Sarah Glicker

Mafia Brothers


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noch nie gespürt habe. Und eigentlich habe ich gehofft, dass dies auch niemals der Fall sein wird.

       „Sollte ich erfahren, dass du doch etwas damit zu tun hast, werde ich dich umbringen“, knurrt er wütend. „Denn dann hast du dafür gesorgt, dass mir eine Menge Geld verloren geht.“

       Diese Drohung sorgt dafür, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. Ich bin in eine Schockstarre verfallen, aus der ich nicht mehr herauskomme.

       In der nächsten Sekunde spüre ich, wie ich auf dem Boden lande. Dabei wird mir schwarz vor Augen und dann merke ich, wie ich mein Bewusstsein verliere.

       Als ich wach werde, habe ich so extreme Kopfschmerzen, dass ich mich im ersten Moment kaum bewegen kann. Mir ist schlecht und schwindelig.

       Es dauert eine Ewigkeit, bis ich in der Lage bin, meine Augen zu öffnen und mich wenigstens ein Stück zu bewegen. Als ich jedoch merke, dass sich der Schmerz überall meldet, bleibe ich reglos liegen. Ich versuche sie irgendwie zu kontrollieren, sodass ich mich wenigstens aufrichten kann. Doch es gelingt mir nicht.

       Erst, als ich wieder in der Lage bin, meine Augen wenigstens ein Stück zu öffnen, merke ich, dass ich im Flur auf dem Boden liege. Und das ist der Moment, in dem langsam meine Erinnerungen wiederkommen.

       Vorsichtig versuche ich aufzustehen und mich dabei nicht auf meine Schmerzen zu konzentrieren.

       Es dauert nochmal so lange, bis ich mich endlich auf meinen Beinen halten kann. Dabei lehne ich mich zwar an der Wand an, damit ich das Gleichgewicht nicht verliere, aber das ist gerade egal. Mit der Hand taste ich nach meiner Stirn, an der ich sofort Blut spüren kann.

       Ich brauche mich nicht im Spiegel anzusehen um zu wissen, dass dies wieder eine neue Wunde ist. Außerdem weiß ich, dass ich so definitiv nicht zur Arbeit gehen werde. Jeder würde mich sofort fragen, was passiert ist und ich bin nicht bereit, diese Frage zu beantworten.

       Weder jetzt noch sonst irgendwann.

       Als ich endlich in meinem Schlafzimmer angekommen bin, werfe ich einen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit zu überprüfen. Dabei werde ich auf eine Nachricht aufmerksam, deren Absender ich nicht kenne. Beziehungsweise, ich habe die Nummer nicht eingespeichert. Nachdem ich sie jedoch gelesen habe, weiß ich genau, von wem sie ist.

       Ich würde mich freuen, wenn wir uns heute Abend zum Essen treffen. Ich kann auch zu dir kommen, oder du zu mir, wenn dir das lieber ist.

       Ich lese die Nachricht noch ein weiteres Mal. Doch selbst dann weiß ich nicht, wie ich darauf reagieren soll.

       Klar, die logische Antwort darauf wäre nein. Doch ein kleiner Teil, oder etwas größerer, würde sich gerne mit ihm treffen. Er hat es schließlich gestern geschafft, dass ich nicht mehr an die Verabredung mit Manuel denke. Und auch meine Schmerzen sind in seiner Gegenwart verschwunden. Dabei haben wir uns nur oberflächlich unterhalten.

       Doch ich weiß, dass ich das nicht tun kann. Und schon gar nicht in dem Zustand, in dem ich mich gerade befinde. Er würde wissen, dass ich ihn gestern angelogen habe und mich erneut darauf ansprechen. Gott weiß, wie gerne ich ihm die Wahrheit sagen würde. Ich möchte mich ihm anvertrauen und ihn wie ein Schutzschild vor mir halten. Doch mir ist bewusst, dass das nicht fair wäre.

       Die nächsten Tage werde ich mich in meiner Wohnung einschließen und niemandem unter die Augen treten.

       Ich habe heute viel zu tun. Ein anderes Mal würde ich mich gerne mit dir treffen.

       Es fällt mir schwer, diese Worte zu schreiben. Doch ich weiß, dass es das Richtige ist.

      9

      Cody

      Ungläubig starre ich auf die Nachricht, die Rachel mir geschickt hat. Ich muss sie mehrmals lesen, bis ich mir sicher bin, dass wirklich das dort steht, von dem ich mir sicher bin, dass es das ist. Doch selbst dann wüsste ich keinen Grund, wieso sie sich nicht mit mir treffen will.

      Automatisch spanne ich meine Muskeln an. Ich muss tief durchatmen, um mich wenigstens einigermaßen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Doch dieses Mal gelingt mir genau das nicht. Ich spüre, wie ich immer ungehaltener werde.

      Doch da ist noch etwas anderes. Es ist ein Gefühl, was ich sonst noch nie hatte, aber ich mache mir tatsächlich Sorgen. Normalerweise wäre es mir egal. Doch wenn ich mir überlege, dass ich es in Bezug auf Rachel habe, gefällt es mir überhaupt nicht.

      Mit großen Schritten verlasse ich mein Schlafzimmer und eile die Treppe nach unten. Dort will ich aus dem Haus verschwinden, als mein Vater plötzlich vor mir steht.

      „Mein Sohn“, begrüßt er mich. Dabei sieht er mich von oben bis unten an. „Dich habe ich gesucht. Ich muss ein paar Dinge mit dir besprechen.“

      Seine Stimme lässt keinen Zweifel daran, dass er keine Widersprüche duldet. Doch in diesem Fall muss er das. Ich will wissen, was hier los ist. Das hat gerade eindeutig Vorrang für mich, daher wird mein Vater sich noch ein wenig gedulden müssen.

      „Nicht jetzt“, gebe ich von mir und mache dabei Anstalten, an ihm vorbeizugehen. Allerdings stellt er sich mir erneut in den Weg.

      „Es gibt da wirklich ein paar Dinge, die wir besprechen müssen.“

      Mit diesen wenigen Worten gibt er mir zu verstehen, dass ich ihm nicht so schnell entkommen kann. Ich will nur noch zu Rachel, denn mein Gefühl sagt mir, dass es nicht nur etwas mit Manuel zu tun hat. Er war zwar derjenige, der dafür gesorgt hat, dass sie diese Verletzungen bekommen hat. Doch da ist noch mehr. Etwas, was ich bis jetzt noch nicht weiß, aber dringend wissen sollte.

      Das spüre ich genau!

      „Das muss warten.“

      Normalerweise würde ich nachgeben und mich seinem Willen beugen. Er ist schließlich das Oberhaupt meiner Familie. Doch Rachel ist mir wichtiger, als jetzt geschäftlichen Kram mit meinem Vater zu klären, der eindeutig noch warten kann. Allerdings weiß ich nicht, wie groß die Gefahr ist, in der sie sich befindet.

      „Nein, das muss nicht warten und das kann auch nicht warten“, gebe ich von mir, wobei ich die Worte mehr knurre, als das ich sie wirklich ausspreche.

      In dem Moment, in dem ich meinen Satz beendet habe, erscheint Brad hinter meinem Vater. Kaum ist er stehen geblieben sieht er uns an, als würde er die Spannung bemerken, die in der Luft liegt.

      Er wirft uns einen irritierten Blick zu, da es nicht sehr oft vorkommt, dass genau dies geschieht.

      „Sag es ihm und er wird dann mit mir darüber sprechen“, weise ich ihn an. „Oder warte, bis ich wieder hier bin.“

      Ich lasse keinen Zweifel daran, dass ich es ernst meine. Daher warte ich auch nicht darauf, dass einer von ihnen etwas sagt, sondern gehe an meinem Vater vorbei zu meinem Bruder.

      „Setzt mich nachher in Kenntnis, worum es ging. Ich muss los, es ist etwas passiert.“

      „Was ist los?“

      „Es geht um Rachel. Irgendetwas stimmt da nicht.“

      Brad sagt nichts weiter dazu, sondern nickt nur. Er kann sich wahrscheinlich denken, dass ich nicht so wäre, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Doch er kennt mich gut genug und weiß daher, wie ich zu dieser Frau stehe.

      „Kümmere dich um sie“, weist er mich nur an und nickt. „Ich werde mich hier um alles kümmern.“

      Meine Lippen bilden nur noch eine dünne Linie, als ich endlich das Haus verlassen kann. Während ich durch die Straßen fahre, gehen mir die unterschiedlichsten Gründe dafür durch den Kopf, dass sie sich von mir abgewendet hat. Doch ich habe für mich beschlossen, dass ich sie nicht gehen lassen werde.

      Einmal habe ich dies getan und es immer wieder bereut. Es war ein Fehler, den ich in den letzten Jahren immer wieder rückgängig machen wollte. Ich habe gehofft, dass ich irgendwann die Chance bekommen werde, ihr zu beweisen, dass sie