Tarja Redfield

Wenn Liebe fliegen lernt


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»Ich hoffe einfach, dass ihr den Streit hinter euch lassen könnt.«

      

      Und damit beendete er das Gespräch. Ich hielt immer noch das Handy ans Ohr, mein Gehirn konnte es nicht fassen. In wenigen Minuten sollte sie vor meiner Tür stehen. Ich stand auf und rannte förmlich den Strandweg zurück zum Haus.

      Nur wenige Minuten später klingelte es an meiner Tür. Mein Herz schlug wild gegen meine Brust, als ich auf dem Weg zur Tür war. Ich schloss kurz die Augen, atmete einmal tief durch und öffnete diese. Nina war es wirklich. In meinem Hals bildete sich ein Kloß und ich musste einmal blinzeln, damit sie meine Tränen nicht sah. Wie sie so vor mir stand, mit ihrem Handgepäck, dick eingemummelt in ihren Mantel. Man sah ihr die Anstrengung der langen Fahrt deutlich an. Ihre rehbraunen Augen spiegelten die verschiedensten Emotionen wider. In diesem Moment merkte ich, wie sehr ich sie vermisste. Es tat plötzlich so weh und ich wollte sie einfach nur in den Armen halten. Und genau das tat ich dann auch. Wir fielen uns in die Arme und schluchzten.

      Ich weiß nicht, wie lange wir so verharrten, aber ich fing an zu frieren und zog sie ins Haus, damit wir die Tür schließen konnten. Ich nahm ihr die Jacke ab und bot ihr an, Platz zu nehmen.

      »Möchtest du was trinken? Vielleicht was Warmes? Ich hätte Kaffee, Tee oder heiße Schokolade da«, bot ich ihr an und nestelte nervös an meinen Pullover.

      »Heiße Schokolade wäre toll«, antwortete sie und lächelte schüchtern.

      Ein Beweis dafür, dass sie mindestens genauso nervös war wie ich. Ich nickte und ging an die Maschine, um uns den Kakao zuzubereiten. Mit vollen Tassen kam ich zurück und setzte mich ihr gegenüber. Verträumt schaute sie nach draußen und beobachtete wie sich der Wind um die Dünen legte.

      »Es ist wunderschön hier, Sofia.«, flüsterte sie geistesabwesend und nippte an ihrem Kakao.

      Ich nickte ihr zustimmend zu. »Nina, was machst du hier?«

      Traurig schaute sie mich aus ihren rehbraunen Augen an. »Ich musste einfach wissen wieso. Wieso bist du nicht zur Hochzeit gekommen? Du hast mir nicht mal einen triftigen Grund genannt.«

      Ich biss mir auf die Lippen. Da hatte sie nicht ganz unrecht. Aus Panik und Trauer hatte ich es einfach nicht geschafft, mich auf so einer Festlichkeit blicken zu lassen.

      »Ich konnte es einfach nicht. Jedes Mal, wenn ich daran dachte wie fröhlich diese Feierlichkeit wird und alle lachen und glücklich sind ... es hatte mir die Luft abgeschnürt.« In meinem Magen bildete sich ein Knoten, denn jetzt wo es mir psychisch besserging, merkte ich wie dumm es von mir gewesen war, so zu denken.

      »Ich weiß, dass du zu diesem Zeitpunkt am Ende warst, aber du bist meine beste Freundin und dich nicht dabei gehabt zu haben, hat mich so verletzt Sofia.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. In diesem Moment wurde mir klar, dass wir beide einen Fehler gemacht hatten. Ich hatte damals nicht verstanden, dass sie null Verständnis für meine Situation hatte, und hatte sie als Zicke abgestempelt. Dabei war sie genauso verletzt und wollte ihre wahren Gefühle nicht preisgeben. Ich setzte mich neben sie und nahm ihre Hand.

      »Es tut mir so leid. Jetzt verstehe ich, dass ich dich mit meinem Verhalten verletzt habe. Aber damals war alles kaputt und tot in mir. Nichts ist an meine Oberfläche gedrungen.«

      Sie drückte meine Hand und sah mir direkt in die Augen. »Mir tut es auch leid, Sofia. In dem Moment war ich auch so verletzt, dass ich mich nicht mehr in deine Situation hineinversetzen konnte. Ich war egoistisch und hatte nur an meinen großen Tag gedacht.«

      Ich nickte und lehnte meinen Kopf an ihre Schulter. »Sind wir wieder Freunde?«, fragte ich sie leise.

      »Beste Freunde auf Lebenszeit«, antwortete sie und umarmte mich fest.

       Kapitel 5

      Nina eröffnete mir noch am selben Abend, dass sie ein paar Tage bleiben wollte. Ich war natürlich sofort Feuer und Flamme und wir planten, was wir zusammen unternehmen wollten. Am nächsten Tag zeigte ich ihr die Stadt Blokhus. Wir bummelten durch die Einkaufsstraße und holten uns zwischendurch ein Eis in meiner Lieblingseisdiele. Nebenbei erzählte sie mir, wie es ist, eine frisch gebackene Ehefrau zu sein und dass sie sehr glücklich mit Kevin sei. Ich freute mich wirklich sehr für sie. Nina hatte schon einige Beziehungen hinter sich, die eine schlimmer als die andere. Aber mit Kevin schien sie jetzt endlich den richtigen Mann an ihrer Seite gefunden zu haben. Nach unserem Stadtbummel gingen wir einkaufen, da wir gemütlich zusammen zu Abend essen wollten. Ich kaufte lieber nochmal etwas Weinnachschub, da ich wusste, dass Nina gerne ein Gläschen zum Essen trank. Wir hörten leise Radio und dabei schnippelten wir Tomaten und Paprika für die Tomatensoße. Ich ging zum Kühlschrank, holte eine Flasche Wein heraus, öffnete diese und goss uns beiden ein Gläschen ein.

      »Für mich nicht, Sofia.«, winkte sie dankend ab.

      Ich war schockiert. »Dein Ernst? Kein Wein beim Kochen? Bist du krank?«, lachte ich und nahm einen großen Schluck.

      »Nein, aber ich versuche, momentan weniger zu trinken. Die Hochzeit, die Flitterwochen ... ich war jeden Tag ziemlich angeheitert.«

      Ich schaute sie mit großen Augen an. »Wow, du warst wirklich besoffen? Ich glaube, das letzte Mal habe ich dich so in Bulgarien erlebt und das ist ungefähr 18 Jahre her«, scherzte ich und setzte das Nudelwasser auf.

      Nina verdrehte die Augen und gab mir einen Seitenhieb.

      Nachdem wir gegessen hatten und uns vor Lachen öfters mal die Bäuche halten mussten, spülten wir schnell ab. Später setzten wir uns dick eingemummelt auf die Terrasse. Es war zwar richtig kalt, aber man konnte das Meeresrauschen hören und dafür nahmen wir die Kälte gerne in Kauf. Ich schaute meine beste Freundin an und wurde das Gefühl nicht los, dass sie irgendwas beschäftigte.

      »Süße, was ist los mit dir?«, fragte ich sie ganz direkt.

      »Gar nichts, alles in Ordnung«, wich sie mir aus und spielte gedankenverloren mit ihren langen braunen Haaren.

      Ich stellte mein Glas ab und schaute sie unverwandt an. »Seitdem ich dich nach einem Glas Wein gefragt habe, wirkst du abwesend und gleichzeitig nervös. Ich kenne dich dafür viel zu gut, als dass du mir etwas verheimlichen könntest«, zwinkerte ich ihr aufmunternd zu.

      Sie rutschte nervös hin und her. »Ja, du hast recht. Wie konnte ich auch nur denken, dass ich dir etwas vormachen könnte.« Sie stand auf und wenige Sekunden später kam sie mit einem Bild in der Hand zurück. Liebevoll lächelte sie und streichelte mit den Fingern darüber, bevor sie es mir reichte.

      Ich schaute mir das Bild an und mein Herz machte vor Freude einen Hüpfer. Ich fing an zu quietschen. In den Händen hielt ich ein Ultraschallbild mit einem Baby darauf. »Oh mein Gott, wie lange wolltest du mir das denn noch verheimlichen?« Ich sprang auf und zerquetschte sie fast in meiner Umarmung.

      »Süße, lass mich los, ich kriege kaum noch Luft.« Sie lachte leise und legte ihre Hand liebevoll auf ihren Bauch.

      »Okay, okay. Sorry. Aber ich freue mich so für euch! Wie lange weißt du es schon?«, fragte ich und setzte mich wieder auf meinen Platz.

      »Seit ungefähr drei Wochen. In Mexiko hatte ich schon bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Ich konnte keinen Wein trinken, geschweige denn riechen. Mir wurde sofort kotzübel und mein Kreislauf ließ mich auch ständig im Stich. Kevin wollte mir einen Schwangerschaftstest besorgen, aber kurze Zeit später bekam ich meine Tage und dann waren die Hoffnungen dahin. Als wir zu Hause ankamen, überredete Kevin mich doch noch einen Test zu machen, denn die Symptome wurden immer schlimmer ...«

      »Und dann war der Test tatsächlich positiv«, beendete ich ihren Satz.

      Sie nickte.

      »Und warum hast du es mir nicht gleich erzählt?«, fragte ich sie.

      Schon wieder fing sie an, rumzudrucksen. »Ich wollte den perfekten Moment abwarten. Nach so einem Streit wollte ich dich nicht direkt überfallen undragen, ob du Patentante