Anita B.

Zwischen Knast und Alltag


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hat! Eins ist sicher, für mich und meine Kinder kommt ein Raucher definitiv nicht in Frage!

       Keine Sorge, meine Süße, bei mir ist das wirklich so, dass ich nicht rauchen muss. Du wirst mich auch nie rauchen sehen, weil ich darauf gar keine Lust habe, wenn ich mit einer Frau zusammen bin, die nicht raucht und erst recht nicht, wenn ich Kinder um mich herum habe. Unabhängig davon, habe ich unmittelbar nach unserem Treffen entschieden, dass ich auch das Gelegenheitsrauchen einstelle. Ich bin nun also wieder zu einhundert Prozent Nichtraucher.

      Haha! Der kann mir viel erzählen. So, wie Johns Klamotten nach Zigaretten gestunken haben, wird er gerade da drinnen damit aufhören. Ich glaub ihm kein Wort.

       Süße, mach dir nicht so viele Gedanken darüber, dass du, wenn ich meine Ausgänge habe, keine eigene Wohnung hast oder es aufgrund der großen Entfernung und der Kinder schwierig wird, dass wir uns regelmäßig sehen und, und, und. Wir bekommen das alles hin, wirst sehen! Die Hauptsache ist doch, dass wir uns haben und unser gemeinsames Leben als Familie bald genießen können.

      Naja bald? Augenverdrehend schüttle ich den Kopf.

       Übrigens kann ich sehr wohl richtig abschalten. Das war zwar nicht immer so, aber inzwischen geht das schon. Außerdem für dich und die Zwerge nehme ich mir natürlich so viel Zeit wie nur möglich.

      Leicht gesagt aus seinem derzeitigen Domizil heraus.

       Süße, ich hätte auch niemals gedacht, dass ich erst auf eine Anzeige antworten muss, um meine Traumfrau zu finden. Und dass diese Traumfrau jetzt tatsächlich zwei Jahre auf mich wartet, rechne ich ihr ganz hoch an.

       Ja, dieses Weihnachten bin ich wohl leider hier mit meinen »Ferienlagerkumpels« noch einmal allein. Am liebsten wäre ich bei euch, mein Schatz. Im nächsten Jahr können wir dann aber in jedem Fall gemeinsam feiern.

       Hehe, ein gutes Steak wäre wirklich klasse gewesen. Nur leider darf man hier tatsächlich nichts mit reinbringen, noch nicht einmal Babygläschen oder Spielzeug für die Kinder sind erlaubt. Aber im Ernst, alles was ich brauche bist du, mein Schatz. Weder ein Steak, noch ein Stück Kuchen oder eine Tafel Schokolade sind wichtig, Hauptsache, du bist da!

       Und Süße, es macht mir überhaupt nichts aus, dass ich zukünftig, wie du es so schön nennst, »Aufbauarbeit« leisten muss. Ganz im Gegenteil! Wenn ich lese, wie du deine letzten Jahre verbracht hast und womit du zu kämpfen hattest, dann durchfährt mich einfach nur ein nicht nachzuvollziehendes Unverständnis. Wie kann man eine so wundervolle Frau nur so behandeln? Ich kann so etwas absolut nicht verstehen, aber ich bin da wohl komplett anders.

      Na, das hoffe ich. Aber das Gute ist, erstens habe ich diese Zeit hinter mir und zweitens kann ich jetzt alles was kommt viel besser genießen. Da geht es John bestimmt ähnlich. Er wird die Welt nach dieser momentanen Zwangsauszeit auch mit anderen Augen sehen.

       Für mich gibt es nichts Schöneres, als meine Partnerin glücklich zu machen und sie zu verwöhnen. Und wenn es doch einmal etwas gibt, womit der andere ein Problem hat, dann sprechen wir einfach darüber und finden ganz sicher eine gemeinsame Lösung. Das ist es doch, was eine gute Beziehung ausmacht, nicht wahr?

      Ich nicke zustimmend.

       WAS? Du hast noch nie ein Frühstück ans Bett bekommen? Das werden wir auf jeden Fall ändern! Wenn du in der Früh noch schläfst, schnappe ich mir den Nic und dann machen wir dir ein Frühstück, geliefert bis ans Bett.

       Klar kannst du mit zu den Bayern ins Stadion kommen. Süße, ich nehme dich überall mit hin, ebenso wie unsere Zwerge. Schließlich sind wir doch eine Familie. Außerdem ist das für die Jungs sicherlich alles sehr spannend.

      Wow! Jetzt spricht er sogar schon von »unseren« Zwergen und einer »Familie«. Das klingt für mich noch wie ein Traum.

       Warum warst du dir denn nach unserem Treffen nicht sicher, dass ich so positiv darüber schreiben würde? Lara, ich habe es wirklich ernst gemeint. Ich bin super glücklich, dass du wieder in mein Leben zurückgekommen bist und ich möchte mir mein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen. Ich bin in Sachen Gefühlsäußerungen vor allem zu Beginn eher zurückhaltend und vorsichtig, aber bei dir fühlt sich jetzt schon alles so richtig an. Ich bin mir – Aus welchem Grund auch immer? – so sicher mit dir, dass ich mir auch keine Sorgen mache, verletzt zu werden.

      Unsere gemeinsame Zukunft vor Augen, nehme ich mir fest vor, ich bin für diesen Mann da. Ich werde diese zwei Jahre schaffen! Komme was wolle.

       Was für eine Frage, Süße, natürlich möchte ich, dass du mich wieder besuchen kommst. Unter der Woche ist es immer am besten, weil dann weniger los ist und man eigentlich fast immer mehr als eine Stunde bekommt.

      Aber am Wochenende kann ich die Jungs viel leichter unterbringen.

       Wie gesagt, mein Schatz, für mich seid ihr meine kleine Familie und für meine Familie und dass es ihr gut geht, tue ich alles, was notwendig ist. Das wirst du schon noch merken. Ich lasse meinen Worten viel lieber Taten folgen, so dass du sehen kannst, dass alles, was ich sage/schreibe, auch so gemeint ist. Auch wenn mir da im Moment leider noch ein wenig die Hände gebunden sind.

      Ich kann nicht anders, ich glaube John, und dennoch werde ich den Gedanken nicht los, dass es ein Leichtes für ihn ist, in seiner Situation diese Worte zu schreiben.

       So, meine Süße, jetzt werde ich mich wieder unter meine Decke kuscheln – in Gedanken nehme ich dich mit – und von dir träumen. Hab dich lieb! Dicker Kuss, dein John

      Ich lese diesen Brief bestimmt noch fünf Mal und schlafe irgendwann darüber ein.

      Der erste Kuss nach vierzehn Jahren

      In dieser Zeit schreiben wir uns beinahe täglich. Nur montags bekomme ich keine Post von ihm, da John samstags nichts verschicken kann. Die Wochenenden fühlen sich somit endlos an. Ich vermisse John so sehr. Ich brauche seine Zeilen, um glücklich zu sein. Ohne seine Zeilen habe ich keinen Spaß. Jeder Brief lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch schneller fliegen und bestätigt mir immer wieder aufs Neue, dass John die momentane Zeit genauso erlebt wie ich. In Gedanken bin ich immer bei ihm. Dabei ist es völlig egal, mit wem ich zusammen bin oder was ich in diesem Moment gerade mache. John ist der Letzte, an den ich abends vorm Einschlafen denke und der Erste, der morgens – beziehungsweise nachts, wenn ich geweckt werde – gedanklich präsent ist.

      Es ist ein ständiges bewusstes und unterbewusstes Fehlen, ein Gefühl, welches ich nicht in Worte fassen kann. Ich merke, wie angespannt ich bin, kann aber nichts dagegen tun. Ich gehe davon aus, dass mir ein weiterer Besuch bei John helfen wird.

      So gerne ich die Jungs mitnehmen würde, aber da drinnen, das ist nichts für sie. Die von John erwähnte Spielecke ist eine kleine Kiste mit fünf Bauklötzen und zwei Plüschtieren. Dafür interessieren sich die beiden keine fünf Minuten. Und was mache ich, wenn sie nach kurzer Zeit anfangen zu weinen oder herumtoben wollen? Dann wäre unser Treffen sehr schnell beendet und die weite Fahrt völlig umsonst. Nein, da muss John sich noch ein wenig gedulden mit dem Kennenlernen der Jungs, auf die er sich nach eigener Aussage schon so sehr freut.

      Es ist der siebenundzwanzigste Juli. Ich rufe in Kaisheim an und möchte einen Besuchstermin ausmachen. Wir haben nur noch vier Tage Zeit für ein Treffen, denn Termine aufsparen für den nächsten Monat ist leider nicht möglich. Am Telefon erfahre ich, dass die Nachmittagstermine in den nächsten Tagen schon ziemlich voll sind und wir mit Sicherheit nur eine Stunde Besuchszeit bekommen würden.

      Was bleibt mir also anderes übrig? Wieder müssen wir früh los. Ich rechne zurück. Acht Uhr fünfundvierzig Kaisheim, also muss ich spätestens um sieben in Landshut losfahren und um sechs Uhr aufstehen. Nic ist um diese Zeit sowieso wach, das ist kein Problem. Nur meine Mom wird nicht gerade begeistert sein. »Ist auch bestimmt nur dieses eine Mal, dass ich dir die Jungs so früh bringe«, verspreche