Sarah Glicker

Mafia Brothers


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hoch zu ihrer Wohnung, als ich auf den Bürgersteig trete. In einem der Zimmer brennt Licht. Schon alleine deswegen würde ich am liebsten wieder zu ihr gehen und ihr zeigen, dass sie nicht mehr alleine ist. Nein, dieses Mal werde ich es richtig machen. Ich werde ihr zeigen, dass ich bei ihr bin und auch nicht mehr verschwinden werde.

      Mir gefällt es überhaupt nicht, dass ich sie nun alleine lassen muss. Doch ich werde denjenigen dafür zur Rechenschaft ziehen, der ihr das zugefügt hat.

      Mit energischen Schritten gehe ich zu meinem Wagen und setze mich hinter das Steuer. Dabei merke ich, wie meine Muskeln sich von Sekunde zu Sekunde immer mehr anspannen. Ungeduldig warte ich darauf, dass mein Bruder sich endlich bei mir meldet. Ich habe eine Rechnung zu begleichen und je eher ich das kann, umso besser ist es.

      Als mein Handy endlich klingelt, drücke ich sofort auf das grüne Symbol und halte es mir ans Ohr.

      „Ich habe ihre Handydaten zurückverfolgt. Sie ist von ihrer Wohnung zu einer Straßenecke gefahren und dann nach ungefähr zwanzig Minuten wieder nach Hause.“

      „Das ist nichts, weswegen man so aussieht“, stelle ich fest.

      „Da gebe ich dir recht. Daher habe ich nachgesehen, ob noch irgendwelche Handys zu dieser Zeit dort oder in der Nähe waren. Was soll ich sagen? Ich bin fündig geworden. Das wird dir aber nicht gefallen.“

      Ich höre die Vorsicht, mit der er spricht und werde sofort hellhörig.

      „Wessen Telefon war es?“

      „Ich weiß nicht, ob er bei ihr war, zumindest war er in ihrer Nähe“, spricht er weiter.

      „Wer?“

      „Manuel Hall.“

      Als ich den Namen höre, kann ich mir gerade noch verkneifen, dass ich auf das Lenkrad einschlage.

      Ich kenne Manuel Hall. In der Vergangenheit bin ich ein paar Mal mit ihm aneinander geraten. Er gehört zu den Männern, um die eine Frau am besten einen großen Bogen macht. Und ich bin mir sicher, dass Rachel das auch weiß, schließlich hat sie eine sehr gute Menschenkenntnis. Doch das wiederum sorgt dafür, dass ich mich frage, was sie dort mit ihm gemacht hat.

      „Wir treffen uns bei ihm“, knurre ich, unterbreche die Verbindung und gebe Gas.

      Ich brauche nicht großartig darüber nachzudenken um zu wissen, dass er Schuld an ihrem körperlichen Zustand ist. Jede Frau, die ihm über den Weg gelaufen ist, sieht früher oder später so aus.

      Schon von weitem kann ich sein Auto erkennen. Es steht vor dem Restaurant, welches bereits geschlossen hat und ihm gehört. Allerdings ist es nur nach außen ein Restaurant und soll ihm auf diese Weise die Polizei vom Hals halten.

      Mit der Hilfe des Ladens versteckt er unzählige Geschäfte, die sich nicht einmal mehr in der Grauzone befinden. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich nicht von mir und meiner Familie.

      Der Unterschied besteht jedoch darin, dass ich Frauen nicht wie den letzten Dreck behandle.

       Und schon gar nicht Rachel.

       Bei dem Gedanken an sie spanne ich mich erneut an. Ich versuche mich unter Kontrolle zu bringen, während ich meinen Wagen verlasse und in die Richtung blicke, in der ich ein Auto kommen hören kann.

       Kaum wurde der Wagen angehalten und der Motor ausgeschaltet, steigen meine Brüder aus. Mit großen Schritten kommen sie auf mich zu und entsichern dabei ihre Waffen.

       „Wir dachten, dass wir auch alleine mit ihm klarkommen. Auch wenn ich zugeben muss, dass einige unserer Männer sicherlich gerne sehen würden, wie dieser Mann endlich in die Knie geht“, erklärt Taylor und grinst mich frech an.

       „Mit dem werden wir alleine fertig. Er hat nur bei Frauen eine große Klappe“, stimme ich ihm zu.

       Das, was ich jetzt machen werde, hätte ich schon viel eher tun sollen.

       Ohne darauf zu warten, ob sie noch etwas sagen, gehe ich auf die Eingangstür zu und öffne sie. Dunkelheit empfängt uns, nachdem ich den Laden betreten habe. Doch aus dem hinteren Raum kann ich Licht erkennen.

       Gezielt gehe ich darauf zu, ohne ein Wort von mir zu geben. Nachdem ich die Tür noch ein Stück geöffnet habe, entdecke ich Manuel. Er sitzt an seinem Schreibtisch und starrt auf den Bildschirm seines Computers. Anscheinend ist er so tief in das vertieft, was er sich da ansieht, dass er nichts mehr von dem mitbekommt, was um ihn herum geschieht.

       „Du bist ganz schön unvorsichtig. Dabei solltest du das genaue Gegenteil sein“, erkläre ich. „Oder hast du in all den Jahren wirklich nichts gelernt?“

       Kaum habe ich ausgesprochen, hebt er ruckartig seinen Kopf und sieht in meine Richtung. An seinem Blick, der in der nächsten Sekunde zu meinen Brüdern huscht, erkenne ich, dass er keine Ahnung hat, wie er auf meinen Besuch reagieren soll. Doch wundern tut es mich nicht.

       Wir sind Kontrahenten. Er hat immer wieder versucht, mich zu Fall zu bringen, allerdings hat er nicht die Eier dafür, um die wirklich harten Geschütze aufzufahren. Daher brauche ich mir erst gar nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob er der Mann ist, der meint, dass er nun an der Spitze steht.

       Manuel ist nicht der Schlauste, daher war er immer nur ein Handlanger und wird auch nie etwas anderes sein. Auch wenn er selber oft genug denkt, dass er das ist.

       „Hier hat sich nichts verändert.“ Meine Stimme klingt gefährlich und warnt ihn, während ich mich umsehe.

       Das Büro ist nicht gerade das, was man als schön bezeichnen kann. Die Möbel sind alt und zum größten Teil kaputt. Bei ihm erwartet man aber auch nichts anderes.

       „Was kann ich für euch tun?“, fragt er mich und macht dabei den Anschein, als würde er die Situation nicht richtig einschätzen können.

       „Hast du dich heute zufällig mit Rachel getroffen?“, zische ich und komme damit direkt zum Grund unseres Besuchs.

       Ich wende mich keine Sekunde von ihm ab. Daher erkenne ich auch, dass er zusammenzuckt, als ich ihren Namen ausspreche.

       „Ich gehe mal davon aus, dass du es warst, der ihr diese Verletzungen zugefügt hat“, spreche ich weiter, bevor er geantwortet hat.

       „Wenn eine Frau nicht spurt, muss man sich manchmal klarer ausdrücken.“

       Er lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Langsam setze ich mich auf den Stuhl, der vor seinem Schreibtisch steht und lasse mich nach hinten sinken.

       „Dummerweise hast du dir dieses Mal die falsche Frau für deine Prügelattacken ausgesucht. Rachel steht unter meinem Schutz.“

       Während ich spreche, ziehe ich meine Waffe aus dem Bund meiner Hose. Manuel bekommt große Augen, als er diese erkennt. Ich kann die Angst förmlich in ihnen erkennen.

       „Du kennst sie?“, fragt er schließlich, als er anscheinend seine Sprache wiedergefunden hat.

       Unter normalen Umständen würde ich mit ihm spielen. Und vor allem würde ich Spaß daran haben. Doch wenn es um Rachel geht, habe ich keine Lust dazu. Ich will wissen, dass sie wieder in Sicherheit ist. Und das weiß ich erst, wenn er tot ist.

       Daher stehe ich langsam wieder auf und stelle mich direkt vor den Schreibtisch.

       „Du wirst nie wieder Hand an meine Frau legen“, knurre ich.

       „Ich … verspreche es“, stammelt er, als wäre er noch ein kleines Kind. „Ich wusste nicht, dass du und sie …“, beginnt er, bricht jedoch ab, bevor er ausgesprochen hat.

       „Dieses Mal hast du dich mit der falschen Frau angelegt.“

       Ich richte meine Waffe auf seinen Kopf und drücke ab, ohne mit der Wimper zu zucken. Bereits in der nächsten Sekunde klafft ein Loch in seiner Stirn, aus dem das Blut läuft. Sein Körper liegt leblos im Stuhl und eine Ruhe breitet sich in mir aus, die ich schon lange nicht mehr verspürt habe.

       „Das hätte ich schon viel eher machen