Juryk Barelhaven

Wrong turn


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schwieg lange. Snow ging weiter voran und wartete auf eine Reaktion. Sie liefen über eine asphaltierte Straße, die durch eine hügelige Landschaft führte, die so dunkel und unbewohnt schien wie damals, als der Planet noch weitgehend unbewohnt gewesen war.

      Schließlich seufzte Hansen tief und sagte: „Ich glaube, ich wähle den Drink.“

      „Das glaube ich auch.“

      „Es ist, als würde man auf die Jagd gehen. Das Wichtigste dabei ist die Geduld. Wenn man Geduld hat, kriegt man, was man will.“

      „Stimmt.“ Snow nickte ihm aufmunternd zu, froh darüber, dass er den sicheren Weg wählte. „Wir haben zwei Gefahrenquellen, nämlich die wilden Tiere und die Menschenjäger. Eigentlich sind es drei, denn die Zeit arbeitet gegen uns. Wir müssen die Zeit durchhalten, und wir müssen mit unseren Kräften aushalten.“

      „Was haben wir noch zu essen?“

      Snow langte zu seiner Umhängetasche und verteilte die Müsliriegel und zwei Wasserflaschen gerecht. „Trinken Sie nicht alles auf einmal aus…“

      „Ich bin kein Idiot.“

      „Michel Brown ist mit unserem Auto fort – wenn er zügig die gleiche Strecke zurückgefahren ist, hat er ungefähr jetzt die erste Patrouille erreicht und ihnen mitgeteilt, wo wir sind. Im besten Fall hat er sich verfahren, aber davon würde ich nicht ausgehen.“

      „Klingt logisch.“

      „Die Banden haben Handys und wissen spätestens jetzt, wo wir sind. Mit ihnen allen können wir es nicht aufnehmen, also schlage ich vor, dass wir uns in die Büsche schlagen und zu Fuß durch das Dickicht versuchen weiterzukommen.“

      „Haben die Bluthunde?“

      „Ich glaube nicht. Aber Fährtenleser“, antwortete Snow ehrlich. „Was immer die vorhaben – die machen es erst, wenn sie wissen, wo wir sind.“

      „Gehen wir also vom Schlimmsten aus.“

      „So ist es. Ach, und noch etwas, Hansen.“

      „Was denn?“

      „Wenn wir das überleben wollen, müssen wir zusammenarbeiten.“ Unvermittelt bog Max ab, hüpfte über einen Graben und nahm die Route durch hüfthohes Gras auf einen kleinen Wald zuhaltend. Ohne Widerspruch folgte Hansen ihm und nach wenigen Minuten waren sie von der Straße aus nicht mehr zu sehen.

      Die Vorhut stob durch die kleine Gasse, in wilden Schlangenlinien auf ihren Crossmaschinen. Das tiefe Dröhnen der aufgemotzten Maschinen, das Prasseln von Sand und Steinen unter breiten Rädern war eine Zumutung für jeden, der sich in Reichweite der stillgelegte Fabrik befand doch den Fahrern war dieses Imponiergehabe wichtiger als die eigene Gesundheit. Auf jeder freien Fläche des Fabrikgeländes hockten Männer und Frauen, die Visiere der Motorradhelme geschlossen, darauf die Fratzen von Monstern gesprayt. Je mehr Farben, desto höher der Rang. Vierzehn Motive. Also vierzehn Banden.

      Roxanne Culdoras – Brucha, La Muerte- trat mit ihrem Gefolge auf den Platz. Am Tag wirkte das Lagoony alt und zerfallen, keine fröhliche Musik und keine ausgelassene Stimmung waren zu vernehmen. Lässige Jeans und eine einfache Lederjacke tragend schnappte sich die Queen von PureSky ein Mikrofon und sprach langsam und deutlich: „Wir suchen zwei Männer, die unseren Laboranten entführt haben. Ihr sucht sie, ihr findet sie und den Laboranten will ich lebendig. Er heißt Brown. Krümmt ihm ein Haar, und ihr bekommt es mit mir zu tun. Wenn ihr sie findet, will ich einen Beweis. Sonst noch Fragen?“ Roxanne nickte einem Mann zu, der sich eilte Steckbriefe der beiden Frevler zu verteilen, reichte das Mikro weiter und wandte sich mit gelangweilter Miene ab, als hätte sie gerade den Wetterbericht im Schulfunk vorgelesen.

      „Wie kommst du dazu, erst deinen Besitz zu verlieren und dann uns zu sagen, was wir zu tun haben?“

      Roxanne blieb stehen, wandte sich langsam um und hob die Augenbrauen fragend.

      „Du hast schon verstanden, Süße.“

      Die Gestalt mit dem buntesten Helm nahm ihn ab und warf ihn zu einer Sklavin, die mit ihren abgemagerten Armen Schwierigkeiten hatte ihn zu fangen. Neben dem ausgedörrten Mädchen wirkte die grobe Breitschultrige wie eine feste Dominanz. Sie riss dem Vasallen ein Steckbrief aus der Hand, sah es skeptisch an und thronte auf ihrem Pick-up wie eine Königin. Die Boss stand da mit ihren zwei Metern und ihrem zusammengestückelten Pelzmantel und warf ihren keltischen Seitenscheitel lässig zur Seite, während Roxanne keinen einzigen Muskel zuckte und ausdruckslos wartete, dass die Frau zu ihr herübergeschlendert kam. „Ich sagte, du lässt dich bestehlen und glaubst, du könntest über uns bestimmen?“ Die Sprecherin wies ein kantiges, von Narben durchgezogenes Gesicht auf und trug eine Peitsche lässig über die Schulter.

      Scheinbar gelangweilt wanderte Roxannes Blick von ihren Schuhen bis zu ihren Haaren und stemmte langsam die Hände in die Hüften. „Tja, das kann ich“, sagte sie ohne eine Spur von Angst und hielt dem fiebrigen Blick stand.

      Beide taxierten einander.

      „Tja. Wird Zeit, dass dir jemand mal zeigt, wie das geht, Süße“, sagte die Hünin und spuckte aus. „Ich und meine Jungs denken, dass du nicht das Zeug hast. Das wir einfach deinen Laden übernehmen. Und wenn wir diesen Brown finden, behalten wir ihn. Problem damit?“

      Zustimmendes Raunen hinter ihr.

      Ein Muskel zuckte in Roxannes Gesicht.

      „Aber auch ich kann großzügig sein. Habe heute Morgen beim Schiffen gerochen, dass ich auf jemanden Besonderen treffen würde“, sagte die Bikerin. „Wenn du brav bist, darfst du meine Schuhe putzen…“ Sie grinste schmierig und hob die Hand, um ihr übers Gesicht zu fahren…

      Eine Kugel fliegt mit fast vierfacher Schallgeschwindigkeit und ein guter Schütze trifft auf ein unbewegliches Ziel genau die Mitte. Der Zufall wollte es, dass Roxannes Schütze auf dem Dach in dem Moment genau ihre Hand traf: das Ergebnis war spektakulär und ließ alle aufseufzen.

      Noch während der Schuss verhallte, langte Roxanne mit einem Messer zu und hörte erst auf, als die Bikerfrau sich nicht mehr rührte. Mit unbewegter Miene stand sie aufrecht da und starrte zu dem Rest. „Ich bin ganz und gar gewöhnlich“, raunte sie leise und wischte sich übers Gesicht. „Hat hier sonst noch jemand ein ziemlich blöde Idee?“

      Als die Letzten losgefahren waren, trat Tec zu ihr. „Sie werden immer aufmüpfiger. Wir sollten ein Zeichen setzen.“ Tec war Roxannes Rechte Hand, ein ehemaliger Schmuggler von der Erde, der stets darauf achtete, mit ihr behutsam und respektvoll umzugehen. In seinen Augen war die Queen ein besonderer Mensch, sogar er begriff das, und er hatte wenig Ahnung von Menschen sondern war ein Mann der Logistik, der lieber analytisch mit Inventuren umzugehen verstand. Sie wusste so genau, was sie wollte und welcher Weg sie dorthin bringen würde, es war bewundernswert. Ohne ihre PureSky wäre sie keine Queen, aber ohne ihre Queen wären die PureSky nichts.

      „Ich dachte, das hätte ich gerade.“

      „Wenn sie sich zusammentun…“, fragte Tec mit gesenkten Blick. Er sah seiner Queen nicht gerne in die Augen, sie hatte so eine Art eindringlich zu starren.

      Nicht alle Verurteilten auf Oasis waren „kleine Fische“, die wegen Autodiebstahl oder Steuerbetrug auf der Erde geschnappt und weit draußen ins All geschickt wurden. Einige wenige liebten ungezügelte Geilheit, sadistische Neigungen, die Sehnsucht nach Raub und Mord oder waren einfach nur fehlgeleitet in ihrer übersteigerten Form der Kinderliebe. Einige verstanden sich als Geschäftsleute, andere reklamierten ihr legitimes Recht, pervers zu sein. Erst vor Gericht bemühten sie sich darum, selbst als Opfer anerkannt zu werden, die Heilung und Verständnis bedurften. Kaum waren sie auf dem Gefängnisplaneten, kehrten sie allzu gerne auf den Spielplatz ihrer verklebten Fantasie zurück und schufen sich ihre eigenen kleinen Reiche. Wer geschickt war, konnte hier sein Paradies finden. Doch was selbst SpaceTec nicht wusste: der Grund, warum nicht alles von den Stärksten rücksichtslos geraubt wurde und alles ins Chaos abdriftete, war simpel und für jemanden wie Roxanne schon lange klar geworden. „Nein, du verstehst nicht. Alle Gangs sind