Peter Wolff

Vendetta Colonia


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hält man das durch. Außerdem nehmen wir ja eine große Kanne Kaffee mit.“

      „Ich bin so aufgeregt, Werner.“

      „Das verstehe ich, Clarissa. Hör mal...“.

      „Ja?“

      Werner nimmt Clarissa in den Arm.

      „Du weißt, es gibt keine Garantien, dass dieser Arzt dem Kind helfen kann.“

      „Nein, aber möglich ist es.“

      „Ja, Clarissa. Aber es ist auch möglich, dass man dort nicht für ihn tun kann.“

      „Warum sagst Du das?“

      „Weil ich möchte, dass Dir bewusst ist, dass diese Möglichkeit existiert.“

      „Du hast doch gehört, was Guiseppe gesagt hat. Der Arzt ist ein Spezialist auf diesem Gebiet.“

      „Auch Spezialisten lösen nicht jeden Fall.“

      „Red' doch nicht so. Das Kind kommt gesund zur Welt. Basta. Und jetzt lass uns nach oben gehen. Wir sollten uns früh hinlegen, damit wir morgen ausgeruht sind.“

      „Leg' Du Dich schon hin. Ich schaue noch kurz die Nachrichten und trinke mir noch ein Kölsch, damit ich besser einschlafen kann.“

      „Ist gut, Werner. Dann gute Nacht.“

      „Gute Nacht, Clarissa.“

      Werner Schmitz kann sich kaum auf die Nachrichten konzentrieren. Seine Frau setzt offenbar alle Hoffnung auf den italienischen Arzt. Werner möchte sich gar nicht vorstellen, was es in Clarissa bewirken würde, sollte man ihr in Italien nicht helfen können.

      Dieser und ähnliche Gedanken verfolgen ihn bis in den Schlaf.

      35

      Guiseppe Scirellis Vorhaben, das noch ungeborene Kind nach der Geburt ins Pflegeheim abzuschieben, stößt bei einigen Familienangehörigen auf wenig Gegenliebe.

      Trotzdem kommt es ihm nicht in den Sinn, umzudenken. Wenn das Kind schon das Licht der Welt erblickt, dann darf zumindest keiner etwas von ihm wissen, soviel steht für Guiseppe fest. So verfolgt er weiter seinen teuflischen Plan.

      „Buongiorno, gentile Signora Lombardi, Guiseppe Scirelli am Apparat.“

      „Buongiorno, signore Scirelli. Schön, einmal wieder von Ihnen zu hören.“

      „Ich hoffe, Ihnen geht es gut und das Heim entwickelt sich so, wie Sie es sich vorgestellt haben?“

      „Beide Fragen kann ich bejahen. Mir persönlich geht es blendend und was das Heim betrifft: der Ausbau geht voran und wir sind bis auf zwei Zimmer voll besetzt.“

      „Das freut mich, Signora.“

      „Sie wollen bestimmt wissen, wie es Ihrem Cousin geht?“

      „Ähem...ja, auch, wie macht sich Alfredo denn so?“

      „Er hat sich gut eingelebt und ist aufgrund seiner handwerklichen Begabungen ein Segen für unser Heim.“

      „Fein. Aber das ist nicht der Grund meines Anrufes.“.

      „Sondern?“

      „Signora Lombardi, einen der freien Plätze würde ich gern für ein entferntes Familienmitglied in Anspruch nehmen.“

      „Gern! Um wen handelt es sich denn?“

      „Es geht um eine entfernte Verwandte in Deutschland. Sie ist schwanger und das Kind wird behindert zur Welt kommen.“

      „Ja?!“

      „Geburtstermin ist im August. Bis dahin müssen wir alles Notwendige in die Wege geleitet haben.“

      „Ein Baby? Das können wir nicht aufnehmen. Wir haben weder die Räumlichkeiten noch das Personal für ein Neugeborenes.“

      „Für beides werde ich sorgen. Dem Kind wird es an nichts fehlen.“

      „Auch nicht an seinen Eltern, Signor Scirelli?!“

      „Signora Lombardi, es geht nicht anders. Es MUSS sein.“

      „Ich traue mich gar nicht zu fragen, warum.“

      „Dann lassen Sie es auch. Offiziell sind die Eltern des Kindes verstorben. So vermerken Sie es auch in der Akte des Kleinen. Sie wissen wie ich, wie sehr unsere Familie das Casa di Cura finanziell unterstützt hat.“

      „Ja.“

      „Und selbstverständlich werde ich auch Sie persönlich für ihre Kooperationsbereitschaft mehr als angemessen bezahlen“

      „Aber Signore...“

      „Also: ich sorge für eine Kinderkrankenschwester und für alles, was es für das Aufwachsen des Kleinen braucht.“

      „Ich halte das für keine gute Idee, Signor Scirelli.“

      „Ich habe Sie nicht um Ihre Meinung gefragt, Signora Lombardi.“

      „Ich weiß.“

      „Ich melde mich bald wieder, um die nächsten Schritte zu besprechen.“

      Grazia Lombardi legt den Telefonhörer auf die Gabel und lässt den Kopf sinken.

      „Per l'amor di dio“, stöhnt sie leise.

      36

      Nach dem ersten Tag in der Heimat fällt Borna Krupcic völlig erschöpft ins Bett. Geschlagene vierzehn Stunden hat die Familie am Eigenheim gewerkelt, bis tief in die Dunkelheit hinein.

      Am nächsten Tag plant Borna, erst am Nachmittag am Haus mitzuarbeiten. Vorher gönnt er sich einen Ausflug mit seiner Frau Ana und den Kindern an einen nahegelegenen See.

      „Wenn ich bei Euch bin, merke ich erst, wie sehr ihr mir in Köln fehlt.“

      „Du fehlst uns auch, Borna, und zwar jeden Tag“, Ana gibt ihrem Mann einen zärtlichen Kuss. Die Kinder spielen am Ufer des Sees, Borna schaut Ihnen verträumt zu.

      „Ich könnte den beiden stundenlang zuschauen. Ich habe viel zu wenig von Ihnen, sehe sie ja kaum aufwachsen.“

      „Jetzt, wo Du Dir den Flug leisten kannst, kannst Du uns zum Glück ja öfter besuchen kommen.“

      „Schon, aber das ist doch nicht das Gleiche. Eine Familie gehört zusammen. Ich möchte Euch IMMER bei mir haben.“

      „Ich hätte es natürlich auch lieber, wenn Du immer bei uns wärst.“

      „Was hältst Du davon, wenn Ihr mich einmal in Köln besuchen kommt? Ich habe viele Überstunden gemacht und noch genug Urlaub.“

      „Dich besuchen? Wie soll das denn gehen?“

      „Mit dem Flugzeug ist es doch gar kein Problem.“

      „Aber was das kostet...“

      „Die beiden sind noch so klein, die gehen vielleicht noch als Handgepäck durch“, Borna zeigt auf seine Kinder und lacht.

      „Und wo sollen wir in Köln wohnen?“

      „Ein Landsmann von uns betreibt eine Gaststätte mit einem kleinen Hotel dabei, der würde uns bestimmt recht günstig ein Zimmer vermieten.“

      „Ich weiß nicht, Borna.“

      „Überleg' es Dir. Ich würde Dir so gerne die Stadt zeigen.“

      „Kannst Du Dir vorstellen, für immer in Deutschland zu bleiben, Borna?“

      “Eine schwierige Frage, Ana. Ausschließen möchte ich es nicht.“

      „Ich kann mir das nicht vorstellen, Borna. Schau' Dich um, dass hier, das ist unsere Heimat.“

      „Wart'