Sarah Glicker

Mafia Brothers


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konnten. Doch aus dem Gefängnis heraus kann man nicht die Geschäfte der Familie leiten. In diesem Fall hat es mich eindeutig zurückgeworfen.

       In dieser Zeit hatte ich mir geschworen, nie wieder so einen Fehler zu machen, um kein zweites Mal hier zu landen.

       Dies habe ich mir vorgenommen, nachdem für mich feststand, dass ich herausfinden werde, wer dafür verantwortlich ist und ihn ebenfalls umbringen werde.

       In den letzten Jahren hatte ich Zeit genug, um mir dafür gleich mehrere Pläne zurechtzulegen.

       Mein Glück war es, dass sie keine Leiche finden konnten, da meine Brüder sie haben verschwinden lassen. Sie hatten nur diese eine Zeugenaussage und keine Beweise, denke ich. Und das Blut ist vom Regen verschwunden.

       „Hast du es dir anders überlegt und willst doch hier bleiben? Oder bist du noch nicht verschwunden, weil du Wurzeln geschlagen hast?“

       Als die Stimme des Wärters an meine Ohren dringt, drehe ich mich in die entsprechende Richtung und grinse ihn dreckig an. Sein leises Lachen ertönt. Ich kann von Glück sagen, dass er keine Ahnung hat, was mir in den letzten Jahren ebenfalls mehrmals durch den Kopf gegangen ist.

       Wahrscheinlich würden sie mich schon deswegen hier behalten.

       „Ich bin mir sicher, dass ihr mich vermissen werdet“, stelle ich gelassen fest.

       Augenblicklich erstirbt sein Lachen und sein Gesichtsausdruck wird ernst. Er weiß genauso gut wie ich, was ich damit meine.

       Ich war der Einzige, der in den letzten Jahren die Insassen im Griff hatte und für Ruhe gesorgt hat.

       „Hau ab, und sorge dafür, dass wir dich hier nicht so schnell wiedersehen“, fordert er mich schlecht gelaunt auf.

       Während er spricht, verschränkt er die Arme vor seinem stämmigen Körper und nickt in die Richtung des geöffneten Tores.

       Mir liegen ein paar Worte auf der Zunge, die ich ihm gerne entgegenschleudern würde. Allerdings weiß ich, wann es besser ist zu schweigen. Und das ist einer dieser wenigen Augenblicke in meinem Leben. Allerdings ändert das nichts daran, dass ich meine Hand hebe und ihm den Mittelfinger zeige.

       Seine einzige Reaktion besteht darin, dass er laut lacht und so den Wunsch in mir weckt, ihm die Schnauze einzuhauen.

       Aber so ist das Gefängnis. Dort haben die Wärter das letzte Wort, zumindest denken sie das, und wer nicht nach ihrer Pfeife tanzt, hat Pech gehabt. In den letzten Jahren habe ich jedoch bewiesen, dass dies meistens nicht der Fall war.

       Ohne einen letzten Blick zurückzuwerfen, setze ich mich in Bewegung und gehe auf den riesigen Parkplatz, der sich auf der anderen Seite des Zaunes befindet. Dabei sehe ich mich kurz um, bis ich schließlich das entdecke, wonach ich Ausschau gehalten habe.

       Meine Brüder stehen in einiger Entfernung und haben sich lässig an den schwarzen Durango Express gelehnt, der zu meinem Fuhrpark gehört. Er erinnert mich an das, was ich in den letzten Jahren am meisten vermisst habe. Normalerweise habe ich mich besser im Griff, doch jetzt sorgt die Erinnerung dafür, dass mir ein Stich versetzt wird.

       Doch nun habe ich keine Zeit, um mich damit zu beschäftigen. Das muss warten, bis ich mich um einige Dinge gekümmert habe und ich dann endlich Zeit habe, mich darum zu kümmern, ohne abgelenkt zu werden.

       Bei dem Anblick von Taylor und Brad werde ich von einer Wut erfasst, die ich bis jetzt nur selten verspürt habe. Diese richtet sich aber nicht gegen sie. Dieser Idiot, der mich an die Bullen verpfiffen hat und wegen dem ich die letzten Jahre in einer kleinen Zelle verbringen musste, hat wirklich gedacht, dass er damit durchkommt. Allerdings weiß ich, dass er bis jetzt keine Chance hatte, damit durchzukommen. Und ich habe auch nicht vor, ihm diese zu geben.

       Doch das war nicht das einzige Problem, wegen dem ich mir den Kopf zerbrochen habe.

       „Na, wie fühlt man sich, wenn man endlich wieder in Freiheit ist?“, erkundigt sich Brad, nachdem ich vor ihm stehen geblieben bin.

       Dabei grinst er mich von einem Ohr bis zum anderen frech an. Ich habe mir bereits gedacht, dass er mich damit aufziehen würde. Doch meine Brüder wären nicht meine Brüder, wenn sie nichts von sich geben würden.

       „Ich hätte da einen Vorschlag für dich. Bau scheiße und lass dich einsperren. Dann wirst du es herausfinden“, kontere ich.

       Das heisere Lachen meines Bruders erfüllt die Ruhe des Parkplatzes, die um uns herum herrscht. Prüfend schaue ich ihn an.

       Brad ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich, was ihn aber nicht ungefährlicher macht. Sein Körper ist genauso durchtrainiert und bereit zu töten, wenn es darauf ankommt, wie meiner. Dieser Mann ist ein Killer, der keine Angst hat, sich die Hände dreckig zu machen.

       Auch Taylor ist nicht anders. Er ist derjenige von uns, der nicht ganz soviel Interesse an den Geschäften unserer Familie hat, aber trotzdem kann ich mich jederzeit auf ihn verlassen. Wenn es hart auf hart kommt, geht er über Leichen um sich und die Leute zu schützen, die zu seiner Familie gehören.

       „Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre bei dir gelandet“, erklärt nun Taylor und sieht dabei in meine Richtung.

       Überrascht sehe ich ihn an, bevor ich mich in die Richtung von Brad drehe.

       „Was meint er damit?“, frage ich ihn und deute dabei mit dem Kopf auf Taylor.

       Meine Stimme ist ruhig und gefasst. Doch jeder der mich kennt weiß, dass es in mir ganz anders aussieht.

       „Er malt den Teufel an die Wand. Du kennst ihn doch.“

       Skeptisch schaue ich ihn an, doch Brad grinst nur weiter.

       „Sag es mir schon“, fordere ich ihn auf. Dabei lasse ich keinen Zweifel daran, dass ich es wissen will. Wenn er irgendeinen Mist gebaut hat, muss ich es wissen. Sollte es darauf ankommen, möchte ich nicht überrascht sein, sondern wissen, womit wir es zu tun haben.

       „Ich bin anscheinend über mehrere rote Ampeln gefahren und habe die Geschwindigkeitsbegrenzung überschritten, mehrmals“, antwortet Brad schließlich doch und zuckt mit den Schultern, als wäre das nichts.

       Seufzend fahre ich mir über den Nacken.

       Dieser Mann ist eine Naturgewalt, die sich das nimmt und das macht, was sie will. Ihn kann man nur schwer unter Kontrolle bekommen und auch behalten kann. Das war schon immer so und es wird sich auch bestimmt nicht mehr ändern.

       In diesem Punkt bin ich mir sicher.

       Und normalerweise würde ich Brad sofort recht geben, eigentlich ist es keine große Sache. In diesem Moment sieht das aber ganz anders aus. Und eigentlich müsste er das auch wissen.

       „Wir können es uns nicht leisten, dass du auch noch in den Bau musst. Hat Dad dir das nicht klargemacht?“, frage ich ihn streng und lasse ihn dabei keine Sekunde aus den Augen. „Es reicht schon, dass ich so lange weg war. Du weißt, dass wir nur stark sind, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Manchmal gehört es dazu, dass man sich an die Gesetze hält.“

       „Ja, Papa.“

       An dem Ton, den Brad angeschlagen hat, kann ich erkennen, dass er diese Unterhaltung in der letzten Zeit wahrscheinlich öfters geführt hat.

       Dennoch muss ich es ihm noch einmal sagen. Brad gerät sonst wahrscheinlich völlig außer Kontrolle und das ist das Letzte, was ich in der nächsten Zeit gebrauchen kann.

       Im richtigen Augenblick werde ich ihn aber das machen lassen, was er will. Und das wissen alle. Doch jetzt habe ich andere Dinge im Kopf, sodass ich mir nicht auch noch darüber Gedanken machen kann.

       „Und was hast du in der letzten Zeit getrieben?“, wende ich mich an Taylor, nachdem ich Brad noch einen warnenden Blick zugeworfen habe.

       „Unser Musterjunge hat das Zeug, um Jahrgangsbester zu werden“, platzt es aus Brad heraus.

       „Wirklich?“