Janine Zachariae

Das Geheimnis des Stiftes


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mit einer zierlichen Elfe zurück, die ein Herz in der einen und eine weiße Rose in der anderen Hand hielt. Die Elfe selbst war in einem schlichten Beige gehalten. Ich setzte sie in die Mitte des Gestecks und blickte zu dem Mann auf.

      »Das ist bezaubernd. Danke«, sagte er und ich glaubte, eine Träne wahrgenommen zu haben. Er atmete tief durch und ging direkt zur Kasse, zahlte und bedankte sich noch einmal.

      »Ihre Großmutter«, sagte ich, bevor er die Türklinke drückte, »kann stolz auf Sie sein.« Irritiert blickte er mich an und lächelte zaghaft. Warum ich das gesagt habe, wusste ich nicht. Normalerweise sagt man so etwas wie »Mein Beileid« oder »Das tut mir sehr leid«, aber manchmal genügen solche Floskeln einfach nicht und man braucht andere Worte des Trosts.

      Lange konnte ich nicht darüber nachdenken, denn eine verweinte Frau betrat den Laden und blickte sich verwirrt um.

      »Ist Frau Hops denn nicht da?«, fragte sie und zog ihre Nase dabei etwas hoch.

      »Tut mir leid, sie ist verreist. Aber ich kann auch gut zuhören.«

      Sie betrachtete mich etwas abschätzig. Meine 1.60 Meter (mittlerweile bin ich acht Zentimeter größer) sprachen nicht sonderlich für mich. Meine schulterlangen schokoladenbraunen Haare hatte ich an diesem Tag nicht so gut unter Kontrolle bringen können, auch wenn sie glatt sind, so konnte ich sie manchmal nicht in Form halten und nicht mal ein Zopf half dann.

      Die Luftfeuchtigkeit im Laden hatte etwas damit zu tun.

      Sehr lange habe ich nach einer wirklich guten Pflege gesucht. Mittlerweile macht es meinem Haar nichts mehr aus.

      Ich reichte der jungen Frau erst einmal eine Packung Taschentücher und führte sie zur Bank. Auch ihr bot ich Tee an, dieses Mal aber Melisse und hörte ihr geduldig zu, während sie doch anfing zu sprechen.

      Unter Tränen erzählte sie: »Meine Großmutter ist vor wenigen Tagen verstorben, mein Job ist weg und mein Freund hat mich verlassen und ich musste ausziehen.« Sie schnäuzte ins Taschentuch und ich nahm an, dass sie mit dem jungen Mann von vorhin verwandt sein musste. »Meine ganze Welt ist innerhalb weniger Tagen zerbrochen.«

      Schon wieder konnte sie keinen Job oder Freund längere Zeit halten und sie glaubte, ihre Großmutter enttäuscht zu haben.

      »Was möchten Sie?«, fragte ich, nachdem sie geendet hatte. Irritiert blickte sie zu mir. »Sie haben mir erzählt, dass Sie immer nur Jobs haben, damit sie Geld verdienen können – was natürlich auch wichtig ist … – aber wenn Sie die Wahl hätten, was würden Sie gerne arbeiten?«

      »Darüber hab ich noch nie nachgedacht«, sagte sie ehrlich und doch nachdenklich. Die junge Frau hatte langes blondes Haar, trug ein fliederfarbenes Kostüm, was sie älter aussehen ließ und schwarze Pumps. Sie schien sich nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen und ich denke, sie passte sich nur ihrer Umgebung an. Sie fuhr sich durch ihr langes Haar und ich konnte ein kleines Tattoo hinter ihrem rechten Ohr erkennen, was meine Einschätzung bestätigte.

      »Wo wohnen Sie denn, nachdem Sie aus der Wohnung Ihres Freundes gezogen sind?«

      »Bei meinem Bruder«, gab sie zu. »Er hat so viel um die Ohren und doch ist er für mich da. Er kümmert sich um die Trauerfeier, musst du wissen und hat dazu noch einen schwierigen Job und … ach, ich weiß nicht mal, wann der Junge überhaupt mal schläft. Er mag Pflanzen und Blumen und ich möchte ihm etwas Besonderes schenken.«

      Ich wollte gerade eine bestimmte Blume ansteuern, als mir bewusst wurde, dass sie wahrscheinlich nicht so viel Geld haben würde, nach allem, was ihr passiert war. Ich musste kurz innehalten und nachdenken.

      »Warten Sie kurz, ich habe, glaube ich, die richtige Blume für Sie«, sagte ich und ging ins Lager.

      »Eine Hyazinthe?«, fragte sie kurz darauf. Der Duft war dezent süß, nicht so aufdringlich wie viele andere dieser Sorte, weshalb wir sie auch bei uns im Laden aufbewahren können.

      Am Vormittag hatte ich etwas neu arrangiert und mich ein wenig ausgetobt, aber traute mich nicht, sie in den Laden zu stellen. Sie war chaotisch und doch strahlte sie etwas ungewöhnlich Beruhigendes aus. Ich benutzte verschiedene Farben, die alle aber irgendwie stimmig wirkten, und machte ein paar weiße Steine und schwarze Kugeln dazu. In die Erde hatte ich einige Kieselsteine gelegt, damit sie locker blieb und keine Staunässe entstehen konnte.

      »Ich weiß, was Sie denken. Aber die Hyazinthe, das hatte mir Frau Hops erzählt, steht für Vertrauen und Wohlwollen«, sagte ich schulterzuckend. »Ich würde Sie Ihnen gerne schenken.«

      »Schenken? Wieso? Weil ich keinen Job mehr habe?«, ihre Stimme wurde etwas heller und sie schien empört. Oje. »Sie wollen Ihrem Bruder eine Freude machen, oder?« Sie nickte. »Na, gut … Wenn ich ehrlich bin … Ich hab das heute Morgen selbst zusammengesteckt und na ja, ich bin mir nicht sicher, ob die Ladeninhaberin, obwohl sie die wundervollste Frau ist, die ich kenne, das so gut findet. Ich kann es hier nicht mehr verkaufen, aber irgendwie fände ich es schade, wenn ich es zerstören müsste. Verstehen Sie?« Irritiert nickte sie erneut. »Vermeiden Sie Staunässe und sie mag es sonnig. Ansonsten nicht austrocknen lassen.«

      Ich drückte ihr den Topf in die Hand und lächelte ihr freundlich zu.

      »Sie sieht sehr schön aus, ich mag die blassrosa Farbe. Und ich darf sie wirklich einfach mitnehmen?«

      Ich zuckte mit den Schultern.

      »Frau Hops hätte nichts dagegen. Sie macht es selbst gelegentlich, wenn niemand hinschaut und nur bei Kunden, die eine Traurigkeit ausstrahlen, die wirklich erdrückend wirkt. Glauben Sie nicht, ich würde das bei jedem machen.

      Aber ich denke, Sie können eine kleine Aufmunterung gut gebrauchen. Es ist nicht alles schlecht, wissen Sie? Manchmal werden wir von den Menschen um uns herum überrascht.« Erneut liefen ihr die Tränen, dabei waren sie gerade dabei zu trocknen. »Hab ich was Falsches gesagt?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich bin mir sicher, Frau Hops ist sehr stolz auf dich.«

      »Sie kennen sie gut?«

      »Ja, sie … ich bin schon als Kind gerne hier gewesen und obwohl ich weiter weg wohne, komme ich trotzdem ab und zu her.«

      »Ja, sie hat etwas, was man nicht so leicht vergisst, oder? Eine Ausstrahlung und Art, die jeden im Raum sofort für sich gewinnen lässt und alles zum Strahlen bringt.«

      Nachdem ich das gesagt hatte, ging die Tür auf und meine Mutter kam herein.

      »Liebling, ist alles in Ordnung?«, erkundigte sie sich besorgt.

      »Ja, natürlich Mum. Wieso?«

      »Es ist schon nach halb acht. Ich habe mir Sorgen gemacht.« Erschrocken drehten wir uns gleichzeitig zur Wanduhr hinter der Kasse um.

      »Tut mir leid, ich mache hier noch schnell fertig, dann komme ich.«

      »Gut, ich sehe schon, du hast alles im Griff. Abendessen ist dann fertig«, sagte sie und ging wieder in unsere Wohnung.

      »Entschuldige, ich wollte dich nicht so lange aufhalten.«

      »Haben Sie nicht. Wenn man sich nicht mehr Zeit für seine Mitmenschen nehmen kann, dann verliert man sich am Ende selbst irgendwann.«

      Sie lächelte, hielt den Topf mit der einen und drückte meinen Arm mit der anderen Hand.

      »Danke, ich weiß das wirklich zu schätzen.«

      »Wissen Sie, vielleicht überlegen Sie sich einfach mal ganz genau, was sie wirklich wollen. Sie können doch bestimmt eine Weile bei Ihrem Bruder bleiben, oder? Vielleicht finden Sie das, was Sie suchen.«

      Erstaunt blickte sie mich an.

      »Wie alt bist du?«

      »15. Tut mir leid, ich rede manchmal seltsames Zeug.«

      »Nein, das tust du nicht. Im Gegenteil.«

      »Danke.« Ich lächelte.

      Aber ich rede wirklich manchmal zu viel,