Sarah Glicker

Mafia Brothers


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du jetzt den Mund und fährst nach Hause. Und ich hoffe, dass du wieder etwas Farbe im Gesicht hast, wenn du noch ein paar Stunden im Bett verbracht hast. Nicht, dass du krank wirst. Das könnte ich gerade überhaupt nicht gebrauchen.“

       Nachdenklich betrachtet er mich.

       „Ich muss mich noch von Mom und Dad verabschieden“, erkläre ich ihm.

       „Oh nein, die beiden sollen dich so nicht zu Gesicht bekommen. Das würde nur weitere Fragen aufwerfen. Ich werde ihnen einfach sagen, dass es dir nicht gut ging und du deswegen schon gefahren bist.“

       Mit diesen Worten macht er Platz, sodass ich das Zimmer wieder verlassen kann. Einerseits bin ich froh darüber, dass er mich bei ihnen entschuldigen wird. Andererseits würde ich ihnen gerne endlich die Wahrheit sagen. Doch ich schaffe es nicht, diese Worte in ihrer Gegenwart auszusprechen.

       Als ich endlich in meinem Wagen sitze und mich ein wenig von dem Haus entfernt habe, bleibe ich stehen und lasse meinen Tränen freien Lauf. Meine Wange brennt noch immer und mittlerweile hat sich dort ein roter Fleck gebildet, der nicht zu übersehen ist.

       Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich meinen Bruder hasse. Seit Jahren zwingt er mich schon dazu, dass ich seinen Geschäftspartnern zur Verfügung stehe und sie alles mit mir machen lasse, was sie wollen.

       Würden andere von dieser Geschichte hören, würden sie wahrscheinlich sagen, dass ich einfach zur Polizei gehen soll. Doch ich weiß, was mit den Frauen passiert ist, die genau diesen Schritt gegangen sind.

       Man hat sie tot in irgendeiner Gasse aufgefunden!

      3

      Cody

      „Macht euch fertig“, verkünde ich, als ich die Küche betrete.

      Das Dienstmädchen, welches für meine Eltern arbeitet, sieht zu mir, wendet jedoch sofort wieder den Blick ab, als ihr bewusst wird, dass mir ihr Blick nicht entgangen ist. Mir ist klar, dass sie scharf auf mich ist. Das war sie schon, bevor ich in den Knast gekommen bin.

      Unter normalen Umständen hätte ich sie mir auch in den letzten Jahren einmal vorgenommen und ihren Wunsch erfüllt. Ich hätte sie wissen lassen, dass sie nie mehr als meine Angestellte sein wird. Und sie hätte es genossen.

      Doch erst gab es da diese Frau, die ich nicht mehr aus dem Kopf bekommen habe, und dann wurde ich weggesperrt. Und jetzt habe ich wichtigere Dinge zu tun, als mich um sie zu kümmern. Ganz davon abgesehen gibt es da noch immer diese Frau in meinem Leben, auch wenn sie es noch nicht weiß.

      „Wo fahren wir hin?“, erkundigt sich Taylor und sieht mich hochgezogenen Augenbrauen an.

      „Wir werden Kane einen Besuch abstatten“, erkläre ich mit angespannten Muskeln. „Ich habe so das Gefühl, als wäre es an der Zeit, dass ich ein Wörtchen mit ihm wechsel. Er wird mir sicherlich helfen können“

      Noch während ich spreche, macht sich ein breites und gleichzeitig auch teuflisches Grinsen auf meinem Gesicht breit.

      Kane ist ein alter Schulfreund von mir. Doch er ist viel mehr als das. Unter anderem führt er ein großes Exportunternehmen und pflegt Kontakte, die sich schon öfter als wertvoll herausgestellt haben. Seine Firma nicht nur dazu, Drogen und Waffen ins Land zu bringen, sondern auch zur Geldwäsche.

      Ich gebe zu, dass ich in den letzten Jahren enttäuscht darüber war, dass er mich nicht ein einziges Mal im Gefängnis besucht hat. Von ihm habe ich definitiv mehr erwartet. Doch ich weiß, wieso er es nicht getan hat.

      Er geht davon aus, dass ich nicht mehr an der Spitze stehe und nichts mehr zu melden habe, nur weil ich die letzten Jahre hinter dicken Mauern verbracht habe. Zu dieser Annahme kann er jedoch nur gekommen sein, wenn es da irgendwo einen anderen Mann gibt, der diesen Posten für sich beansprucht. In der Vergangenheit habe ich ihm nämlich oft genug klargemacht, dass ich es bin, dass es meine Familie ist, die die Macht haben.

      Allerdings haben weder mein Vater, noch meine Brüder etwas in diese Richtung gehört. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie es mir sofort gesagt hätten. Und das kann nur bedeuten, dass derjenige, wer auch immer es ist, sich hinter einer Reihe von Leuten versteckt.

      „Er wird überrascht sein, dass du an deinem ersten Tag ausgerechnet ihn besuchst.“ Brad lässt mich keine Sekunde aus den Augen.

      „Das will ich doch hoffen. Aber wir sind doch Freunde. Wieso sollte ich ihn da nicht besuchen? Außerdem will ich ihm klarmachen, dass ich noch immer an der Spitze stehe und daran sich auch nichts ändern wird. Er hingegen ist austauschbar. Das sind zwei Punkte, die er eindeutig nicht vergessen sollte.“

      Um meine Worte zu unterstreichen, ziehe ich meine Waffe aus dem Hosenbund und entsichere sie. Meine Brüder wissen, dass ich bereit bin, diesen Schritt auch bei Kane zu gehen.

      Es ist mir egal, dass wir gemeinsam zur Schule gegangen sind. Und genauso egal ist es mir auch, dass mein Vater und seiner befreundet waren, bevor seiner gestorben ist. Ich lasse nicht zu, dass jemand meint, er könnte meine Position einnehmen.

      Sollte Kane mir also in den Rücken fallen, wird er es bereuen.

      Kanes Firma befindet sich im Gewerbegebiet in Miami in der Nähe des Hafens. Schon von weitem kann man das riesige Gebäude und den noch viel größeren Platz erkennen, der dazu gehört. Er steht voll mit LKW´s und ein großes Schild auf dem Dach des Hauses weist daraufhin, was sich dort befindet, sodass man es überhaupt nicht übersehen kann, wenn man danach sucht.

      Da ich ihm nicht die Gelegenheit geben wollte, sich irgendwelche Ausreden einfallen zu lassen, habe ich ihn nicht angerufen, seitdem ich entlassen wurde. Es wird also wirklich eine Überraschung für ihn. Sicher, er wird sich denken können, dass ich früher oder später bei ihm auf der Matte stehe, um ein paar Antworten zu verlangen. Doch er wird davon ausgehen, dass bis dahin noch einige Tage verstreichen werden, da ich mich wahrscheinlich erst um andere Sachen kümmern will.

      Nachdem ich den Wagen vor seinem Büro geparkt habe, steige ich aus und betrete das Gebäude. Ohne seine Sekretärin zu beachten, gehe ich auf seine Bürotür zu. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass sie den Kopf hebt und etwas sagen will. Doch als sie mich erkennt, schließt sie ihren Mund schnell wieder und schweigt, was aber auch besser ist.

      Ich habe sie noch nie begrüßt, ich kenne nicht einmal ihren Namen. Ich weiß nur, dass sie von Anfang an schon für Kane gearbeitet hat und dies wahrscheinlich auch noch ein paar Jahre wird. Und ich weiß, dass auch sie schon seit einer Ewigkeit auf der langen Liste der Frauen steht, die scharf auf mich sind. Allerdings gehört sie zu den Weibern, mit denen ich nicht einmal im Traum etwas anfangen würde.

      Es liegt nicht daran, dass sie nicht gut aussieht. Das tut sie. Man könnte sie mit ihren langen blonden Haaren und ihren riesigen Brüsten für ein Pornosternchen halten und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch schon einmal darüber nachgedacht, ob ich ihr diesen Vorschlag machen soll. Ich habe Kontakte, die ihr helfen und sie erfolgreich machen könnten. Doch ich ziehe es vor, wenn nicht zu viele Leute wissen, was ich mache. Allerdings habe ich mir nie vorgestellt, wie ich das mit ihr mache, was ich nur mit einer Frau mache.

      „Ich muss sagen, dass sich in den letzten fünf Jahren hier nichts verändert hat“, begrüße ich Kane, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe.

      Ich sehe mich in dem geräumigen Zimmer um, in welchem er sich eingerichtet hat. Die Einrichtung besteht nur aus den Farben schwarz und weiß. Alles sieht sehr elegant aus und erweckt in einem den Eindruck, als würde man nicht in dem Büro einer Spedition stehen.

      Erschrocken sieht er von seinem Laptop auf, als er mich hört. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass er überrascht ist und eigentlich nicht so genau weiß, wie er sich verhalten soll. Dies zeigt mir, dass er tatsächlich nicht gedacht hat, dass ich jetzt schon hier auftauche. Und das wiederum sorgt dafür, dass ich mir die Frage stelle, was er erwartet hat, wann ich hier auftauche.

      Langsam nähere ich mich ihm. Dabei lasse ich ihn keine Sekunde aus den Augen. Er war schon ein paar Mal mit mir unterwegs,