ihn auch ohn Uebelthat.
Da die Dämmerung begann,
Große Müde fiel ihn an.
Da sah der Einfalt Spielgenoß
Ein Haus, das war nicht eben groß:
15Darinnen saß ein karger Wirth,
Wie der Bauer selten höfisch wird.
Dieser war ein Fischersmann,
Der auf keine Güte sann.
Den Knappen Hunger lehrte,
20Daß er bei ihm einkehrte
Und klagte seines Hungers Noth.
Der sprach: »Ich gäb ein halbes Brot
Euch noch nicht in dreißig Jahren.
Wer meine Milde zu erfahren
25Harren will, wie säumt der sich!
Ich sorg um Niemand als um mich,
Demnächst um meine Kindelein:
Hier kommt ihr heute nicht herein.
Hättet ihr Pfennig oder Pfand,
Ich behielt' euch gleich zu Hand.«
[143]Was bot der Knappe da ihm an?
Frau Jeschutens Fürspann.
Wie