mir durchaus gefiel. Ich mochte diese Comicgrafik nicht. Es kam mir vor, als würden sich die Entwickler mit einem derartigen Stil über ihr eigenes Spiel lustig machen. Außerdem würde es zu Shards of Fantasy einfach nicht passen.
„Hier bin ich.“ Plötzlich erklang die Stimme von Laura in meinem Ohr und ich erschrak kurz, wobei ich irritiert auf den buckligen Troll sah, der mich schelmisch angrinste. Seine blaue Mähne hing lässig über seine Schultern, während die gewaltigen Stoßzähne für den nötigen Respekt sorgten.
„Na, hab ich dich erschreckt? Ich hab dir doch gesagt, dass sich das Spiel der neusten Technik bedient, sodass man direkt kommunizieren kann und auch Emotionen von dem Spieler auf die Figur übertragen werden. Aber ich wusste, dass du mir wieder nicht zuhören würdest“, redete sie weiter auf mich ein, wobei ich mich langsam erholte, als ich schon die nächste spöttische Anmerkung hörte: „Hey, du bist ja ein Weibchen. Wie kommt das denn?“
„Da redet gerade die Richtige. Du bist doch selbst ein Kerl. Ich empfinde die männlichen Werwölfe nur als zu animalisch“, erklärte ich mich kurz, wobei ich dann ruhig näher zu ihr trat, „und warum ist dein Troll männlich?“
„Ganz einfach, weil mich so niemand blöd anmacht.“ Sie zuckte mit den Schultern bevor sie dann ein Reittier beschwor. „Komm, steig auf. Ich will dir die Hauptstadt zeigen und auch ein paar andere interessante Orte.“
Sie hatte einen gewaltigen Greifen gerufen, auf den sie anschließend stieg und ich dann zögerlich ebenfalls hinter ihr Platz nahm. „Wieso wird man blöd angemacht, wenn man ein Weibchen spielt?“
„Das wirst du schon noch selbst sehen. Oh ja, du wirst deine Wahl noch bereuen.“ Sie lachte auf, wobei ich nur ein wenig irritiert meine Augenbrauen zusammenzog. Irgendwie wollte ich das nicht wirklich glauben. Schließlich würde jeder hören, dass ich ein Junge war. Bestimmt übertrieb Laura nur wieder einmal…
Erste Begegnungen
„Und wie ist dein erster Eindruck von dem Spiel?“, begann sie ein Gespräch, während wir über die Landschaft flogen, wobei ich die Grafik auf mich wirken ließ. Unter uns raste ein savannenähnliches Gebiet vorbei, das immer mal wieder von kleinen Grünoasen unterbrochen wurde. Auch erkannte ich vereinzelte Wassergebiete, an dem sich Tiere versammelten. Es schien alles so real, dass ich das Gefühl hatte die Tiere und das Wasser riechen zu können. Ich spürte, wie ich mich immer mehr in dieser Welt verlor. Ohne es selbst wirklich wahrzunehmen, scrollte ich in die Egoperspektive, wodurch das Gefühl, selbst der Charakter zu sein, nur noch mehr verstärkt wurde.
„Sehr gut. Die Grafik ist klasse und mehr hab ich ja leider noch nicht gesehen“, meinte ich ruhig, wobei ich sie erneut auflachen hörte: „Da hast du durchaus Recht. Aber ich werde dir noch mehr zeigen. Wichtig ist erst einmal, dass wir dir ein paar Sachen in der Stadt besorgen. Wie größere Taschen und einige besondere Ausrüstungsgegenstände. So wird der Start ein wenig erleichtert.“
„Hm, wenn du meinst.“ Ich verstand es nicht so ganz, wobei ich ruhig weiter die Landschaft beobachtete. Immer wieder sah ich andere Spieler, wie sie hinter Monster herjagten und Aufgaben für die NPCs erledigten. Die alltägliche Arbeit in diesen Spielen halt. Nicht mehr und auch nicht weniger.
„Was treibst du denn hauptsächlich mit deinem Troll?“, fragte ich sie ruhig, wobei sie erneut ein wenig lächelte. „Dies und jenes. Was sich gerade anbietet. Entweder ich gehe mit einer Gruppe in einen Dungeon oder mache selbst ein paar Quests, um etwas über die Geschichte des Spiels zu erfahren. Was mir gerade Spaß macht.“
„Hm, klingt nicht nach viel Abwechslung.“ Meine Skepsis kehrte zurück. Ob es wirklich gut war, mit diesem Spiel angefangen zu haben? Nun ja, jetzt war ich erst einmal da. Vielleicht würde es ja spannender sein, als es sich anhörte. Ansonsten könnte ich ja nach ein paar Tagen wieder aufhören.
„Wie man es sieht. Ich habe mich bis jetzt noch nicht gelangweilt“, schmetterte sie meinen Einwand ab, wobei ich merkte, wie der Greif langsam in den Sinkflug überging, „nun ja, wir sind bald in der Hauptstadt. Halt dich fest, denn an meinen Landungen muss ich noch ein wenig arbeiten.“
Ich wusste gar nicht, wie ich mich festhalten sollte, wodurch ich irritiert auf die Steuerung des Charakters blickte, doch bevor ich den richtigen Knopf gefunden hatte, setzten die Füße des Greifen schon auf den Boden auf und mein Charakter blieb im Sattel sitzen.
„Ging doch. Auch ohne Festhalten“, meinte ich ruhig, wobei erneut ein amüsiertes Lachen von Laura erklang: „Das war ja auch nur so ein Spruch. Egal wie bekloppt ich lande, du kannst gar nicht runterfallen. Manchmal bist du schon süß mit deiner Naivität.“
Ich schnaubte nur und stieg dann schließlich beleidigt ab, wobei mich Laura irritiert ansah, bevor sie zur Verfolgung ansetzte. „Jetzt warte doch einmal, Destina.“
Es dauerte einige Sekunden bis ich verstand, dass sie mit mir sprach, wobei ich mich irritiert umsah. „Warum sprichst du mich so an?“ „Weil das hier dein Name ist. Ich bitte dich auch darum, dass du mich Terrivon nennst. Meinen richtigen Namen braucht hier niemand zu erfahren, verstanden?“ Ihre Stimme war schon fast eisig, wodurch ich nur nickte, um mich dann wieder in die eigentliche Richtung zu wenden. „Wo müssen wir hin?“
„Folge mir einfach. Der alte Terrivon kennt den Weg.“ Sie machte sofort wieder ein paar Scherze, was mich nur den Kopf schütteln ließ. „Du magst deinen Charakter, kann das sein?“
„Oh ja, sehr. Ich habe mir auch schon einen Namen mit ihm gemacht.“ Man konnte den Stolz in ihrer Stimme direkt hören und kaum betraten wir die Mauern der Stadt wurden wir auch schon von ein paar Mitspielern begrüßt. Beziehungsweise eigentlich nur Laura. Mir selbst wurden einige Pfiffe zugetragen, die ich aber ganz gekonnt ignorierte.
Die Stadt selbst bestand aus Steinhäusern, die sich gemütlich aneinander reihten. Immer mal wieder liefen Soldaten vorbei und auch Händler standen an den verschiedensten Ecken. Genauso wie Ware von Ort zu Ort mit der Hilfe eines Zugwagens transportiert wurden. Die Häuser selbst waren meist nicht größer als zwei Stockwerke. Nur in der Mitte stand ein riesiges Monument, das wie eine Kreuzung aus Kirche und Schloss wirkte.
„Hey, Terrivon, wer ist denn die Schnalle, die du da bei dir hast? Ein Low-Level und wahrscheinlich auch noch Jungblut?“ Ein männlicher Goblin trat auf uns zu, wobei ich ein wenig angewidert mein Gesicht verzog. Diese Rasse wurde wirklich gespielt? Das war ja kaum zu glauben.
„Das ist Destina und ja, sie hat gerade erst angefangen. Ich will sie ein wenig ausrüsten und ihr die Welt zeigen“, erklärte sich Laura, wobei ich sie ein wenig skeptisch von der Seite musterte, bevor der Goblin wieder meine Aufmerksamkeit auf sich zog. „Destina. Ein interessanter Name. Man nennt mich Sinbad. Falls du irgendwas brauchst, was man nicht auf legalen Weg beschaffen kann, dann meld' dich einfach bei mir. Ich kann dir da bestimmt weiterhelfen.“
„Ähm, danke, aber nein, kein Interesse.“ Es war ja klar, dass es auch noch ein Schurke war, der mir über den Weg lief. So ein Kleinkrimineller, oder wie es sich gerade anhörte, wohl schon ein Profi und dick im Geschäft.
Plötzlich griff Laura nach meiner Hand und zog mich einfach hinter sich her. Ich begriff noch gar nicht, wie sie das machte. Anscheinend sollte ich mir die Steuerung noch einmal genauer ansehen. Doch das hatte Zeit. Bis jetzt kam ich ja ganz gut klar.
„Komm mit. Wir haben heute noch einiges vor. Man sieht sich, Sinbad“, verabschiedete sie sich von den Goblin, bevor sie mit mir tiefer in die Straßen ging. Überall begegneten uns andere Spieler, die mich amüsiert musterten und ein paar pfiffen mir sogar zu, doch die Tatsache, dass ich wohl in männlicher Begleitung war, schreckte sie ein wenig ab, wodurch man mich einigermaßen in Ruhe ließ.
„Kennst du diesen Sinbad eigentlich auch im privaten Leben?“ Ich durchbrach nach einer Weile die Stille, als sich Laura die Waren eines Händlers ansah, wobei sie ein paar Sekunden brauchte, um zu antworten: „Nein, ich glaube zumindest nicht. Wir haben uns noch nie über unser Privatleben unterhalten. Eigentlich habe ich auch keine große Lust Kontakte über das Spiel hinaus zuknüpfen. Bei vielen