20Ritt mitten in den Zeltbering.
Verdecktes Ross, umstählten Leib
Sah an ihm Artusens Weib,
Doch Helm und Schild verhauen.
Das sahen all die Frauen,
25Wie er zu Hofe war gekommen;
Ihr habt zuvor wohl schon vernommen,
Wer zu solcher Fahrt ihn zwang.
Nun stieg er ab. Durch groß Gedrang
Must er, eh er sitzen fand
Frau Kunnewaren de Lalant.
[218]Da sprach er: »Herrin, seid ihrs wohl,
Der ich willig dienen soll?
Zum Theile zwingt mich zwar die Noth.
Euch entbietet Dienst der Ritter roth:
5Eur Schimpf soll euch nicht grämen,
Er will ihn auf sich nehmen;
Auch hofft er, Artus wirds beklagen.
Ihr wurdet seinethalb geschlagen.
Frau, ich bring euch Sicherheit,
10So gebot der Sieger mir im Streit.
Gern leist ichs, wenn es euch gefällt.
Mein Leben war dem Tod verfällt.«
Kunneware de Lalant
Führt' ihn an der Eisenhand
15Hin wo Frau Ginover saß,
Die ohne den König mit ihr aß.
Keie von dem Tisch erstund,
Da ihm die Märe wurde kund:
Sie kam ihm schrecklich ungelegen;
20Kunnewaren freute sie dagegen.
Da sprach er: »Frau, daß dieser Mann
Die Reise hat hieher gethan,
Dazu hat ihn die Noth bewogen;
Doch wähn ich, hat man ihn betrogen.
25Ich war mit jener Prügeltracht
Euch zu beßern bedacht:
Zum Lohne wird mir euer Groll.
Jedoch, wenn ich euch rathen soll,
Gönnt dem Ritter abzulegen;
Zu stehn verdrießt den Degen.«
[219]Ihm ließ die Jungfraue zier
Lösen Helm und Härsenier.
Als man die von ihm streift' und band,
Klamide ward bald erkannt.
5Auch sein Seneschant Kingron
Erkannt' ihn und erschrak davon.
Er sah den Herren überwunden:
Seine Hände wurden gewunden,
Sie huben an zu krachen
10Wie die dürren Spachen.
Den Tisch zurücke stieß zuhand
Klamides Seneschant.
Er frug den Herrn um neue Mär
Und fand ihn aller Freuden leer.
15Er sprach: »Ich bin zu Schaden geboren:
Mir ging solch herlich Heer verloren:
Nimmer sog der Mutter Brust,
Der erlitten schmerzlichern Verlust.
Doch schmerzt mich meiner Leute Tod
20Noch minder: Minnemangelsnoth
Lästet auf mich solche Last,
Mir ist Freude fremd und Frohsinn Gast.
Kondwiramur macht mich greis.
Pontius Pilatus weiß
25Nicht von solcher Höllenqual,
Der arme Judas nicht einmal,
Der unsern Heiland Jesus
Verrieth mit treulosem Kuss.
Wie das ihr Schöpfer rächte,
Die Noth ich tragen möchte,
[220]War von Brobarz die Königin
Und ihre Huld mein Gewinn,
Daß ich sie sanft umfinge,
Wie es mir dann auch ginge.
5Ihre Minne leider hofft nicht mehr
Der König von Iserterre.
Land und Volk von Brandigan
Mag stätes Leid davon empfahn.
Meines Oheims Sohn Mabonagrein69
10Litt auch dort zu lange Pein.
Nun bin ich, Artus, König hehr,
Geritten in dein Land hieher,
Bezwungen von Ritters Hand.
Du weist, daß dir in meinem Land
15Viel zu Leide ward gethan.
Das vergiß nun, werther Mann,
Dieweil ich hier gefangen bin,
Und gieb dich solchem Haß nicht hin.
Kunneware, hoff ich, werde
20Mich bewahren vor Gefährde,
Die meine Sicherheit empfing,
Als ich gefangen vor sie ging.«
Artus verzieh ihm seine Schuld,
Der Vielgetreue schenkt' ihm Huld.
25Da erfuhr Weib und Mann,
Der König von Brandigan
Sei geritten vor das Zelt.
Da gabs ein Drängen auf dem Feld!
Es erscholl die Märe weit und breit.
Höflich um Geselligkeit
[221]Bat der freudenlose Mann:
»Ihr solltet, Frau, mich Herrn Gawan
Empfehlen, bin ichs anders werth;
Ich weiß wohl, daß ers selbst begehrt.
5Euch ehrt er und den Ritter roth,
Wenn er leistet eur Gebot.«
Artus bat seiner Schwester Sohn
(Ohne das geschäh es schon),
Sich dem König freundlich zu erweisen.
10Willkommen wurde da geheißen
Von der Tafelrunder Reihe
Der bezwungne Falschesfreie.
Zu Klamide sprach Kingron:
»Weh, daß dich jemals ein Breton
15Sah in seinem Haus bezwungen!
Mehr Reichtum, als Artus errungen,
Und mehr der Helfer hattest du,
Und deine Jugend dazu!
Muß Artus Preis dadurch empfangen,
20Daß Kei im Zorn sich hat vergangen
An einer edeln Fürstin,
Die aus unschuldigem Sinn
Sich den mit Lachen hat erwählt,
Den man wahrlich ungefehlt
25Mag krönen mit dem höchsten Preise!
Wohl