Peter Wolff

Vendetta Colonia


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      28

      Als Clarissa Werner Schmitz vom Anruf Guiseppes erzählt, lässt dieser sofort alle Drähte glühen.

      Er bittet Dr. Freudenberg, darum, sich über das Santa Maria Nuova und den dort praktizierenden Neugeborenenchirurg Dr. Baldini schlauzumachen.

      Clarissa ist wild entschlossen, dem Rat der Familie zu folgen und die restlichen Schwangerschaftsmonate sowie möglicherweise auch die Geburt unter der Obhut von Dr. Baldini in Angriff zu nehmen.

      Werner ist eher skeptisch.

      „Hier in Deutschland haben wir doch so ziemlich die besten Ärzte in Europa.“

      „Ja, aber trotzdem kann es doch auf bestimmten Gebieten Spezialisten in anderen Ländern geben, der sich besser auskennen.“

      „Das kann ich mir kaum vorstellen.“

      „Warten wir ab, was Dr. Freudenberg uns über das Krankenhaus und den Arzt zu berichten weiß, dann sehen wir weiter.“

      „In Ordnung, Werner.“

      Wenige Tage später ruft Dr. Freudenberg im Santa Maria Nuova an und möchte den Klinikdirektor sprechen.

      „Ich verbinde Sie mit Dr. Trafalgo, Dottore Freudenberg.“

      „Grazie, Signora.“

      „Dottore Freudenberg, werter Kollege aus Deutschland, wie kann ich Ihnen helfen?“

      „Guten Tag Dr. Trafalgo. Es geht um Folgendes: Ich habe bei einer schwangeren Patientin aus Köln im Ultraschall Verdachtsmomente für Gehirnwasser im Fötus entdeckt.“

      „Sie benutzen bereits Ultraschallgeräte zur Diagnostik?“

      „Wir...nun ja, wir setzen im Rahmen von Studien manchmal bereits...also wir experimentieren ein wenig mit den Geräten.“

      „Und wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

      „Meine Patientin hat Verwandte in Italien. Diese haben ihr von einem an Ihrem Hospital praktizierenden Arzt erzählt, der wohl insbesondere in der Fetalchirurgie und -medikation zu den besten Ärzten in Europa gehören soll.“

      „Sie sprechen von Dr. Baldini. Ja, der ist seit knapp zwei Jahren an unserer Klinik.“

      „Können Sie mir Genaueres über seine Arbeit erzählen?“

      „Nun, es gibt Neurochirurgen, die zunehmend den Ansatz verfolgen, schon vor der Geburt das Leben und die Gesundheit kranker Babys mit gewagten Eingriffen zu retten. Diese Operationen können Behinderungen vorbeugen und...“

      „Genau darum geht es, Dr. Trafalgo!“

      „Lassen Sie mich bitte ausreden, Dr. Freudenberg.“

      „Gewiss.“

      „Das Baby wird aus dem Bauch der Mutter ans Tageslicht geholt, um Gefahren, die seine Gesundheit bedrohen, durch eine Operation abzuwenden. Danach geht es zurück in den Mutterleib. Solch' eine Operation birgt allerdings auch große Risiken. Es kann zu einer Fehlgeburt kommen.“

      „Aber es besteht auch die Chance, dass das Kind nach einer Operation gesund zur Welt kommt?“

      „Theoretisch schon. Ich möchte mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, Sie, beziehungsweise Ihre Patientin, sollte das mit Dr. Baldini diskutieren.“

      „Sie wären also bereit, Clarissa Schmitz, so heißt die Patientin, in Ihrer Klinik aufzunehmen?“

      „Erst einmal wäre ich bereit, ihr ein Gespräch mit Dr. Baldini zu vermitteln.“

      „Wann kann sie kommen?“

      „Jederzeit, ich vereinbare gern einen Termin für die Patientin aus Deutschland.“

      „Ich danke Ihnen sehr, Dr. Trafalgo. Wir kontaktieren Sie dann wieder, um einen Termin zu vereinbaren.“

      „Sehr gern, Dottore Freudenberg.“

      29

      Nach gut zweieinhalb Stunden Flugzeit landet die JAT-Maschine auf dem Flughafen in Belgrad.

      „Ist schon was anderes als die Reise mit dem Zug, was, kleiner Bruder?“, Borna Krupcic gibt seinem Bruder einen Klaps auf die Schulter.

      „Das kann man wohl sagen. Es ist unglaublich, wie schnell das geht.“

      „Schön, dass wir uns so etwas jetzt leisten können.“

      „Ich hatte Schuldgefühle wegen dem Flugpreis, Borna. Du nicht? Ich meine, wir wollten doch sparsam sein und das Geld, das am Monatsende übrig ist, ins Haus der Familie stecken.“

      „Das tun wir doch auch. Wir leisten uns ja sonst kaum etwas, da brauchen wir uns wirklich nicht zu schämen, wenn wir uns den Flug in die Heimat gönnen. Schließlich arbeiten wir hart für unser Geld.“

      „Du hast ja Recht, Borna. Schau mal, da vorne steht Cousin Ante.“

      „Wollte nicht Vater uns abholen?“, wundert sich Davor.

      „Dachte ich auch. Egal, Hauptsache, wir sind bald bei der Familie.“

      „Zdravo Ante!“, Borna umarmt seinen Cousin.

      „Willkommen in der Heimat, Ihr zwei Halunken. Gut seht ihr aus.“

      „Und Du bist richtig erwachsen geworden, Ante. Mann, wie die Zeit vergeht“, auch Davor umarmt Ante.

      „Warum ist Vater nicht gekommen?“

      „Er hat sich beim Arbeiten am Haus verhoben und kann sich im Moment kaum bewegen.“

      „Hat er sich mal wieder übernommen, was?“

      „Möglich, ja. Dank Eures Geldes ist ja viel zu tun am Haus, Ihr werdet Euch wundern, wie weit wir mit dem Anbau schon sind.“

      „Da sind wir ja mal gespannt, Ante“, sagt Davor mit leuchtenden Augen.

      Die drei Männer erreichen den Ausgang des Belgrader Flughafens.

      „Euer Vater hat mir sein Auto geliehen. Ich stehe direkt da vorne“, Ante deutet auf eine kleine Abbiegung rechts vom Flughafengebäude.

      „Wollen wir zunächst irgendwo etwas essen gehen? Es ist schon Abend und wir haben noch gute anderthalb Stunden zu fahren.“

      „Gern, Ante. Fahren wir einfach los Richtung Heimat und wenn wir ein nettes Lokal sehen, machen wir Stopp. Davor, Du bist doch sicherlich auch hungrig?“

      „Ja, und wie.“

      „Dann mal los, Ante. Volle Kraft voraus...“

      30

      Hedwig Schmitz sitzt teilnahmslos im Wohnzimmer vor dem Fernseher, als ihr Mann Paul von seinem verlängerten Angelwochenende in der Vulkaneifel zurückkehrt. An Pauls Entschluss, seine Ehe zu beenden, hat auch die knapp zweistündige Rückfahrt nichts geändert. So kann, so will er nicht weiterleben.

      „Hallo Hedwig.“

      „Hallo Paul. Und: Hast Du Dich gut erholt?“

      „Ein wenig, Hedwig, nur ein wenig.“

      „Warum nur ein wenig?“

      „Weißt Du, Hedwig, mir gingen viele Dinge durch den Kopf. Wenn man da stundenlang so ganz allein am See sitzt, wird einem vieles klarer.“

      „Ja, ist das so?“

      „Das ist so, Hedwig.“

      „Willst Du ein Bier? Steht im Kühlschrank.“

      „Ja, ich will ein Bier“, Paul begibt sich in die Küche und kommt mit einer Flasche Bier in der Hand ins Wohnzimmer zurück.

      „Hedwig,