Tarja Redfield

Wenn Liebe fliegen lernt


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       Kapitel 3

      Als ich den Supermarkt betrat, war ich sehr erstaunt. Dafür, dass die Geschäfte bald schließen sollten, war es mehr als nur voll. Jede Kasse war besetzt, aber die Schlangen waren immer noch endlos lang. Ich stöhnte innerlich und nahm mir vor, mir ganz viel Zeit zu lassen, vielleicht waren die Kassen später wieder leerer. Ich schlenderte durch die Gänge und klapperte meinen Einkaufszettel ab. Da ich nur einmal die Woche einkaufen gehen wollte, war die Liste recht lang. Gefühlte zwei Stunden später lagen meine Nerven blank und der Einkaufswagen quillte über. Ein flüchtiger Blick zur Kasse bestätigte mir, dass es etwas leerer wurde. Ich stellte mich dort an, wo die Schlange am kürzesten war. Natürlich war dies ein Fehler! Es dauerte ewig. Die Dame, die die Kasse bediente, musste neu sein. Ständig schaute sie auf die Artikelliste für Obst und Gemüse, somit dauerte alles noch länger. Ich verdrehte die Augen, beschwerte mich aber nicht, da ich im Urlaub war und mich nicht stressen lassen wollte. Irgendwo hinter mir rief ein älterer Herr auf deutsch, ob man nicht noch eine weitere Kasse öffnen könnte. Ich musste schmunzeln, denn das war wieder mal typisch für einen deutschen Touristen. Immer im Stress, selbst im Urlaub. Während die Einheimischen ganz entspannt miteinander redeten und lachten, mussten wir uns wieder beschweren.

      Geschafft! Ich verstaute meine Einkäufe in den Kofferraum und brachte den Einkaufswagen zurück. Irgendwo in weiter Ferne hörte ich, dass es donnerte. Ein kurzer Blick zum Himmel bestätigte mir, dass es wohl sehr bald anfangen würde zu regnen. Ich ging einen Schritt schneller und währenddessen durchsuchte ich meine Handtasche nach dem Autoschlüssel. Wo war er denn nur? Immer wenn man es eilig hatte, findet man in dieser monströsen Tasche einfach nichts wieder! Aaah, da ist er ja. Ich fischte den Schlüssel heraus und lief geradewegs in die Arme eines Mannes. Nicht schon wieder! Ich taumelte leicht, verlor aber zum Glück nicht das Gleichgewicht. Als ich in das Gesicht des Mannes sah, setzte mein Herzschlag für einen kurzen Moment aus und ich vergaß zu atmen.

      »Beim dritten Mal lädst dann aber du mich auf einen Kaffee ein.« Nils grinste mich mit dem umwerfendsten Lächeln an, welches ich je gesehen habe. Meine Beine gaben etwas nach und ich räusperte mich. »Den Kaffee hatten wir schon. Ich würde sagen beim nächsten Mal köpfen wir eine Flasche Wein und gönnen uns eine Pizza.« Ich versuchte, kess zu wirken, und setzte dabei mein strahlendstes Lächeln auf.

      Er lachte laut auf und schüttelte den Kopf. »Sorry, aber ein Bierchen wäre mir da echt lieber.«

      Ich hob den Zeigefinger und deutete auf meinen Kofferraum. »Na los, öffne ihn!«

      Kurz schaute er mich verdattert an, ging dann aber auf mein Auto zu, während ich es aufschloss. Sekunden später drehte er sich zu mir um und hielt eine Dose Krombacher in die Höhe. »Eine ganze Palette Dosenbier? Ich bin schockiert; das hätte ich so einer feinen Dame wie dir gar nicht zugetraut.« Er grinste und verstaute die Dose wieder im Kofferraum.

      Ich funkelte ihn an. »Ich und eine feine Dame? Hah, ich glaube, du schätzt mich völlig falsch ein.«

      »Ach und wie glaubst du, sollte ich dich einschätzen?«, setzte er zum Gegenschlag an und verschränkte die Arme vor der Brust.

      »Tja, finde es doch einfach heraus.« Frech grinste ich ihn an und öffnete die Autotür.

      Ich startete den Motor und wollte gerade losfahren, als Nils sich plötzlich vor mein Auto warf. Erschrocken trat ich auf die Bremse und kurbelte die Scheibe runter. »Sag mal, gehts noch?«, rief ich gereizt.

      Nils lehnte sich lässig gegen mein Auto und sein Gesicht kam meinem sehr nahe, sodass ich die Luft anhalten musste. »Wie?«, fragte er.

      Irritiert sah ich ihn an. »Was?«

      »Na, wie soll ich es herausfinden?«

      Ich schmunzelte. »Fahr mir nach und finde es heraus.« Dann fuhr ich vom Parkplatz. Das hatte ich doch nicht wirklich gesagt? Ich holte einmal tief Luft und schaute in den Rückspiegel. Erleichtert atmete ich aus. Er folgte mir nicht. Ich lachte auf. Das wäre auch einfach viel zu verrückt gewesen. Schließlich kannten wir uns kaum, beziehungsweise gar nicht.

      Total geschafft vom Einkaufen, zog ich mir meinen Badeanzug an und bereitete den Whirlpool vor. Ich ließ eine Chlortablette hineingleiten. In der Zwischenzeit öffnete ich mir eine Dose Krombacher und schüttete sie in ein Bierglas, welches ich neben dem Whirlpool abstellte. Nun wollte ich einfach nur noch entspannen. Langsam ließ ich mich ins Wasser gleiten und schloss die Augen. Die Wärme und die kleine Massage der Düsen ließen meine müden Muskeln locker und leicht werden. Ich schreckte hoch, als ich plötzlich die Türklingel hörte. Ich musste eingeschlafen sein. Noch wie in Trance stieg ich aus dem Whirlpool und zog mir meinen Bademantel über. Wer konnte das sein? Ich wüsste nicht, wer mich hier besuchen sollte. Mit zügigen Schritten marschierte ich zur Haustür und öffnete sie. Mit offenem Mund starrte ich mein Gegenüber an, das mich frech angrinste und einen riesigen Pizzakarton in der Hand hielt.

      »Willst du mich weiterhin einfach nur anstarren, oder bittest du mich vielleicht auch herein?«, fragte Nils mich und brachte sein einzigartiges Lächeln zum Vorschein.

      Ich räusperte mich und ging ein Stück zur Seite, um ihn eintreten zu lassen. Er schaute sich um und man sah ihm die Überraschung förmlich an.

      »Du mietest für dich alleine so eine große Bude?«

      Ich starrte auf meine Füße. »Ja, ich liebe diese Geräumigkeit und außerdem wollte ich einen Pool und wie du bestimmt weißt, gibt es hier nur große Häuser mit Pool.« Als ich wieder hinaufschaute, trafen sich unsere Blicke und kurzzeitig hatte ich das Gefühl, dass die Luft zwischen uns knisterte.

      »Punkt für dich.« Er nickte und stellte den Pizzakarton auf der Küchenzeile ab. »Sofia ich habe tierischen Hunger. Könnten wir vielleicht anfangen zu essen?«

      Ich schmunzelte und teilte die Pizza mit dem Pizzaschneider in gleichmäßige Stücke. »Bierchen?«

      »Was eine Frage, aber klar«, antwortete er und bediente sich auch schon an meinem Kühlschrank. Ich habe selten Menschen erlebt, die so selbstbewusst gegenüber Fremden auftreten. Eigentlich war es eher ein dreistes Verhalten, aber auf mich wirkte es irgendwie anziehend. »Komm, wir gehen rauf ins Wohnzimmer.« Ich deutete ihm an, mir zu folgen. Oben angekommen, staunte er nicht schlecht.

      »Wow, diese Aussicht ist fantastisch«, flüsterte er und schaute aus dem Fenster.

      Ich grinste und setzte mich auf die große Couch. Nils setzte sich mir gegenüber auf den gemütlichen Ohrensessel.

      »Ich habe einfach mal eine Hälfte mit Thunfisch und die andere mit Salami belegen lassen und hoffe, ich habe deinen Geschmack getroffen«, sagte er und nahm sich ein Stück Thunfischpizza.

      »Ich liebe Thunfisch.« Ich lächelte und biss herzhaft in mein Stück.

      Er schaute mich überrascht an. »Ich auch, ist meine Lieblingssorte.«

      Ich lachte. »Tja, dann werden wir wohl um die Stücke kämpfen müssen, denn ich hasse Salami.«

      Nils grinste schelmisch. »Dann hat der Kampf gerade eben begonnen.«

      Ich stibitzte mir vorsichtshalber schon mal ein zweites Stück. Sicher war sicher.

      »Okay, wie es aussieht, haben wir schon mal drei Gemeinsamkeiten«, stellte er fest.

      Ich kaute zu Ende und schluckte. »Die da wären?«, fragte ich neugierig und beugte mich nach vorn.

      Schockiert sah er mich an. »Das weißt du nicht? Sofia, das ist doch total offensichtlich!

      »Nils, kläre mich auf.«, sagte ich und schaute ihn fragend an.

      Theatralisch seufzte er. »Okay. Also erstens, mögen wir beide Thunfisch. Zweitens, trinken wir gerne mal ein Bierchen und drittens, mögen wir anscheinend denselben Ort.«

      Nachdenklich tippte ich mir ans Kinn. »Ob wir wohl noch mehr gemeinsam haben?«

      Plötzlich fingen seine Augen teuflisch an zu funkeln. »Lust auf ein Spielchen?«