Reise zusammen machen – wenn anders Ihnen meine Gesellschaft nicht unangenehm ist –« – »Ganz im Gegenteil,« antwortete Monk gelassen, und d'Artagnan murmelte kopfschüttelnd: »Ich glaube, armer Planchet, unsere Aktien stehen faul.«
Während der Seefahrt sprach Monk kaum ein Wort mit d'Artagnan, obwohl er täglich mit ihm speiste und ihn auch sonst die Behandlung, die er durch ihn erlitten, in keiner Weise entgelten ließ. Nach achtundvierzigstündiger Reise landeten sie an der Mündung des Flüßchens wo das Haus stand, das Athos zur Wohnung diente. Monk schlug rasch den Weg zu seinem Lager ein, und d'Artagnan, der sich in sein Schicksal ergeben hatte, folgte ihm willenlos, wie ein Bär seinem Führer. Ingrimmig murmelte er vor sich hin, die Könige seien alle über einen Kamm, und der beste unter ihnen tauge nichts. Im Stillen gelobte er sich, keinem von ihnen je wieder zu dienen.
»Dort brennt ein Haus!« rief Monk plötzlich, »meiner Treu, das können nur Lamberts Soldaten sein.« – Sie beschleunigten ihre Schritte, um den durch die Flammen bedrohten Menschen zu Hilfe zu kommen, denn die Anzahl der Leute, die das brennende Haus umringte, schien ihnen nicht allzu groß zu sein, so daß sie es wagen konnten, sie anzugreifen. Als sie näher kamen, bemerkten sie, daß die Soldaten in offenbarer Mutlosigkeit dem Brande zusahen. Ohne vorher von ihnen bemerkt worden zu sein, trat Monk ganz plötzlich unter sie.
»Was bedeutet dies?« rief er. – Da stieß einer der Soldaten einen Schrei der Ueberraschung aus. »Der General!« – Der Ruf pflanzte sich rasch von Munde zu Munde fort, ein paar Offiziere, unter ihnen Digby, der Adjutant, stürzten herbei. Monk war von seinen Getreuen umringt. – »Was geht hier vor?« rief er nochmals. – Digby, der Adjutant ergriff das Wort: »Wir wollten jenen verräterischen Franzosen, der Euer Gnaden an jenem Abend fortlockte, zur Uebergabe zwingen,« erklärte er. »Aber es ist ihm nicht beizukommen. Er hat schon zehn der Unseligen erschossen, und wir sahen uns genötigt, Feuer an das Haus zu legen, um ihn auszuräuchern.«
»Ha!« rief d'Artagnan, und sein Schwert flog aus der Scheide, »mein Landsmann – mein Freund ist in Lebensgefahr – ihn wollt ihr bei lebendigem Leibe verbrennen. O, ihr Hunde! Athos, Athos, Hilfe ist nahe!« schrie er und wollte über die Soldaten Monks herfallen. Der General fiel ihm in den Arm. »Geduld!« sagte er. »Digby, sorgen Sie dafür, daß das Feuer auf der Stelle gelöscht wird. Wer dem Manne da drin ein Haar krümmt, büßt es mit dem Leben. Ist in meiner Abwesenheit eine Schlacht geliefert worden?« – »Wozu, Herr General?« sagte Digby. »Täglich laufen hunderte von Lamberts Soldaten zu uns über. In acht Tagen wird sein Heer zusammengeschmolzen sein, wie Schnee an der Frühlingssonne. Entschuldigen Sie uns, Herr General, wir glaubten Sie schon verloren.«
»Sie sind von Sinnen,« versetzte Monk. »Wie könnte ein Mann wie ich verlorengehen? Darf ich mich etwa nicht entfernen, ohne es an die große Glocke zu hängen? Muß deshalb ein Ehrenmann, ein Freund von mir, wie ein Räuber belagert und ausgeräuchert werden? Bei Gott, ich werde die, die der Graf übrig gelassen hat, erschießen lassen.« – Nach diesen Worten wandte er sich um und schüttelte Athos, der sich aus einer stürmischen Umarmung seines Waffenbruders losriß, die Hand. – »Zurück ins Lager!« rief er dann seinen Soldaten zu, und Sie, Digby, haben vier Wochen Arrest, damit Sie künftighin sich besser nach meinen Befehlen richten.«
»Wir sind allein,« fuhr er fort, als die Soldaten sich entfernt hatten. »Nun sagen Sie mir, Graf de la Fère, warum sind Sie geblieben? Sie konnten doch jederzeit Ihre Feluke erreichen.« – »Ich wartete auf Sie, General,« antwortete Athos. »Sie hatten doch versprochen, mir in acht Tagen Bescheid zu geben.« – »Führen Sie mich in Ihr Zimmer!« sagte Monk, und während d'Artagnan mit dem alten Grimaud draußen blieb und sich beide wohl fünf Minuten lang die Hände schüttelten, trat Monk mit Athos in die von Rauch geschwärzte, vom Feuer beschädigte Wohnung. Er ließ sich Papier und Feder geben, schrieb ein paar Zeilen, setzte seinen Namen darunter, steckte das Blatt in einen Umschlag, versiegelte diesen mit seinem Ringe und übergab das Billett dem Grafen mit den Worten: »Machen Sie sich hiermit sofort auf den Weg zu Karl II. Die Fässer bringen Sie mit Hilfe der Fischer, die mich hierhergebracht haben, an Bord. In einer Stunde schon können Sie unterwegs sein. Herr Chevalier!« rief er zum Fenster hinaus. »Sagen Sie Ihrem Freunde Adieu, er kehrt nach Holland zurück.« – »Zurück nach Holland?« rief d'Artagnan. »Und ich?«
»Sie können ihm nachfolgen, wenn Sie wollen,« erwiderte Monk. »Ich bitte Sie jedoch, bei mir zu bleiben. Schlagen Sie mir das ab?« – »Nein, General.« – Als d'Artagnan sich von seinem alten Kameraden verabschiedet hatte, nahm Monk seinen Arm und schritt mit ihm dem Lager zu. Der Chevalier schüttelte, aufs höchste verwundert, den Kopf und dachte bei sich: »Bei Gott, die Aktien von Planchet und Co. scheinen wieder zu steigen. Himmlischer Vater! gib nur, daß Monk nicht soviel Eigenliebe besitze wie ich. Ich muß gestehen, wenn mich jemand in eine Kiste gesteckt und übers Meer geschafft hätte wie ein Kalb, ich würde es ihm nie vergessen, daß er mich eine so lächerliche Figur spielen ließ. Die Haut würde ich ihm abziehen. In einen wirklichen Sarg würde ich ihn stecken zur Erinnerung an den falschen Sarg, in den er mich gepackt wie ein Ladung Heringe.«
11. Kapitel. Karl II. in London
Monks Rückkehr ins Lager war für das ganze Heer ein freudiges Ereignis, denn man hatte ihn schon tot geglaubt. Die Stabsoffiziere umringten ihn, er aber schien sich zu ärgern über die große Freude, die ringsum herrschte. – »Wozu diese Aufregung?« rief er. »Habe ich denn von Schritt und Tritt Rechenschaft abzulegen?« – »Aber, Herr General,« antwortete ein Oberst, »die Herde kann in Schrecken geraten, wenn der Hirt fehlt.« – »Hol euch alle der Teufel,« versetzte Monk. »wenn ihr in Angst und Schrecken verfallt, sobald ich mal nicht da bin.« – Darauf zog er sich in sein Zelt zurück und kam erst nach ein paar Stunden wieder zum Vorschein, um einen Rundgang durch das Lager zu machen und seine und des Feindes Lage zu rekognoszieren. D'Artagnan begleitete ihn, und der General fand großes Gefallen an der Art und Weise, wie der kriegskundige Franzose die Mängel der feindlichen Stellung erörterte und den in Monks Schar herrschenden Geist pries.
Am folgenden Tage wurde zwischen Monk und Lambert ein Waffenstillstand vereinbart, der aber dem letzteren fast noch verhängnisvoller wurde, als eine offene Schlacht hätte werden können. Täglich liefen ganze Scharen von seinen Soldaten zu Monk über. Die Desertion griff in riesigem Maße um sich, und Lambert, der mit der Zuversicht ausgerückt war, Monks ganzes Heer zu verschlingen, sah seine Armee von Tag zu Tag in erschreckender Weise zusammenschrumpfen. Ehe der Waffenstillstand abgelaufen war, mußte er seine Sache verloren geben. Monk hatte einen Sieg errungen, der ebenso vollständig wie unblutig war. Das Lager wurde abgebrochen, der Marsch nach London angetreten. Mehr als je war nun Monk der Liebling des Parlaments, mehr als je war die große Menge des Volkes bereit, allen Entschließungen dieses erfolgreichen Verteidigers zuzustimmen. Und nun tat Monk jenen großen Wurf, der ihn für alle Zeiten in die glorreiche Reihe der Helden der Weltgeschichte stellt. Er vertrieb den Rest der Lambertschen Partei aus London und schlug sein Hauptquartier mitten in der Stadt auf. In einer Sitzung des Parlaments erklärte er, diese Regierungsform genüge nicht mehr den Bedürfnissen der Zeit und gebe keine Gewähr für eine gedeihliche Entwicklung des Staates. Diese Erklärung gab er unter dem Schutze von 50 000 Soldaten ab, und die Mehrzahl der Bevölkerung, 500 000 Bürger, stimmten ihm ohne weiteres bei. Umringt von einer jubelnden Menge, hielt er auf offener Straße hoch zu Roß.
»Bürger und Brüder!« rief er aus. »Karl II. betritt eben den Boden seines Landes. Ich ziehe ihm mit meinen Soldaten entgegen, um ihn zu empfangen und nach London zu geleiten. Wer mir ergeben ist, der folge mir!« – Und sie folgten ihm alle. – »Potzblitz!« murmelte d'Artagnan, der an seiner Seite hielt, »das war ein kühnes Wagestück.« – »Und auf solche verstehen Sie sich ja gut,« antwortete Monk und spielte damit zum erstenmal auf den Handstreich des Chevaliers an. – »Darf ich wissen, welche schriftliche Botschaft Sie dem Grafen de la Fère nach Holland mitgegeben haben?« fragte d'Artagnan. – »Ich habe kein Geheimnis vor Ihnen, lieber Chevalier,« sagte Monk. »Ich schrieb nur die Zeilen: In sechs Wochen erwarte ich Eure Majestät in Dover.«
*
König Karl hielt mit großem Pomp seinen Einzug in London. Er hatte seine Brüder zu sich gerufen und brachte Mutter und Schwester mit. Die