Birgid Windisch

Gefahr im Odenwald


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einem Besuch der Starkenburg, mit Lenes Oma und deren Lebensgefährten, einem Mann aus Wernhers Vergangenheit begegneten, oder jemandem der ihm sehr ähnlich sah – im 15. Jahrhundert Wernhers Todfeind – seinem Ziehbruder Hans von Bache.

      Aufgeregt lief Lene den Waldweg hoch. Weg war leicht übertrieben - ohne die Hunde hätte sie den unscheinbaren Pfad nie gefunden. Links und rechts lagen alte Buntsandsteine. Wahrscheinlich von dem niedergegangenen Dorf, Hausen hinter der Sonne, dachte Lene. „Dann bin ich auf dem richtigen Weg“, erklärte sie den Hunden, Melampus und Willi, die sie begleiteten und aufmerksam ansahen. Aufgeregt zog Willi sie nach links und schnüffelte in einem losen Steinhaufen. Sofort tat es ihm Melampus nach.

      Seit ihr Herrchen verschwunden war, fanden sie keine Ruhe mehr, genau wie Lene - und spürten, dass ihm etwas Schlimmes passiert sein musste. Die beiden scharrten und Lene grub mit. Es hatte lange nicht geregnet und die Erde war trocken und staubig. Sie hob den Kopf – komisch – kein Vogelgezwitscher mehr. Ihr wurde ganz unheimlich zumute. Melampus winselte leise. Plötzlich roch Lene Pfeifenrauch. Sie fröstelte. Willi knurrte und Melampus stellte die Nackenhaare. Lene packte die beiden intuitiv und zog sie von der Stelle weg. Sie würde sie erst einmal nachhause bringen und später allein wiederkommen, nachdem sie daheim Bescheid gegeben hatte.

      Sie konnte die hochträchtige Melampus unmöglich in Gefahr bringen. Sie war zwar selbst schwanger, aber sollten sie wirklich an eine Stelle geraten sein, mit einem Durchgang zur Vergangenheit, wäre es verheerend, mit den bald auf die Welt kommenden Hundebabys an einer Stelle festzusitzen, wo sie in Gefahr wären. Sie selbst könnte immer noch, weglaufen und ihr Kind zu tragen. Dabei vergaß sie ganz, dass es früher nicht immer so einfach war, nach einer Geburt. Aber ihr geliebter Wernher war in Gefahr und das Denken funktionierte nicht mehr rationell - die Gefühle hatten die Oberhand gewonnen! Entschlossen zog sie die widerstrebenden Hunde den Berg hinab und ließ den seltsamen Pfeifengeruch und das beklemmende Gefühl hinter sich.

       Für alle Odenwaldliebhaber und Träumer

      Kapitel 1

      Die Liebe hat immer recht - Wie du warst vor aller Zeit – der feige Ziehbruder

      Aufgelöst kam Oma zu Wernher gerannt. „Wer war denn das?“ „Ich kenne ihn auch, Oma, aber ich komme nicht darauf, woher“, mischte sich Lene ein. „Ich kenne ihn“, erklärte Wernher grimmig. „Und ganz sicher nicht erst seit heute. Er sieht meinem Ziehbruder Hans so ähnlich, als sei er ihm aus dem Gesicht geschnitten. Sogar Mimik und Gestik stimmen genau überein!“

      „Wie ist das möglich?“ Lene sah Wernher entsetzt an. „Bist du wirklich sicher, dass es Hans war?“ Wernher nickte bitter. „Ganz sicher, die Visage gibt es nicht noch einmal. Ich würde meinen sogenannten Bruder immer und überall erkennen!“ „Mir kam er auch bekannt vor“, gab Lene zögernd zu. „Ich habe ein Bild von ihm im Internet gesehen, ein Gemälde, aber er ist wirklich sehr gut getroffen.“ Wernher zog Lene und Oma zur Seite und sah sie durchdringend an. „Wir müssen hier weg! Wenn Hans sich hier aufhält, hat das einen Grund und wie ich ihn kenne, hat er mit Gold und Reichtümern zu tun und nichts Gutes für uns zu bedeuten.“ Lene stupste ihn aufgeregt in die Seite und rief: „Ehrlich gesagt, habe ich in letzter Zeit öfter das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Sogar die Hunde haben manchmal geknurrt, aber weil mir nichts aufgefallen ist, habe ich mir nichts dabei gedacht.“ Wernher sah sie vorwurfsvoll an. „Das hättest du mir sagen müssen! Wer weiß, was er im Schilde führt. Etwas Gutes bestimmt nicht.“ Willi knurrte zustimmend und Melampus zog an der Leine, in die Richtung des Turmes. Helga sah sich unbehaglich um, sie konnte die Beklemmung, die sie befallen hatte, nicht abschütteln. „Ich möchte gehen“, sagte sie mit zitternder Stimme und sah einen nach dem anderen bittend an. „Ich spüre ganz deutlich, dass dieser Mann gefährlich ist und möchte nicht, dass wir in seiner Nähe sind.“ „Aber Oma“, meinte Lene beruhigend, „wir sind zu Mehreren und er allein, dazu haben wir noch die Hunde. Er könnte uns ebenso gut zuhause belauern, ohne dass wir es merken würden!“ Oma sah sie entsetzt an.

      „Jetzt nicht mehr“, erklärten Horst und Wernher bestimmt. Nie würden sie zulassen, dass ihren Frauen etwas geschah. „Er soll nur kommen“, brummte Wernher wütend. „Wir empfangen ihn dann schon gebührend“, grollte auch Horst und nahm seine Helga beschützend in den Arm, die sich sofort dankbar hineinschmiegte.

      „Du hast mir doch erzählt, dass dein Ziehbruder ein hinterlistiger, feiger Geselle ist“, stieß Lene finster hervor und fixierte das Gebüsch, hinter dem Hans verschwunden war, voller Zorn. „Er wird nie und nimmer von vorne kommen, sondern stets von hinten und erst dann, wenn wir es nicht mehr erwarten, zuschlagen!“ Eine Gänsehaut lief ihr bei dem Gedanken den Rücken hinunter. Schutzsuchend drängte sie sich an Wernher, die Hunde dicht an beiden Seiten. „Dann hilft nur eins“, Wernher sah sich voller Wut um. „Wir müssen ihm zuvorkommen!“ Lene sah ihn unglücklich an. Das hatte sie sich bereits gedacht. Sie kannte ihren Mann inzwischen gut genug, dass sie ihm zutraute, sich bedenkenlos in Gefahr zu begeben, um sie zu beschützen. „Aber nicht Hals über Kopf! Du bist kein Einzelkämpfer mehr, du hast jetzt mich und unsere gemeinsame Familie! Wir stehen das zusammen durch und werden ihn besiegen. Hast du das gehört, mein Schatz?“ Sie sah ihn durchdringend an. Wernher gab ihren Blick zurück, ohne zu lächeln, was Lene noch mehr beunruhigte.„Mach dir keine Sorgen, mein Lieb. Die längste Zeit hat der feine Herr Hans seinen Spaß gehabt, doch wer zuletzt lacht, lacht am besten!“ Er ballte die Faust. Lene schüttelte den Kopf. „Oma, Horst, sagt doch auch mal etwas! Wir müssen diesen Sturkopf vor sich selber schützen!“

      Oma hub mit zitternder Stimme an: „Ich möchte heim, ich habe Angst. Von eueren Abenteuern zu hören ist eine Sache, aber dann einem euerer Widersacher leibhaftig zu begegnen, etwas ganz anderes. Bitte, ich möchte heimfahren!“ „Tun wir das“, grollte Horst und schob Oma vor sich auf den Weg nach unten zurück. Lene und Wernher drehten sich auch um und zogen die widerstrebenden Hunde mit. Melampus und Willi knurrten leise und hatten immer noch das Nackenfell gesträubt. Lene schauderte – so hatte sie sich den Sonntagsausflug nicht vorgestellt, auf den sie sich so gefreut hatte.

      Kapitel 2

      Hals über Kopf

      Aufgeregt liefen sie den Burgweg hinunter bis zum Auto, sich immer wieder umblickend. „Da hat der werte Herr Freude, wenn er unsere Angst sieht!“, erregte sich Wernher. „Unsere Angst, nicht deine“, meinte Lene begütigend. „Lass ihm doch den Spaß! Bald wird er ihm nämlich vergehen“, meinte Lene augenzwinkernd. „Wie meinst du das?“ Ein misstrauischer Blick von Wernher traf sie beim Einsteigen. „Na, du und Horst werdet schon zu verhindern wissen, dass er etwas gegen uns unternehmen kann“, meinte Lene mit unschuldigem Gesichtsausdruck. Wernher wusste aus Erfahrung, dass Lene nicht zu trauen war, wenn sie ihn so ansah, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Sie war alles andere als brav und brütete sicher bereits an einem Plan, wie man Hans beikommen konnte. Irgendwie stand es für keinen außer Frage, dass es sich um genau denselben handelte.

      „Du wirst gar nichts tun, hast du verstanden Lene?“ Wernher sah ihr bezwingend in die Augen. „Wenn, dann werden Horst und ich etwas tun, wir sind die Männer und für euch verantwortlich. Ist das klar?“ Er zog die Augenbrauen zusammen. „Sonnenklar mein Schatz“, flötete Lene, liebreizend mit den Wimpern klimpernd und Oma rief lachend aus dem Fond: „Lene, ich kenne diesen Tonfall, aber nun hast du hoffentlich deinen Meister gefunden und bist vernünftig. Schließlich bist du jetzt nicht mehr allein!“

      Lene sah gedankenvoll auf ihren sich wölbenden Bauch. Verstanden die anderen das denn nicht? Gerade deshalb, weil sie nun für dieses kleine Wesen verantwortlich war, das vollkommen von ihr abhängig war, konnte sie diese Sache nicht auf sich beruhen lassen. Insgeheim schwor sie sich, diese Gefahr endgültig zu bannen. Sie würde nie zulassen, dass ihrem Kind etwas passierte! Wernher sah genau, was hinter